Joseph Englert

Ingenieur Englert, Joseph

Ingenieur.

*05.02.1874, Neuhütten/Unterfranken (Deutschland)

✟19.01.1957, Saint Jean Cap Ferrat (Frankreich)

Joseph Englert war als Ingenieur und Bauunternehmer maßgeblich am Bau des ersten Goetheanum beteiligt.

Er stammte aus bescheidenen Verhältnissen; sein Vater hatte während des Deutsch-Französischen Krieges 1870/71 beide Beine verloren, die Mutter musste allein die Familie versorgen. Über Joseph Englerts Jugendzeit ist nichts bekannt. Er erlernte den Beruf eines Ingenieurs und war zunächst in Berlin, später beim Zeppelinwerk in Friedrichshafen tätig. 1900 heiratete er in Wolsdorf (Nähe Braunschweig) Maria Faber; zwei Söhne wurden geboren: Conrad ( Curt Englert) und Hans.   Englert war in den folgenden Jahren initiativ und in leitender Stellung an der Planung und dem Bau der Drahtseilbahn Muottas-Muragl bei Samedan (Engadin) tätig, deren erster Betriebsleiter er wurde.

Im Herbst 1910 übernahm er die Leitung der Tiefbauabteilung der Basler Baugesellschaft, die ab 1913 den Bau des ersten Goetheanum - damals „Johannesbau‟ - durchführte, und war 1914-20 Mitdirektor. Besonders aktiv setzte er sich bei den schwierigen Berechnungen für die Doppelkuppel des Goetheanum ein. Rudolf Steiner sagte hierüber: „Technisch war es gar nicht so leicht auszuführen, Kugelflächen so aneinander zu fügen, dass die Sache technisch bestehen kann. Und ich darf hier wohl erwähnen, dass es uns gelungen ist, durch die Einsicht und die Anstrengung eines uns befreundeten und geschätzten Basler Ingenieurs [Englert] dieses Problem zu lösen, das ja in der Architektur vorher nicht gelöst worden ist.‟ (Öffentlicher Vortrag in Basel am 10. April 1915, vorgesehen für GA 289.)

Englert hatte schon früh großes Interesse an okkulten Phänomenen jeglicher Art, insbesondere beschäftigte er sich mit Mediumismus, Spiritismus und mit Astrologie. Um 1906 hörte er erstmals Vorträge Rudolf Steiners in Basel und wurde Mitglied der Theosophischen, später der Anthroposophischen Gesellschaft.

Wegen seiner Fachkompetenz und seines engagierten Einsatzes beim Bau des Goetheanum - er nahm an der Grundsteinlegung am 20. September 1913 teil - war er hoch geschätzt und wurde bald Mitglied im Vorstand des „Johannesbauvereins‟, in dem er das Amt des Kassiers innehatte. Nach mehrjähriger guter Zusammenarbeit kam es in der zweiten Jahreshälfte 1918 zu einer ernsthaften Vertrauenskrise zwischen Englert und den übrigen Vorstandsmitgliedern des Johannesbauvereins und nach einer stürmischen Versammlung am 10. Januar 1919 schied Englert nicht nur aus dem Vorstand, sondern auch aus der bautechnischen Leitung aus. In der Folge wandte er sich auch von der Anthroposophie ab. 1920 trennte er sich von der Basler Baugesellschaft. Kurz darauf wurde seine Ehe geschieden und 1922 zog er nach Lugano. Dort freundete er sich u. a. mit Hermann Hesse an, für den er Horoskope erstellte und der ihn als Magier in seiner Erzählung „Klingsors letzter Sommer‟ auftreten lässt.

Ulla Trapp-Geromont

Quellen Erwähnungen

N 1969 S. 211
Literatur: Woloschin, M.: Die grüne Schlange, Stuttgart 1954; GA 185a, ²1963; Belyj, A.: Verwandeln des Lebens, Basel 1975; Groddeck 1980; GA 174, ²1983; Lindenberg, Chronik 1988; GA 275, ³1990.
Abkürzungen: siehe hier
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