Dr.med. Lorenz, Friedrich Ernst
Arzt, Leiter der Medizinischen Sektion am Goetheanum.
*16.09.1911, Falkenstein/Vogtland (Deutschland)
✟20.02.1987, Arlesheim (Schweiz)
Friedrich Lorenz wurde im Vogtland geboren, einer waldreichen Mittelgebirgslandschaft mit weit schwingenden Hügeln zwischen Erzgebirge und Frankenwald, das 1911 zum Königreich Sachsen gehörte. Der Vater führte eine Fabrik mit Web- und Stickmaschinen, die Mutter kam aus einer Dresdner Künstlerfamilie. Als drittes Kind nach zwei Schwestern und vor zwei weiteren Schwestern geboren, verlebte Friedrich eine reiche, schöne Kindheit und Jugend. Bestimmend war vor allem der Großvater mütterlicherseits, ein Musikinstrumentenbauer. Beim Tod des Großvaters zeigte sich bei Friedrich Lorenz eine Fähigkeit, die ihn weiter begleiten sollte. Er erlebte den Eintritt des Todes, obgleich er sich an anderem Ort befand, unmittelbar, intuitiv. Als Schüler begabt, tätig in allen Sportarten und ein begeisterter Tänzer, begegnete ihm während der Schulzeit durch einen Vortrag von Hans Büchenbacher die Anthroposophie. Er begann Bücher von Rudolf Steiner zu studieren, im Sommer 1928 besuchte er erstmals das Goetheanum.
Friedrich Lorenz wusste, dass er Arzt werden wollte, er fühlte sich berufen. Er begann das Medizinstudium 1931 in Leipzig, wechselte bald nach Jena, wo er ein Zimmer im „Fürstengraben‟ übernahm, in dem Novalis gelebt hatte. Der Priester der Christengemeinschaft, Otto Franke, und der Besitzer der Anthroposophischen „Bücherstube‟, Helmuth Schmidt, wurden ihm enge Freunde. Das Staatsexamen bestand er 1936, er promovierte mit einer Arbeit über „Goethes Leben - eine Krankengeschichte‟. 1939 wurde er nach militärischem Drill als Arzt an die Front geschickt, zuerst nach Frankreich, dann mit einer Panzereinheit nach Russland. Er durchlebte zwischen dem 30. und 33. Lebensjahr den gesamten Russlandfeldzug und wurde am Ende 1945 bei dem Kampf um Berlin schwer verwundet. Ein Granatsplitter blieb in der Lunge stecken, gefährlich nahe am Herzen, sodass eine Operation nicht möglich war.
Nach fünf Monaten Krankenhaus konnte Friedrich Lorenz zu seiner Familie ins Vogtland reisen und übernahm in Schöneck eine Landpraxis, die ihm viele Möglichkeiten eröffnete. Er war Stadtarzt, Schularzt, Betriebsarzt, Amtsarzt. Um seinen heranwachsenden vier Kindern eine bessere Schulbildung zu ermöglichen, zog die Familie 1949 nach Berlin-Ost und es entstand schnell eine blühende Praxis im alten Lessinghaus in der Brüderstraße, wo auch Anna Samweber und der Priester Herman Groh lebten. Aber diese Praxis, in die die Menschen von weit her und auch aus dem Westteil der Stadt kamen, machte ihn dem Regime der DDR verdächtig. Von wohlmeinenden Patienten aus Funktionärskreisen wurde er gewarnt, musste 1952 die Flucht ergreifen und ging mit der Familie nach Westberlin. Sofort nach Eröffnung seiner neuen Praxis 1953 kamen nicht nur viele Patienten, auch junge Menschen scharten sich jetzt um Friedrich Lorenz. Er arbeitete wöchentlich mit zwei Studenten-Gruppen, einmal aus allen Fakultäten, einmal nur Mediziner. Von Westberlin aus besuchte er Eberhard Schickler in Stuttgart, die Weleda in Schwäbisch Gmünd, dann Dornach und die Klinik in Arlesheim. Er knüpfte Kontakte zu vielen Menschen, lernte bei Werner Kaelin die kapillar-dynamische Methode und wurde von Alexandre Leroi aufgefordert, die Zusammenarbeit mit dem Verein für Krebsforschung aufzunehmen.
