Dr. Klein, Elisabeth
geb.: von Staudt
Waldorflehrerin.
*05.05.1901, München (Deutschland)
✟30.12.1983, Stuttgart (Deutschland)
Elisabeth Klein gründete 1929 die Waldorfschule in Dresden und führte sie bis zur Schließung durch die Nationalsozialisten 1941. Ihre zähen Verhandlungen mit den NS-Behörden erlaubten einigen hundert Schülern bis zur letzten Möglichkeit eine freie Erziehung im totalitären Staat.
Der Vater von Elisabeth von Staudt war Offizier in Bayern, die Mutter Anthroposophin. Einen Teil ihrer Jugend verlebte sie im Fränkischen, dann besuchte sie ein Mädchengymnasium in München. Im Wandervogel lernte sie ihren Mann, den Mitbegründer der Christengemeinschaft Gerhard Klein, kennen. Trauzeugen bei ihrer Hochzeit am 1. November 1925 waren ?Margareta Morgenstern und ?Michael Bauer, zu denen ein enges freundschaftliches Verhältnis bestand. Vier Kinder wurden in der Familie geboren. Sie studierte Biologie in Tübingen, wo einer ihrer Kommilitonen Fritz Jaquet war, der mit ihr die Dresdner Rudolf Steiner-Schule begründete. Sie schrieb eine Doktorarbeit über den naturwissenschaftlichen Unterricht mit besonderer Berücksichtigung des Alters von 7 bis 14 Jahren und legte das Examen 1925 ab.
Im selben Jahr zogen sie nach Dresden, wo ihr Mann die Christengemeinschaft aufbaute und sie die Gründung der Rudolf Steiner-Schule in Angriff nahm. Eine mehrjährige Elternarbeit, die ihr lebenslang ein Anliegen blieb, bereitete diese Gründung im Jahre 1929 vor. Unter großen Opfern von einigen wenigen Lehrern - u.a. Gerbert Grohmann, Hans Jacobi - und des Eltern- und Freundeskreises wurden die Kinder in die erste Klasse aufgenommen, mitten in der Weltwirtschaftskrise. Den Schulverein führte Rechtsanwalt Albin Preuß mit seinem Stellvertreter Crambach. Preuß starb in der Bombennacht im Februar 1945 in Dresden, Crambach im Konzentrationslager Buchenwald. Elisabeth Klein wurde unmittelbar mit der gewaltsamen Schließung der Schule 1941 verhaftet und erst nach monatelanger Haft entlassen, wonach sie mit ihrer Familie in ein Schwarzwalddorf umsiedeln konnte. Sie erhielt Schreib- und Berufsverbot. Vier Jahre bis zum Kriegsende hielt sich die Familie Klein dort auf, sie hungerte sich buchstäblich durch.
Elisabeth Klein galt als energisch, mit einer gewissen Neigung zum Autoritären, doch war sie erfüllt von Begeisterung und Idealismus. Als sie nach Dresden zog, um „ihre Schule‟ zu gründen, war sie 24 Jahre alt. Mit ebenso großer Zähigkeit wie Hingabe an ihre pädagogische Aufgabe war es ihr möglich, die Schule Klasse für Klasse aufzubauen und die geeigneten Lehrer zu gewinnen. Als im „Dritten Reich‟ eine Waldorfschule nach der anderen verboten wurde oder selbst angesichts der Schwierigkeiten schloss, blieb die Dresdner Schule unter dem Namen Rudolf Steiners und unter Beibehaltung des Lehrplanes und des Lehrpersonals als „Versuchsschule‟ bis 1941 erhalten. Eine Reihe bekannter Waldorflehrer ergänzte das Kollegium: aus Stuttgart kamen ?Erich Schwebsch, ?Konrad Sandkühler, Emil und Dora Kimmich, ?Martin Tittmann, ?Max Wolffhügel und Frau, aus Hannover Gerhard Ott und Mathilde Hoyer. Trotz der katastrophalen politischen Umstände haben diese Lehrer das Schulleben mitgeprägt und zum Wohle von einigen hundert Dresdner Waldorfschülern bereichert.
Kritiker haben Elisabeth Klein nach dem Krieg eine zu große Kompromissbereitschaft mit dem Nazi-Regime vorgeworfen, doch hat sie mit der vollen Unterstützung der Eltern und Freunde der Schule gehandelt. Der Lehrplan blieb unangetastet. Das Bild Rudolf Steiners hing weiter an der Stirnseite der Aula. Es musste jedoch wöchentlich einmal wie in allen öffentlichen Schulen ein Fahnenappell durchgeführt werden, wozu zwei Schüler einen Klassenlehrer begleiten mussten. Diese Art der „Kollaboration‟ war unumgänglich - oder man musste aufgeben. Rudolf Hess, der zeitweise für das Schulwesen zuständige Minister, war alles andere als ein Sympathisant der Waldorfpädagogik. Vermutlich war es der eiserne Wille der kleinen Delegation von Lehrern und dem Vertreter der Dresdner Elterngemeinschaft, der ihn veranlasst hat, das Verbot hinauszuschieben. Das war im Jahre 1938, auf dem Höhepunkt der Nazi-Herrschaft. Mit dem Wegflug von Hess im Mai 1941 nach Schottland kam Elisabeth Klein in Polizeigewahrsam und die Dresdner Waldorfschule wurde geschlossen.
Nach Kriegsende lebte Elisabeth 1945-50 in München und hat ihre vielfältige pädagogische Tätigkeit seit 1951 an der Waldorfschule Hannover und seit 1958 als Mitbegründerin und Redaktionsmitglied des „Elternbriefes‟ fortgesetzt. 1965 ging sie in den Ruhestand. Eltern und Schüler waren ihr für das unbeirrt tapfere Wirken für die Pädagogik Rudolf Steiners stets dankbar.
Elisabeth Klein, die schon als Studentin Vorträge Rudolf Steiners gehört hatte, war in der Dresdner Zweigarbeit der Anthroposophischen Gesellschaft aktiv und unterstützte den Aufbau der Christengemeinschaft. Sie hat auch den Silvestervortrag 1922 (GA 219) von Rudolf Steiner gehört und die Brandnacht des ersten Goetheanum miterlebt. Später hat sie mit ihrem Schwiegersohn ?Christoph Peter musikalisch-dichterisch zusammengearbeitet, hat sich in die Debatte um die Arzneimittelgesetzgebung in den 70er-Jahren eingeschaltet und half bei der Gründung der Gemeinnützigen Kredit-Garantiegenossenschaft in Bochum. 1970-77 machte sie von Nürnberg aus Vortragsreisen. Ihre letzten Lebensjahre verbrachte sie im Haus Morgenstern in Stuttgart.
28.09.1932 - 05.10.1932: Michaelitagung als pädagogische Tagung am Goetheanum
01.01.1937 - 31.12.1937: Kritik an E. Kleins "Goethes Geistesart in der Pädagogik Rudolf Steiners"
27.07.1953 - 02.08.1953: Allgemeine Jugendtagung
01.01.1955 - 31.12.1955: Internationaler pädagogischer Arbeitskreis
27.07.1955 - 06.08.1955: Öffentliche Pädagogische Arbeitswoche
04.05.1957 - 08.05.1957: Öffentliche Pädagogische Arbeitstagung
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