Dr. med., Professor Hassauer, Werner
Arzt
*27.01.1928, Hof/Saale (Deutschland)
✟25.12.1993, Herdecke (Deutschland)
Werner Hassauer setzte sich als Gynäkologe für eine durch Anthroposophie erweiterte Heilkunst und Lebenshygiene ein.
Kaum 16-jährig erlebte Hassauer als Flakhelfer eine Reihe schwerer Luftangriffe. Allen Gefahren glücklich entronnen, kam er 1945 zu Fuß nach Hause und schlug sich zunächst in Hof als Hilfsarbeiter durch. Schließlich setzte er - gegen den Willen seiner Eltern - seine Schulzeit an der Stuttgarter Waldorfschule in der Klasse von Ernst Weißert fort.
Nach dem Abitur 1948 wollte er - seinem Vorbild Walter Cloos nachstrebend - Apotheker werden und arbeitete zwei Jahre lang am Heilmittellabor der jetzigen Ita Wegman-Klinik, Arlesheim. Dort erlernte er die Heilmittelherstellung, z.T. noch unter Rudolf Hauschka. Er begegnete seiner späteren Frau, Wilfriede Nau, mit der er eine Tochter bekommen sollte. Prägend für das Leben des Werkstudenten wurde auch die Zusammenarbeit mit Margarete Kirchner-Bockholt und Madeleine van Deventer, ebenso seine Begegnung mit Willem Zeylmans van Emmichoven und Bernard Lievegoed.
Ein neuer Lebensabschnitt begann 1951 in Freiburg mit dem Studium der Geologie, bis er sich zum Medizinstudium entschloss. 1957 legte er in Freiburg sein medizinisches Staatsexamen ab und machte im Anschluss daran einen Heileurythmiekurs in Dornach/Schweiz. 1959 wurde er in Freiburg promoviert.
Schon im Jahr zuvor hatte Werner Hassauer seine ärztliche Tätigkeit am Städtischen Krankenhaus in Lörrach aufgenommen, wo er elf Jahre wirkte - zuletzt als Oberarzt in der Frauenabteilung. Als 1969 das anthroposophische Gemeinschaftskrankenhaus in Herdecke eröffnet wurde, baute Hassauer dort eine gynäkologische Abteilung im Sinne der anthroposophischen Medizin auf - ein absolutes Novum. Er ließ Väter an der Geburt teilnehmen und führte das Rooming-in am Wochenbett ein. Er versuchte, bei allen Geburten selbst anwesend zu sein und nahm sich ebenso Zeit für das Gespräch mit Schwerkranken. Geburt und Tod wurden ihm so zum bewussten Ausgangspunkt einer reichen menschenkundlichen Erkenntnisarbeit, die er in zahlreichen Vorträgen und Kursen auf der ganzen Welt weitergab. Besonders seit Beginn der 80er-Jahre verstärkte Werner Hassauer seine Wirksamkeit: Über Jahre hinaus arbeitete er am Arlesheimer Lukas-Seminar, beim Freien Bildungswerk in Bochum, an Kunsttherapieschulen sowie an der Pforzheimer Schule für Eurythmische Heilkunst mit. In seinem Buch „Die Geburt der Individualität‟ wandte er sich auf der Grundlage des geisteswissenschaftlichen Menschenbildes kompromisslos gegen jede Manipulation im Bereich der Geburt. Trotz einer schon angegriffenen Gesundheit dehnte er seine intensive Lehrtätigkeit weiter aus: in verschiedene europäische Länder wie Schweden, Dänemark, Italien und Tschechien, bis nach Georgien und im Westen bis nach Südamerika (Brasilien, Argentinien und Chile). Als späte Anerkennung wurde ihm der Professorentitel verliehen.
Bis zuletzt unermüdlich tätig, starb Werner Hassauer am Abend des 25. Dezember 1993.
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