Auf dieser Reise erlebte er schmerzlich die Situation der Anthroposophischen Gesellschaft in ihrer Zerrissenheit. Er war seit 1932 Mitglied der Gesellschaft. In Westberlin nahm er in der Motzstraße 17 an den Klassenstunden teil und durch die enge Verbindung mit Anna Samweber fühlte er sich der Rudolf Steiner-Nachlassverwaltung und den sie tragenden Menschen nahe. Bald aber wurde Franz Löffler ein enger Freund und durch ihn kam er mit der von Ita Wegman geprägten heilpädagogischen Bewegung zusammen, mit Willem Zeylmans van Emmichhoven, den holländischen Freunden, dem „Arlesheimer Kreis‟. Als ihn der Leiter des eng mit der Arbeit von Albert Steffen verbundenen Rudolf Steiner-Zweiges in Berlin, Martin Münch, der sein Patient war, um einen Vortrag bat, entstand die Frage in ihm, wie die drei Richtungen innerhalb der Anthroposophischen Gesellschaft eine Ebene finden können, von der aus sie zusammen in die Zukunft wirken können. Aus den folgenden Überlegungen, Begegnungen und Gesprächen, bei denen sich u.a. der Künstler Waldemar Volkmer und der junge Manfred Schmidt-Brabant engagierten, ging in der Weihnachtszeit 1955 ein Initiativkreis für das „Arbeitszentrum Berlin‟ hervor, in dem Persönlichkeiten aus den drei unterschiedlichen Richtungen vertreten waren. Manfred Schmidt-Brabant wurde Sekretär und Friedrich Lorenz vertrat das Arbeitszentrum gegenüber dem Vorstand am Goetheanum.
Er hatte wohl alle Voraussetzungen, als 1957 die Anfrage von Alexandre Leroi und Werner Kaelin kam, in Arlesheim mitzuwirken an der Verwirklichung der Idee: Forschen am Institut „Hiscia‟, Heilen in der „Lukas Klinik‟ und Lehren in einer der Klinik angegliederten Ausbildung für Ärzte. Die ärztliche und anthroposophische Arbeit in Berlin aber hielten Friedrich Lorenz noch acht Jahre fest. Erst 1965 entschloss er sich, dem Ruf nach Arlesheim zu folgen. Eine vielfältige und fruchtbare Arbeit entfaltete sich, in der Lukas-Klinik und ihrer Ambulanz, im Aufbau und der Leitung der „Ärztlichen Fortbildungsstätte‟ an der Lukas-Klinik, die der Medizinischen Sektion eingegliedert wurde, und durch eine wachsende Vortragstätigkeit. Seine Liebe galt zudem der Ausbildung der Heileurythmisten am Goetheanum und der Arbeit mit Studenten der Sprachschule, den Plastikern und Malern. Drei besondere Fähigkeiten traten nun immer deutlicher hervor: Er hatte einen Zugang zu den Lebenskräften der Menschen, wie es sich zuerst beim Tod des Großvaters gezeigt hatte; er konnte ein Klima schaffen, das die Menschen eine Ebene des Zusammenwirkens finden ließ; er hatte eine tiefe Beziehung zu den Elementen der Erde, deren Verwandlung und dem damit verbundenen seelischen Weg, wie ihn die Rosenkreuzer gingen.
Am 17. Februar 1977 wurde Friedrich Lorenz vom Vorstand am Goetheanum mit der Leitung der Medizinischen Sektion betraut. In seinen Lebenserinnerungen schreibt er: „Ich habe diese Aufgabe nach strenger Prüfung und eingehender Überlegung übernommen und auf mich genommen in dem Bewusstsein, alle meine Kräfte noch mehr als bisher dafür einzusetzen, dass der esoterische Zug in der Anthroposophischen Gesellschaft und insbesondere in der anthroposophischen Ärzteschaft sich verwirklichen möge.‟ (unveröffentlicht)
Maßgeblich war Friedrich Lorenz an der Zusammenführung der „Camphill-Bewegung‟ mit der „Heilpädagogischen Vereinigung‟ beteiligt, die sich 1979 in der Gründung der „Konferenz für Heilpädagogik und Sozialtherapie‟ innerhalb der Medizinischen Sektion vollzog. In vielen großen Städten Europas und in Amerika förderte er in der anthroposophischen Ärzteschaft die Gründung von Arbeits- und Studienkreisen, die regional die Zusammenarbeit mit der Medizinischen Sektion pflegten, sodass sich die Ärzte immer mehr als Mitarbeiter der Sektion erleben konnten. Bis zu seinem Tod 1987 konnte er seine praktische ärztliche Tätigkeit aufrechterhalten.
