Karl Auer

Auer, Karl

Kunst- und Werklehrer.

*01.04.1904, Freising (Deutschland)

✟17.12.1986, Stuttgart (Deutschland)

Geboren wurde Karl Auer am Karfreitag, den 1. April 1904, in Freising, der Stadt alter, tiefverwurzelter religiöser Prägung; gern sprach er von den drei Bergen, die sie bildeten: der „Lehrberg‟ mit dem altehrwürdigen Dom, der „Nährberg‟ mit der Brauerei Weihenstephan - in alter Klosterumgebung - und der „Wehrberg‟ der bayerischen Kasernen. In dieser Welt der alten Frömmigkeit wuchs er im Kreis der fünf Geschwister, mit denen er lebenslang verbunden blieb, in einer Handwerkerfamilie auf. Der Vater betrieb eine Bau- und Kunstglaserei. So traten auch die Forderungen des Industriezeitalters früh an ihn heran. Als der Vater im Ersten Weltkrieg eingezogen war, mussten die Buben einen großen Auftrag alleine durchführen und sie konnten es auch: sie hatten eine ganze Fabrik zu verglasen. Auch im Sägewerk der Verwandten und im Wald war er zu Hause. Nach dem Abschluss der Realschule lernte Karl Auer beim Vater. Nach der Gesellenprüfung ging er zu einer Kunstglaserei und Glasmalerei nach Kempten, wo man ihn auf die bekannte Stuttgarter Glasmalerei Saile aufmerksam machte, wo er den Grund für die weitere künstlerische Entwicklung festigen konnte. Die Stadt wurde ihm zum Schicksalsort.

Die folgenden Jahre (1923-25 und dann wieder ab 1927 Kunstgewerbeschule in Stuttgart) brachten ihn in lebendigen Kontakt mit der Welt und den zeitgenössischen Strömungen in der Kunst: Er arbeitete in Wien und Paris (in Paris bei dem Architekten van Doesburg, dem Herausgeber der Zeitschrift DeStil, für die er Zeichnungen zu machen hatte) und machte auf dem Weg dorthin eine für ihn wesentliche Wanderzeit von Triest nach Marseille durch.

Das Zentrum blieb Stuttgart. Auer trat in die Abteilung Glasveredelung der damaligen Kunstgewerbeschule (heute Akademie) als Schüler Wilhelm von Eiffs ein. Dort hörte er am Tag vor dem 21. Geburtstag zum ersten Mal den Namen Rudolf Steiners - als der erschütterte Lehrer von dessen Tod sprach. Der Schülerkreis um Wilhelm von Eiff blieb stark mit dem Lehrer und untereinander verbunden.

Ein „kleines Häuflein‟ von ihnen, darunter auch Elisabeth Elliesen, besuchte regelmäßig die öffentlichen Vorträge von Herbert Hahn, Eugen Kolisko, Karl Schubert und Walter Johannes Stein und später auch die „Anthroposophischen Hochschulkurse‟.

Erste öffentliche Arbeiten entstanden 1929/30. Die farbigen Glasfenster in der Stuttgarter Georgskirche fielen später - wie der Grossteil seiner Werke - dem Krieg zum Opfer. In der Pallotinerkirche zu Freising sind die aus drei farbigen Glasschichten herausgeschliffenen Fenster heute noch zu sehen. Eine Reihe von Aufträgen in Krankenhäusern und Kirchen folgte.

Im August 1934 heiratete Karl Auer Elisabeth Elliesen. Sie führten eine gemeinsame Werkstatt. Drei Kinder (Johanna Elisabeth, Brigitta, Wolfgang Michael) wurden geboren.

Die folgenden Jahre waren von gemeinsamer Tätigkeit in bedrückender Zeit und von immer tieferem Hineinarbeiten in die Anthroposophie erfüllt.

Wesentlich wurde der ärztliche Rat Eugen Koliskos: „Alles, was Sie tun, gern tun.‟ Dieser sollte ihn - zusammen mit unbeirrter geistiger Tätigkeit - durch die folgenden schweren Jahre des Kriegs (Teilnahme seit 1941) und der russischen Gefangenschaft (bis Herbst 1947) hindurch tragen.

