Fred Poeppig

Poeppig, Fred Rudolf Erdmann Alfred

Vortragender und Schriftsteller.

*16.04.1900, Neustadt an der Orla/Thüringen (Deutschland)

✟09.08.1974, Untermünstertal (Deutschland)

Esoterik, Kunst und Weltläufigkeit sind die drei Elemente, die das Leben von Fred Poeppig bestimmten.

Nach dem Besuch der Oberschule in Hamburg und einem Philosophie- und Germanistik-Studium 1918-20 in Jena reiste Rudolf Erdmann Alfred Poeppig nach Buenos Aires, wo der Vater ein Fabrikunternehmen betrieb. Als Student las er „Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?‟, in Buenos Aires trat er 1921 in die Anthroposophische Gesellschaft ein. 1923 nach Deutschland zurückgekehrt, erhielt er in Berlin, dann in Dornach als Mitarbeiter erste Einblicke in das Leben der anthroposophischen Bewegung. Durch Anna Samweber vermittelt, schloss er sich um 1927 der Gruppe der Wächter am Goetheanum an. Unter Marie Steiner, der er lebenslang verbunden blieb, arbeitete er dort bis 1933 als Eurythmist und Schauspieler. 1933/34 war er ein halbes Jahr in Java, 1934-38 wieder in São Paulo. Diesen vierjährigen Aufenthalt in Brasilien bezeichnete er als den „eigentlichen Mittelpunkt‟ seines Lebens, weil sich in ihm ein vielseitiges pädagogisches, künstlerisches und anthroposophisch-gesellschaftliches Schaffen konzentrierte. Er begründete dort eine Waldorfschule mit Kinderheim und hielt Einführungskurse. Einen schweren und wichtigen Lebensabschnitt hatte er 1938 bis 1946 zusammen mit seiner zweiten Frau Antoinette, einer holländischen Eurythmistin, in dem politisch spannungsvollen und vom Weltkrieg heimgesuchten Südostasien zu absolvieren. Er lernte bis zur Neige die Heimatlosigkeit und das schutzlose Ausgesetztsein in einer jahrelangen Internierung kennen. Als lebensentscheidend erwies sich, wie er immer wieder bezeugt, die erlebte Christusgegenwart, deren er sich auf dem meditativen Weg versicherte.

Speziell seine autobiografischen Aufzeichnungen schildern in „Javanisches Abenteuer‟ und in „Abenteuer meines Lebens‟ die Fülle der Erlebnisse, die wechselnden Arbeitsmöglichkeiten und die Probleme innerhalb der von vehementen Gegensätzen bestimmten anthroposophischen Bewegung (1923-63). Diese internen, in dokumentarischer Hinsicht aufschlussreichen, wenn auch gelegentlich einseitigen Berichte sind in „Rückblick auf Erlebnisse, Begegnungen, Persönlichkeiten‟ enthalten. „Wenn man nach Jahrzehnten Einblick erhält in die Werkstatt der karmischen Kräfte, dann kann man schon einigen Respekt bekommen vor der weisheitsvollen Führung unseres Lebens, in welcher trotz aller Freiheit doch die Kursrichtung genau festgelegt ist, gemäß den Impulsen unserer Vergangenheit. Obwohl in meinem Leben das Religiöse mit dem Künstlerischen und Pädagogischen sehr innig verbunden ist, sodass sie sich gegenseitig bedingen, und mehr als einmal die Gefahr vorlag, durch einen Kurzschluss die rechte Weichenstellung zu verfehlen, so zupfte mich mein Genius im rechten Augenblick doch immer wieder am Ohr und wies mir mit bestimmter Geste den rechten Weg.‟ (Poeppig 1975, S. 133)

Die Rückkehr nach Europa im Dezember 1946, zunächst nach Holland, dann in die Schweiz, bedeutete die Heimkehr in die Welt eines inneren und äußeren Zusammenbruchs, nicht zuletzt geprägt durch existenzielle wirtschaftliche Nöte. Poeppig sah seine Aufgabe darin, die im Laufe der schweren Jahre gewonnenen Erfahrungen in die nunmehr zu leistende spirituelle Arbeit einzubringen und sowohl in Vorträgen und Seminaren als auch in einer vielseitigen publizistischen Arbeit insbesondere der jungen Generation weiterzugeben. Seine Tätigkeit begriff er als eine „Pionierarbeit‟, bei der es darauf ankam, suchenden Menschen beim Betreten des geistigen Weges behilflich zu sein.