01.01.1956 - 31.12.1956: Gründung des Arbeitszentrums Berlin
01.01.1957 - 31.12.1957: Bildung des Arbeitszentrums Berlin
23.04.1957 - 28.04.1957: Arbeitswoche für Medizinstudenten
04.05.1957 - 08.05.1957: Öffentliche Pädagogische Arbeitstagung
22.06.1957 - 23.06.1957: Wochenendtagung
06.09.1959 - 13.09.1959: Medizinische Arbeitswoche Stoffwechselkrankheiten und Krebsprobleme
18.06.1960 - 19.06.1960: Medizinische Wochenendtagung : Leber-Galle-Erkrankungen
05.09.1960 - 21.09.1960: 1. Tagung zur Einführung in die Krebstherapie
05.11.1960 - 06.11.1960: Medizinische Wochenendtagung: Leber- und Galleerkrankungen
01.01.1968 - 31.12.1968: Ausbildungskurs in Heileurythmie
21.04.1968 - 27.04.1968: Ostertagung Sinnesfunktionen und Geschwulstprobleme
01.01.1969 - 31.12.1969: Ärztliche Fortbildungsstätte im Rahmen der Lukasklinik
01.01.1969 - 31.12.1969: Ärztetagung
20.04.1971 - 18.07.1971: Kurs für Ärzte und Medizinstudenten
01.01.1973 - 31.12.1973: Intensivierung des Heileurythmieausbildung
19.07.1973 - 21.07.1973: Fortbildungskurs in Heileurythmie "Magen und Darmkrankheiten"
21.01.1974 - 29.03.1974: Anthroposophische Studienkurse
24.12.1974 - 01.01.1975: Weihnachtstagung "Die dreizehn heiligen Nächte im Jahreslauf"
20.10.1975 - 29.11.1975: Heileurythmiekurs "Stoffwechsel - Gliedmaßensystem"
26.09.1976 - 03.10.1976: Michaelitagung "Das Erleben des Geistselbst als Keim neuer Fähigkeiten"
25.10.1976 - 04.12.1976: Heileurythmieausbildungskurs
01.01.1977 - 31.12.1977: Medizinische Sektion erhält neuen Sektionsleiter
01.01.1977 - 31.12.1977: Beiträge zur Erweiterung der Heilkunst
03.04.1977: Generalversammlung der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft
14.10.1977 - 18.10.1977: Werklehrertagung "Licht und Masse. Die Willensformen der Thone"
24.10.1977 - 03.12.1977: Heileurythmiekurs "Das Stoffwechsel Gliedmaßensystem"
06.09.1978 - 23.09.1978: Medizinischer Studienkurs
20.10.1978 - 24.10.1978: Werklehrertagung "Licht und Masse. Die Willensformen der Throne"
23.10.1978 - 02.12.1978: Heileurythmieausbildungskurs "Nerven - Sinnessystem"
31.03.1979 - 03.04.1979: Krankenpflegetagung "Üben der Sinne - eine Hilfe für die Krankenpflege"
08.10.1979 - 13.10.1979: Hochschulwoche der "Medizinischen Arbeitsgruppe am Goetheanum"
22.10.1979 - 01.12.1979: Heileurythmie-Ausbildungskurs zum Thema "Stoffwechsel-Gliedmassensystem"
28.10.1979 - 28.10.1979: Einweihungsfeier des Raphael-Hauses in Stuttgart.
05.11.1979 - 07.11.1979: Schulärzte-Tagung 1979 im Goetheanum.
10.03.1980 - 14.03.1980: 3. Heileurythmie-Tagung für Ärzte und Medizinstudenten am Goetheanum.
29.03.1980 - 06.04.1980: Ostertagung am Goetheanum: "Gnosis und Anthroposophie"
29.03.1980 - 30.03.1980: Generalversammlung der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft
20.10.1980 - 29.11.1980: Heileurythmieausbildungskurs "Das Stoffwechsel - Gliedmaßensystem"
06.03.1981 - 08.03.1981: Medizinische Tagung "L'Argent et le Plomb". In französischer Sprache
12.04.1981 - 19.04.1981: Ostertagung "Die Trinität in der Erkenntnis der Anthroposophie"
16.05.1981 - 17.05.1981: Wochenendarbeit für Architekten und Mediziner: "Elemente und Wesensglieder"
26.10.1981 - 05.12.1981: Heileurythmie-Ausbildungskurs: "Stoffwechsel-Gliedmaßen-System"
01.01.1982 - 31.12.1982: Hochschulwochen der "Medizinischen Arbeitsgruppe am Goetheanum"
27.03.1982 - 28.03.1982: Wochenendarbeit für Architekten, Bildhauer, Maler und Mediziner
29.04.1982 - 03.05.1982: Medizinische Tagung in italienischer Sprache
12.06.1982 - 16.06.1982: Ton-Heileurytmiekurs
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