Nach der Rückkehr an Michaeli und der an Weihnachten erfolgten Aufnahme in den laufenden Seminarkurs der Freien Waldorfschule war die erste Wirkungsstätte in der Lehrlingsausbildung der Firma Behr, Wendlingen, in der Zusammenarbeit mit Emil Kühn und Hellmut Blume. Damals reiften im Gespräch mit Erich Gabert, Fritz Koegel und Gerhard Schnell die Pläne für die Umgestaltung des künstlerisch-handwerklichen Unterrichts der Oberstufe. Der Arbeit auf diesem Felde blieb er lange Zeit hindurch treu, auch als sich die Aufgaben verzweigten und vervielfachten (Mitarbeit in den Anthroposophischen Hochschulwochen 1948/49, Plastizieren im Proseminar sowie im Stuttgarter Anthroposophischen Seminar mit Friedrich Kempter, Besuch des Lehrerseminars und von 1953 an - auch im Zusammenhang mit Julius Hebing - Tätigkeit in der Lehrerbildung bis 1979). Die Internationale Schulausstellung 1954/1956 betreute er nach dem Tod Gerhard Schnells zusammen mit Hildegard Berthold-Andrae und arbeitete an der Ausstellung der Stuttgarter Waldorfschulen 1961 (Gustav Siegle-Haus) sowie an zahlreichen allgemeinen und Fachtagungen der Schulbewegung mit.

Von 1954 bis 1972 unterrichtete er Handwerk, Plastizieren, Malen und Schwarz-Weiß Zeichnen an der Freien Waldorfschule Stuttgart und trug die Weihnachtsspiele mit. Das Gespräch mit ihm hat Generationen von Handwerkslehrern geprägt, auch über die Grenzen Deutschlands hinaus. Die charakteristischen Fragen an den Übenden lauteten etwa: „Was wollen Sie damit?‟ „Wohin soll das führen?‟ und: „Worauf kann man jetzt noch verzichten?‟ Es erwies sich für Manchen „köstlicher als das Licht‟ und trat zu seiner Gabe hinzu, aus Schülern schöpferische Freunde werden zu lassen. - Mit Gisbert Husemann trug er zur Arbeit Lili Koliskos in Stuttgart bei. - Zum Wesentlichen seines Wirkens gehört die Mitwirkung an den von Eberhard Schickler initiierten - und von ihm mit einer kleinen Gruppe weitergeführten - „Mitternächtigen Stunde‟.

Entscheidend wurden sein Wort und seine Mittätigkeit beim Wiederaufbau der Schule, vor allem in der Mitgestaltung des Turnhallen- und Kindergartengebäudes (Matthiessen und Murko), des Seminargebäudes und des Saalbaus (Billing/Peters/Ruff). Besonders interessierten ihn Beleuchtungsfragen und die Gestaltung der Stühle, so dass er auch einen stapelbaren Stuhl entwickelte, der in vielen Sälen Verwendung fand.

Während all dieser Tätigkeiten, die er durch die Kunst durchführen konnte, das Element der Zeit mit höchster Disziplin zu gestalten, blieb die Glasschleiferei lebendig, für die er in abgelegenen Räumen der Schule Arbeitsmöglichkeiten für Elisabeth Auer und sich selbst einrichtete. Mit ihr zusammen begann die Arbeit an den großen Scheiben für das Treppenhaus des Hauptgebäudes (Christophorus), die er nach ihrer Erkrankung 1969 und ihrem Tod am 2. September 1973 weiterführte. Ein zweites (Michaels-) Triptychon entstand in den folgenden Jahren. In beiden Scheibengruppen zeigt sich eine dauernde Entwicklung der Technik wechselnder Dichtigkeit der Oberflächenstruktur. Immer wieder widmete er sich Arbeiten in farbigem Glas an den Planeten-Siegeln. Große, schwingende Motive ergriff er in den Scheiben für den Musiksaal im Saalbau. Eine letzte Arbeit, „Die drei Frauen mit dem Jüngling am Grabe‟ - die Ostermorgenszene des Markusevangeliums - entstand 1985/86.

Nach kurzer, schwerer Krankheit verstarb Karl Auer am 17. Dezember 1986 in der Filderklinik.

Magda Maier

Quellen Erwähnungen

N 1948 S. 111
MaD 1948 Nr. 5, S. 38
MaD 1949 Nr. 10, S. 58
Werke: Von künstlerischen Übungen am Lehrerseminar: vom Plastizieren und Zeichnen, in: Im neuen Haus, Stuttgart [1969]; Beiträge in EK.
Literatur: Mayr, W.: Treffen bildender Künstler, in: MaD 1948, Nr. 5; Leist, M. u. a.: Karl Auer 80 Jahre und autobiographisch: Karl Auer erzählt aus seinem Leben, in: Leh 1984, Nr. 28; Maier, M.: Karl Auer, in: MaD 1987, Nr. 160; Charisius, K.: Karl Auer, in Leh 1987, Nr. 34; Plato, B. v.[Hrsg.]: Anthroposophie im 20. Jahrhundert, Dornach 2003.
Abkürzungen: siehe hier
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