Hans Gsänger

Ing. Gsänger, Hans

Bauingenieur, Autor, Vortragender.

*31.01.1906, Schwabach/Mittelfranken (Deutschland)

✟05.04.1976, Hannover (Deutschland)

Hans Gsänger hatte zeit seines Lebens das Bedürfnis, Anthroposophie der Welt vorzutragen.

Er wuchs in einfachen und beengten Verhältnissen zusammen mit fünf Brüdern auf. Sein Vater war Gürtler, seine Mutter stammte aus einer Goldschlägerfamilie. Er war musikalisch, hatte mathematische Intelligenz und war ein guter Zeichner. Aber in der Not der Kriegs- und Nachkriegszeit fehlten die Mittel für eine gute Ausbildung. Er musste ohne Abitur von der Schule abgehen und erlernte den Beruf des Bauingenieurs, der damals für Hoch- und Tiefbau qualifizierte. Sein guter Abschluss verhalf ihm in dieser Zeit der Depression zu der begehrten Stelle eines Beamten der Reichsbahn. Unter der Nazi-Diktatur gab Gsänger seine Beamtenlaufbahn auf, um einer drohenden Entlassung wegen seiner Zugehörigkeit zur Anthroposophischen Gesellschaft zuvorzukommen. Mehrere Jahre war er als Tiefbauingenieur tätig. Dann kam der Krieg und er musste sich bei der Errichtung von Festungsbauten am Schwarzen Meer und am Atlantik beteiligen. Nach dem Krieg blieb Gsänger zunächst weiter in der Privatwirtschaft tätig. Er hatte nun große Erfahrung im Wasserbau und war beteiligt an der Errichtung des Sylvensteinspeichers, südlich von München. In dieser Lebensphase stürzte er schwer und verlor eine Niere. Krankheitsbedingt veränderte sich seine Konstitution. Sein vordem schlanker, asthenischer Körper wandelte sich zu einer fülligen Erscheinung. Sie blieb in der Erinnerung derjenigen, die ihn erst nach dem Unfall kennen lernten; in Wahrheit war sie die Folge seines Nierenleidens. Der Schock des Unfalls - er war 45 Jahre alt - ließ ihn an seiner körperlichen Leistungsfähigkeit zweifeln und er nahm das Angebot an, in den Staatsdienst zurückzukehren. Zuletzt war er Personalreferent der Obersten Baubehörde in München.

Früh schon, als junger „Wandervogel‟, lernte er Anthroposophie kennen. Sie wurde ihm geistige Heimat. Als 18-Jähriger trat er in die Anthroposophische Gesellschaft ein. In diesem Umkreis lernte er seine Frau kennen. Hier fand er auch, was das Elternhaus nicht hatte bieten können: ein umfassendes Bildungsangebot und den Umgang mit Gleichgesinnten - Eltern und Brüder dagegen wurden ihm fremd. Rasch und begierig nahm er die neuen Perspektiven auf, betrieb systematisch seine Fortbildung und baute sein Bildungsdefizit ab. Er wurde Vortragsredner und bereiste ganz Deutschland, arbeitete an mehreren Orten mit Jugendgruppen. Seine bevorzugten Themen in dieser Zeit waren erkenntnistheoretischer Art.

In der Nachkriegszeit engagierte sich Gsänger zunächst als Vorstand im Verein der Rudolf Steiner-Schule München für den Bau des Schulgebäudes.

Dann fand er zu dem Thema, das ihn bis an sein Lebensende nicht mehr losließ: Mysteriengeschichte der Menschheit im Lichte der Ausführungen Rudolf Steiners. Er begann zu reisen und zu publizieren; und publizieren heißt ja auch: vor der Fachwelt bestehen zu können. Wieder war sein Wille zur Aneignung neuen Wissens gefordert und er studierte autodidaktisch Geschichte, Religionsgeschichte, Archäologie und Mythologie. Es entstanden zahlreiche Aufsätze und Monographien. Er sammelte eine Leserschaft um sich, die darauf brannte, mit ihm zu reisen. Weit über 30 Reisen unternahm er in diesen Jahren. Kaum ein Ort alter Mysterien blieb unbesucht und dort, im Angesicht der heiligen Stätten, fand er Worte, wie sie nur der genius loci inspirieren konnte. Die Mitreisenden kamen aus seiner Generation. Es war eine Gemeinschaft, vertraut und verschworen wie aus fernen alten Zeiten, eine Reisegemeinde, treu bis zu seinem Tode. Hans Gsänger starb auf einer Vortragsreise in Hannover.

Gsänger war nie an Funktionärsarbeit innerhalb der Anthroposophischen Gesellschaft gelegen. Die Arbeit der Zweige betrachtete er mit Skepsis. Er ging eigene Wege und schuf sich seinen eigenen Umkreis. Heute, nach dem Dahinscheiden seiner Freunde, ist auch das Interesse an seinen Publikationen geschwunden; sie sind vergriffen, die Nachfrage ist verklungen.

Michael Gsänger

Quellen Erwähnungen

N 1951 S. 18, 190
N 1953 S. 21
N 1961 S. 44, 136
N 1962 S. 130
N 1964 S. 152
N 1968 S. 134
MaD 1947 Nr. 1, S. 15
MaD 1950 Nr. 14, S. 39

Info

Vortragender, Autor, Arbeitsgruppen- und Reiseleiter
Werke: Sizilien, Berlin 1958, Freiburg (2)1968; Ephesos, Freiburg i. Br. 1959,
(2)1974; Samothrake, Freiburg i. Br. 1960; Eleusis, Freiburg i. Br. 1961;
Delphi, Freiburg i. Br. 1962; Golgatha, Freiburg i. Br. 1966; Die Externsteine,
Freiburg i. Br. 1963, (4)1985; Irland Bd. I/II/III, Freiburg i. Br. 1969/1970/
1972; Der Schwarzmeer-Raum, Freiburg i. Br. 1971, ²1978; Atlantis. Der
Beginn der Mysterien, Freiburg i. Br. 1975; Mysteriengeschichte der
Menschheit, Freiburg i. Br. 1977; zahlreiche Beiträge in G, weitere in K, DD.
Literatur: Hagemann, E.: Bibliographie der Arbeiten der Schüler Dr. Rudolf
Steiners, o. O. 1970; Hillringhaus, F. H.: Hans Gsänger 70 Jahre, in: K 1976,
Nr. 2; Sedlmeier, R.: Hans Gsänger, Bockemühl, W.: Studienreisen mit Hans
Gsänger zu Mysterienstätten, in: MaD 1976, Nr. 118; Hillringhaus, F. H.:
Abschied von Hans Gsänger, in: K 1976, Nr. 8.
Abkürzungen: siehe hier
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