Hans Engel

Dr.med. Engel, Hans Heinrich

Arzt und Heilpädagoge.

*29.07.1921, Greifswald/Pommern (Deutschland)

✟30.10.1973, Beitenwil/Kanton Bern (Schweiz)

Hans-Heinrich Engel gehört zur zweiten Generation tragender Heilpädagogen der anthroposophischen Bewegung. Während seiner 22-jährigen Tätigkeit in Camphill-Einrichtungen hat er äußerst fruchtbar gewirkt und die Musiktherapie durch seine originellen Beiträge wesentlich weitergebracht. Engels Mut, als Arzt in der Therapie eigenständige Wege zu gehen, war deutlich erlebbar.

Hans-Heinrich kam als zweiter Sohn eines homöopathischen Arztes am 29. Juni 1921 in Greifswald zu Welt. Sein älterer Bruder Kurt, der in der Luftwaffe diente und 1939 fiel, war ihm innerlich zeitlebens nahe. Zudem hatte Hans-Heinrich eine jüngere Schwester und einen weiteren Bruder.

Nach der Schule begann Engel in Greifswald und Tübingen ein Medizinstudium, das er 1945 abschloss. Während des Krieges war er als Offizier in der Marine tätig und kam gegen Ende des Krieges für kurze Zeit in Gefangenschaft. Zurückgekehrt promovierte er in Tübingen. Durch seine erste Frau Margit, die er 1944 heiratete und mit der er eine Tochter hatte, lernte er die Anthroposophie kennen und wurde 1949 Mitglied der Anthroposophischen Gesellschaft.

Nach der Promotion wurde Hans Heinrich Engel bei Friedrich Husemann in Wiesneck tätig. Dort blieb er aber nur kurze Zeit, um die väterliche Praxis im Landkreis Lindau zu übernehmen. Er war zu jeder Tages- und Nachtzeit von seinen Patienten zu erreichen, gelegentlich war dies auch wegen einer Kuh oder eines Pferdes. 1951 wurde er mit seiner Frau in Lindau in die Christengemeinschaft aufgenommen. Bei einem Besuch in Camphill, Schottland, forderte Karl König ihn auf, dort mitzuarbeiten. Nach Lindau zurückgekehrt konnte er seine Praxis dem Vater zurückgeben und 1951 nach Camphill übersiedeln. Seine Frau Margit, ebenfalls Ärztin, folgte ihm dann mit Tochter Birgit.

Nach der Trennung von seiner ersten Frau heiratete Hans-Heinrich Engel Turid Nielsen, mit der er 1968 einen Sohn, Finnolaf, bekam. Engels Tätigkeit in Camphill war ganz der Heilpädagogik und dem Ausbildungsseminar gewidmet. Er betreute Karl König als Arzt und hatte in den folgenden Jahren mit Thomas und Anke Weihs die Leitung von Camphill Aberdeen inne.

1960 übernahm Engel die Leitung der von Carlo Pietzner gegründeten Heimschule Glencraig und betreute als viel gefragter Arzt Einrichtungen in Skandinavien, Holland und der Schweiz. Er hatte therapeutische Intuitionen, schöpferische Einfälle, fand neue therapeutische Maßnahmen. Während seines 12-jährigen Aufenthalts in Nordirland arbeitete Engel in Zusammenarbeit mit Hermann Pfrogner an der Entwicklung der Musiktherapie. Er entwickelte eine musikalische Anthropologie zum Verständnis der Organe und der therapeutischen Wirkung von Musik. Hans-Heinrich Engel war ein guter Geschäftsführer und ein genialer Lehrer. Auch als Vortragender war er geschätzt und viel gefragt. Neben medizinischen Themen beschäftigte er sich auch mit Mythologie und mit allgemein anthroposophischen Themen.

Engel wirkte bei der Gründung von zwei Dorfgemeinschaften in Nord- und Südirland, Mourne Grange und Duffcarrig, mit. Mitten im aktiven Arbeitsleben stehend, von vielen Mitarbeitern der Camphill-Bewegung geschätzt, erlitt er einen schweren Unfall, an dessen Folgen er am 30. Oktober 1973 in Bern starb.

Friedwart Bock

Quellen Erwähnungen

N 1966 S. 54
N 1970 S. 60
MaD 1952 Nr. 20, S. 91
AM 1952 Nr. 7, S. 2
CaC 1975 Nr. Aug, S. 8, Nr. Nov, S. 5
CaC 1976 Nr. Feb, S. 2
AM 1956 Nr. 6, S. 2

Info

Leitete zuletzt das Camphill Seminar in Glencraig, Nordirland. Vortragender.
Wurde 1956 Mitglied der GB-Landesges.
Werke: mit König, K. und Müller-Wiedemann, H.: Über schwere
Kontaktstörungen im Kindesalter, Stuttgart 1956; Beiträge zu einer
musikalischen Anthropologie, 3 Bände, Glencraig 1973; Der Seelenkalender
und das Erste Goetheanum, in: Gedanken zum Seelenkalender, Föhrenbühl
1975; Grundsätzliche Gesichtspunkte zu einer musikalischen Therapie vom
geisteswissenschaftlichen Standpunkt, in: Beilharz, G.: Erziehen und Heilen
durch Musik, Stuttgart 1989; Thoughts and experiences with adolescents,
Training and further education of adolescents, in: Luxford, M. [Ed.]:
Adolescence and its significance, Whitby 1995; Musikalische Anthropologie,
Dornach 1999; Beiträge in BeH, Cr, SbK.
Literatur: Schickler, E.: Ostertagung der Arbeitsgemeinschaft, in: MaD 1952,
Nr. 120; Bay, T.: Hans-Heinrich Engel, in: MaD 1974, Nr. 108; Müller-
Wiedemann, H.: Hans-Heinrich Engel, Arzt und Heilpädagoge, in: N 1974,
Nr. 3, auch in Selg, P.[Hrsg.]: Anthroposophische Ärzte, Dornach 2000;
Engel, T.; Spalinger, J.: Zur Persönlichkeit von Hans-Heinrich Engel, in:
Musikalische Anthropologie, Dornach 1999.
Abkürzungen: siehe hier
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