Leopold Löwenheim

Studienrat, Professor Löwenheim, Leopold

Gymnasiallehrer, Mathematiker, Logiker.

*26.06.1878, Krefeld (Deutschland)

✟05.05.1957, Berlin (Deutschland)

Neben dem Schuldienst forschte Löwenheim auf dem Gebiet symbolischer Logikkalküle und entdeckte das nach ihm benannte bahnbrechende Resultat, dass jeder symbolische Kalkül erster Ordnung ein (evtl. auch nicht intendiertes) abzählbares Modell besitzt.

Löwenheim wurde als Sohn des Mathematiklehrers Detmold Louis Löwenheim und der Schriftstellerin Elisa Röhn geboren. 1881 ließ sich der Vater als Privatgelehrter in Berlin nieder, starb 1894 und der Sohn bearbeitete sein unvollendetes Werk „Die Wissenschaft Demokrits und ihr Einfluss auf die moderne Naturwissenschaft‟ und gab es 1913 heraus.

Von 1896-1900 studierte Löwenheim Mathematik und Physik an der Technischen Hochschule und Universität Berlin; insbesondere widmete er sich einem eingehenden Studium der synthetischen projektiven Geometrie. 1904 wurde er Oberlehrer am Jahn-Realgymnasium, ab 1919 Studienrat und bald darauf Professor.

1896 wurde er Mitglied der „Gesellschaft für ethische Kultur‟, seit 1901 war er Nichtraucher, später auch Vegetarier. 1906 wurde er Mitglied der „Berliner Mathematischen Gesellschaft‟ sowie Mitarbeiter am „Jahrbuch über die Fortschritte der Mathematik‟. In die folgende Zeit fallen die meisten seiner Abhandlungen über den Schröderschen Logikkalkül, von denen die Arbeit „Über Möglichkeiten im Relativkalkül‟ den heute nach ihm benannten Satz enthält. Löwenheim korrespondierte u.a. mit Alwin Korselt, Gottlob Frege und Paul Bernays.

Als begabter Musikpädagoge verfasste er Aufsätze und hielt Vorträge über die großen Musiker der Klassik und Romantik.

Er hatte auch ein großes Interesse für die bildende Kunst, schrieb gern Gelegenheitsgedichte, war ein guter Schauspieler, Sportler und leitete jahrelang eine CVJM-Jugendgruppe.

Am 11. Februar 1909 hörte Löwenheim zum ersten Mal einen Vortrag Rudolf Steiners im Architektenhaus in Berlin. Der Übergang von der materialistischen Weltanschauung seines Vaters zur Anthroposophie fiel Löwenheim nicht leicht. Der durch viele Jahre gepflegte Austausch mit Friedrich Rittelmeyer zu weltanschaulichen Fragen führte 1922 zur Vermittlung eines persönlichen Gesprächs mit Steiner. 1924 trat er in die Anthroposophische Gesellschaft ein. Er besuchte in den 20er-Jahren wiederholt das Goetheanum in Dornach, wo er Elisabeth Vreede traf. 1931 heiratete er Johanna Teichert, geb. Raßmussen.

Als „Vierteljude‟ wurde Löwenheim 1933 nach Neukölln versetzt, 1934 erfolgte die Zwangspensionierung, trotz des Einsatzes der Schulbehörde, die ihn als Lehrer schätzte. Er erteilte Einzelunterricht und besuchte einen Lehrgang in Toneurythmie an der Eurythmieschule in Berlin. Er hielt dort sowie im Rahmen des Berliner Zweiges der Anthroposophischen Gesellschaft Geometriekurse. Aus dieser Arbeit gingen umfangreiche Typoskripte hervor, die - angeregt u.a. durch Hermann von Baravalle - unter pädagogischen und ästhetischen Gesichtspunkten konzipiert wurden und als Hilfen für Waldorflehrer gedacht waren.

1943 wurde bei einem Bombenangriff der größte Teil seines wissenschaftlichen Werkes (Manuskripte, geometrische Zeichnungen, Modelle) zerstört. 1946-49 war Löwenheim wieder als Studienrat an der Pestalozzi-Schule, dann am Jahn-Realgymnasium tätig. Kurz vor seinem Tod 1957 richteten sich seine letzten Gedanken auf die Fortentwicklung der Waldorfpädagogik.

Renatus Ziegler
Werke: Über das Auflösungsproblem im logischen Klassenkalkül, in: Sitzungsberichte der Berliner Mathematischen Gesellschaft 1908, Band 7; Über die Auflösung von Gleichungen im logischen Gebietekalkül, in: Mathematische Annalen 1910, Band 68; Über Möglichkeiten im Relativkalkül. in: Mathematische Annalen 1915, Band 76; Einkleidung der Mathematik im Schröderschen Relativkalkül; in: Journal of Symbolic Logic 1940, Band 5; Fusspunktkurven und Spiegelkurven, o. A.; Allgemeine Sätze über Zykloiden und Trochoiden, o. A.; Rosenkurven und ihre Konchoiden (Eurythmiewellen), o. A., Paskalsche Schnecken. Nefroiden, o. A., Jakob Steinersche Kurven und Astroiden, o. A.; Die fünf regelmäßigen oder platonischen Körper, o. A.; Einfachkeitslogik oder Reichtumslogik? O. A.; Die Inversion, o. A.; Die projektive Geometrie der Kegelschnitte, o. A.; Die logarithmische Spirale, Bd. I/II, Berlin 1957.
Literatur: Hagemann,E: Bibliographie der Arbeiten der Schüler Dr. Steiners, o. O. 1970; Teichert, J.: Vorwort des Herausgebers und Lebensabriß des Mathematikers, in: Die fünf regelmäßigen Körper, o.A.; Thiel, Ch.: Leben und Werk Leopold Löwenheims (1878-1957). Teil I: Biographisches und Bibliographisches, in: Jahresbericht der Deutschen Mathematiker-Vereinigung 1975, Band 77, Nr. 1; Thiel, Ch.: Leopold Löwenheim Life, Work and Early Influence. in: Gandy, R./Hyland, M. [Eds.]: Logic Colloqium 76, Amsterdam 1977, S. 235-252; Thiel, Ch.: Leopold Löwenheim in: Holmes, F. L. [Ed.]: Dictionary of Scientific Biography, Volume 18, 1990, Supplement II, S. 571-572. Ziegler, R.: Biographien und Bibliographien, Dornach 2001.
Abkürzungen: siehe hier
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