Schultz gehörte zu den stillen Arbeitern für die Sache der anthroposophisch erweiterten Naturwissenschaften. Sein eigentliches Anliegen war die Einbettung der phänomenologischen Astronomie in die Welterscheinungen sowie in die anthroposophische Kosmologie. Hierfür hat er unermüdlich in Kursen gewirkt und bis heute grundlegend gebliebene Arbeiten verfasst, die in ihrer Schlichtheit und anschaulichen Exaktheit vorbildlich sind.
Schultz wuchs in idyllischen Verhältnissen als jüngster von drei Söhnen eines Landpfarrers auf. Um 1911 zog die Familie nach Halle um; dort besuchte Schultz das Gymnasium. Er entwickelte schon früh Interesse an naturwissenschaftlichen und astronomischen Fragen. Er nahm an Veranstaltungen des Wandervogels teil. Sein naturwissenschaftliches Studium begann er in Halle, die dringend notwendige Unterstützung durch einen Onkel wurde jedoch nur für ein Ingenieur-Studium gewährt. So nahm Schultz um 1920 ein Studium an der Abteilung für Elektrotechnik an der Technischen Hochschule in Stuttgart auf, das er 1925 als Diplom-Ingenieur abschloss.
In Stuttgart lernte er 1920 die Anthroposophie kennen, begegnete Wilhelm Rath, Maria Röschl, René Maikowski, Ernst Lehrs und Herbert Hahn und besuchte 1922 den „Pädagogischen Jugendkurs‟ (GA 217) von Rudolf Steiner. Er beteiligte sich während des Studiums an den Forschungsarbeiten des „Biologischen Instituts‟ unter Lili Kolisko und des „Physikalischen Labors‟ unter Rudolf Maier und Paul Eugen Schiller.
1927 wurde er von Schiller zur Mitarbeit am physikalischen Laboratorium am Goetheanum berufen und begann dort am 1. Januar 1928 als Abteilungsleiter mit Forschungsarbeiten. 1929 baute er das Tierkreisrad und begann Experimente zur Keimung und zum Wachstum von Pflanzen unter dem Gesichtspunkt von irdischen Planeten- und Tierkreiswirkungen. Seine astronomischen Neigungen führten zu einer Zusammenarbeit mit der Mathematisch-Astronomischen Sektion unter Elisabeth Vreede, deren Mitarbeiter er um 1930 wurde.
Vom ersten Jahrgang 1929/30 bis zum Jahrgang 1935/36 war Schultz mitverantwortlich für die Berechnung und Gestaltung des von Vreede herausgegebenen „Sternkalenders‟ der Mathematisch-Astronomischen Sektion. Sein Hauptanliegen wurde die anschaulich exakte Vermittlung der geometrischen und rhythmischen Gestalt des Sonnen-, Monden- und Planetenlaufs. Hierfür entwickelte er unter anderem Anfang der 30er-Jahre die drehbare Sternkarte „Zodiak‟, die erstmals 1933 erschien und in einer durch Suso Vetter überarbeiteten Form bis heute vertrieben wird.
Viele seiner im Laufe der Zeit im Sternkalender veröffentlichten Aufsätze wurden zur Grundlage eines in den 40er-Jahren vollendeten Manuskriptes, das posthum 1963 von Vetter bearbeitet und unter dem Titel „Rhythmen der Sterne‟ herausgegeben wurde. In diesem Buch wird in richtungsgebender Weise ein anschaulich-exaktes Bild der Sternbewegungen entworfen, das einige Ansprüche an den Leser stellt: Es wird sowohl das räumliche Vorstellungsvermögen geschult wie eine Einsicht in die komplexen Bewegungsabläufe der sichtbaren Gestirne vermittelt.
1934 heiratete er die Eurythmistin Friedlies Prüssmann; ihnen wurde 1936 die Tochter Jona Sibylle geboren.
1935 geriet Schultz in den Strudel der Auseinandersetzungen um den Vorstand des Goetheanum, der unter anderem zur Abberufung der von ihm sehr verehrten Vreede führte, was zugleich die Beendigung seiner Arbeitsstelle bedeutete; der Sternkalender der Mathematisch-Astronomischen Sektion wurde von Hermann von Baravalle übernommen. Schultz blieb Vreede menschlich und beruflich verbunden: Er half bei der Berechnung des von ihr im Selbstverlag von 1936/37 bis 1942/43 herausgegebenen Sternkalenders.