Dazu gehörte ferner, den Anschluss an alte und neue, zur Mitarbeit bereite Freunde der anthroposophischen Bewegung zu pflegen. In diesem Zusammenhang sind u. a. die Freizeiten zu nennen, die er seit 1953 im italienischen Forte dei Marmi am Mittelmeer abhielt. Seit 1964 konnte er in die von ihm aufgebaute kleine Schulungsstätte, ins Haus Hybernia in Untermünstertal/Schwarzwald, einladen. Eng gestaltete sich die Zusammenarbeit mit Herbert F. Hillringhaus in Freiburg i. Br.. In dessen Verlag (später Novalis Verlag) erschien ein Großteil seiner Bücher. Thematisch waren diese zwei Schwerpunkten gewidmet: zum einen der spirituellen Übung, der Einführung in den anthroposophischen Erkenntnisweg, wobei das Spannungsverhältnis zwischen der östlichen und der abendländischen Geistigkeit einsichtig zu machen war, unter besonderer Berücksichtigung des rosenkreuzerischen Ansatzes. Zum anderen sah Poeppig seine Aufgabe darin, zu einer anthroposophisch beleuchteten Evangelienerkenntnis anzuleiten. Mit einigen Freunden initiierte er einen freien christlichen Kultus.

Eine wichtige Plattform war ihm die von Hillringhaus 1947 begründete Zeitschrift mit dem programmatischen Titel „Die Kommenden‟. Der Mitarbeiterkreis aus Anthroposophen und der Anthroposophie gegenüber aufgeschlossenen Kulturschaffenden traf sich in den 60er-Jahren zu Gesprächswochenenden.

Wie eine Summe mutet es an, wenn Poeppig seine biografische Rückschau beschließt: „Im Ringen um das Gleichgewicht zwischen dem Metaphysisch-Religiösen und dem Künstlerischen, das doch immer wieder siegreich durchbrach, ist dieses Leben verlaufen.‟ (A. a. O., S. 430)

Gerhard Wehr

Ereignisse

01.01.1934 - 31.12.1934: Anthropsophischer Zweig in Java

01.01.1936 - 31.12.1936: Beginnende anthroposophische Arbeit in Südamerika

01.01.1937 - 31.12.1937: Die Arbeit in Brasilien

01.01.1938 - 31.12.1938: Gründung der Anthroposophischen Landesgesellschaft

01.01.1938 - 31.12.1938

20.09.1947 - 28.09.1947: Künstlerische Veranstaltungen am Goetheanum

01.01.1948 - 31.12.1948

01.01.1949 - 31.12.1949

01.01.1950 - 31.12.1950

01.01.1950 - 31.12.1950: Generalversammlung

01.01.1950 - 31.12.1950

31.12.1950 - 02.01.1951: Tagung zur Jahreswende

01.01.1954 - 31.12.1954

01.01.1955 - 31.12.1955

01.01.1955 - 31.12.1955: Die drei Schicksalskreise der Anthroposophischen Bewegung

Quellen Erwähnungen

N 1928 S. 60
N 1931 S. 45
N 1934 S. 41f
N 1938 S. 10f, 20, 175f
N 1939 S. 16
N 1940 S. 50f
N 1941 S. 4f
N 1947 S. 108, 112, 116, 120, 135f, 140, 144, 148, 152, 196
N 1948 S. 24, 28, 32, 36, 44, 76, 80, 132, 136, 140, 144, 168, 172,
180
N 1949 S. 87
N 1950 S. 25
N 1995/96 S.15
Sam, M.M.: Eurythmie, Dornach 2014, S.44, 93, 96, 171, 277, 279f,
282f, 319f, 322, 324, 326, 329
GA 260 a Personenregister