Um 1936 wurde Schultz freier Mitarbeiter am chemisch-biologischen Laboratorium der Naturwissenschaftlichen Sektion am Goetheanum unter Guenther Wachsmuth und Ehrenfried Pfeiffer. 1941 wurde er von Louis Locher wieder für die Gestaltung des Sternkalenders der Sektion ab dem Jahrgang 1942 beigezogen. Mit dem Jahrgang 1948 übernahm er die verantwortliche Herausgabe, bis diese nach seinem Tode 1953 durch Vetter weitergeführt wurde.
In der Arbeit „Die Blattstellungen im Pflanzenreich als Ausdruck kosmischer Gesetzmäßigkeiten‟ (1949) betrat Schultz Neuland, indem er unter anderem verschiedene Blattstellungstypen mit der Gestalt von geozentrischen Planetenbahnen in Beziehung brachte.
Im biologischen Forschungslaboratorium betreute Schultz mannigfache Versuchsanordnungen zur Differenzierung kosmischer und terrestrischer Einflüsse in den Phasen des Tageslaufes. Im Weiteren stand er immer zur Verfügung, wenn andere Forscher seiner Hilfe bedurften. Insbesondere war er maßgeblich an der Ausarbeitung des naturwissenschaftlichen Werkes von Wachsmuth beteiligt.
Ab 1940 hielt Schultz verschiedenste Vorträge und wirkte in vielen Arbeitswochen der Mathematisch-Astronomischen und der Naturwissenschaftlichen Sektion mit. Daneben führte er in der Sternwarte unzählige Menschen in die Sternenkunde ein.
Schultz starb an den Folgen eines Fahrradunfalls am 2. Juli 1953 in Dornach. Er hinterließ ein in vielen Teilen unvollendet gebliebenes Werk.
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Werke : als Übersetzer: Gotische Hymne auf den Erzengel Michael u. a., in:
Aus Michaels Wirken, Stuttgart 1929; Drehbare Sternkarte Zodiak, Dornach
1933, 1998 (16. Aufl.); Der goldene Schnitt im Aufbau des Sonnensystems, in:
St 1946; Samenjahre bei Waldbäumen und Planetenperioden, in: St 1948;
Sonne und Mond in ihren polaren Verhältnissen zur Erde, Dornach 1949;
Wirksamkeit der Tageszeiten in Wachstum und Substanzgeschehen,
Dornach 1951; mit Vetter, S.: Zur Frage der Kalenderreform, Dornach
1955; Rhythmen der Sterne, Dornach 1963, ³1985; Pflanzen, Planeten,
goldener Schnitt, Darmstadt 1968; mit Funk, E.: Zeitgeheimnisse im
Christus-Leben, Chronologie und 33-jähriger Rhythmus, Dornach 1970,
²1983; Tierkreisbilder und Planetenlicht, Dornach 1986; Übersetzung ins
Englische erschien; zahlreiche Beiträge in St, G, weitere in Mat, N, AAF,
BeH, Cal, Ka, LE.
Nachlass : Archiv am Goetheanum, Dornach.
Literatur : autobiographisch: Begegnung eines jungen Menschen mit Rudolf
Steiner, in: G 1952, Nr. 47: Wachsmuth, G.: Joachim Schultz, in: N 1953,
Nr. 28; Locher, L.: Joachim Schultz, in: N 1953, Nr. 29; Wolf, W.: Joachim
Schultz, in: MaD 1953, Nr. 25; Willmann, K.: Joachim Schultz, in: LE 1953,
Nr. 7/8; Locher, L.: Zum Gedenken an Joachim Schultz, in: St 1954; Vetter,
S.: Im Gedenken an Joachim Schultz, in: N 1958, Nr. 26; ders.: Zum 10.
Todestag von Joachim Schulz, in: N 1963, Nr. 25; Hagemann, E.:
Bibliographie der Arbeiten der Schüler Dr. Steiners, o. O. 1970; Vetter, S.:
Joachim Schultz, in: N 1986, Nr. 27, Schöffler 1987; Deimann 1987;
Ziegler, R.: Biografien und Bibliographien, Dornach 2001.
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