Info

Oberschule in Hamburg, studierte 1918-1920 Philosophie und Germanistik in
Jena. Wurde in Argentinien Mitglied 1921.1923 nach Berlin, dann Wächter in
Dornach. Die Gruppe erhielt Eurythmieunterricht von Ela Dzubaniuk, er T
studierte Eurythmie, war Teilnehmer der Weihnachtstagung. Phorkyas in
Faust 1927/28, bis 1933 Bühneneurythmist und Schauspieler. War kurz in
Java, dann 1934-38 in Sao Paulo pädagogisch, eurythmisch und
anthroposophisch tätig, Verheiratet mit Antoinette, holländische
Eurythmistin, waren 1938-1946 in Südostasien. Ab 1946 in Deutschland
hielt Seminare, Autor, baute Schulungsstätte auf, war mit Hillringhaus
befreundet.
Werke: Marie Steiner. Ein Leben im Dienst der Wiedergeburt des Wortes,
Basel 1949; Die Bedeutung der siebenjährigen Entwicklungsperioden im
Lebensgange Rudolf Steiners, Bern 1950; Javanisches Abenteuer, Basel 1951;
Gilgamesch und Eavani (D), Bern [1950], Freiburg i. Br. ²1970; Yoga oder
Meditation, Freiburg i. Br. 1953, ²1965; Lebenshilfen durch Geistesschulung,
Freiburg i. Br. 1955; Schicksalswege zu Rudolf Steiner, Stuttgart ²1955; Das
Vaterunser als Menschheits- und Erkenntnisgebet, Basel 1956; Das Jahr der
Seele, Freiburg i. Br. 1958, ²1959; Rudolf Steiner. Der große Unbekannte,
Wien 1960; Das Johannesevangelium, Wien 1961, Freiburg i. Br. ²1981; Das
Lukasevangelium, Wien 1962, Freiburg i. Br. ²1982; Stufen auf dem Wege
zum Geist, Wien 1963; Rückblick auf Erlebnisse, Begegnungen,
Persönlichkeiten, Basel 1964, ²1983; Das Matthäusevangelium. Wien 1965;
Das Markusevangelium. Freiburg i. Br. 1967; Unsere Toten und wir, 12 Hefte,
Freiburg i. Br. [1968]; Wege zu einem meditativen Leben, Freiburg i. Br.
1968, Schaffhausen ³1993; Wege zu einem vertieften Christusverständnis,
26 Hefte, Freiburg i. Br. 1969-1974; Ursymbole der Menschheit, Freiburg i.
Br.1972; Abenteuer meines Lebens, Schaffhausen 1975; Die Apokalypse des
Johannes, 14 Hefte, Schaffhausen 1985; Die gestaltende Kraft der
Meditation, Schaffhausen 1993; Beiträge in Sammelwerken; Übersetzungen
ins Englische, Niederländische und Portugiesische erschienen; zahlreiche
Beiträge in BfA, weitere in G, Ggw, K, MaB, Msch.
Literatur: Hagemann, E.: Bibliographie der Arbeiten der Schüler Dr. Steiners, o. O. 1970; Eppinger, H.: Fred Poeppig gestorben. Ein Leben im Dienst der anthroposophischen Bewegung, in: MaB 1974, Nr. 56; Eppinger, H.: Ansprache bei der Kremations-Feier, Hillringhaus, F. H.: Fred Poeppig, in: We 1974, Nr. 26; Eppinger, H.: Fred Poeppig - ein Kämpfer für den Geist, in: Ggw 1974/75, Nr. 11/12; Schöffler 1987; Wehr, G.: Begegnungen im Kreis der Kommenden, in: No 1996, Nr. 7/8; ders.: Poeppig, Fred, in: Ggw 2002, Nr. 3.
Albrecht, Beatrice: "Wegbereiter. Anfänge und Verbreitung des
Sprachimpulses von Marie Steiner in 48 Kurzbiografien", Zürich
Abkürzungen: siehe hier
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