Josef Adamec

Adamec, Josef

Pfarrer in der Christengemeinschaft.

*22.04.1902, Policka (damals Österreich-Ungarn)

✟14.04.1995, Prag (Tschechien)

Josef Adamec sorgte mit Mut und Ausdauer für ein Überleben der Christengemeinschaft und der anthroposophischen Arbeit während der verschiedenen Verbotszeiten in Prag.

Josef war das fünfte von zehn Kindern eines Arbeiters in einer kleinstädtischen Textilfabrik. Nach einer kurzen Schulbildung musste er schon jung in die Industrietätigkeit einsteigen und arbeitete als Techniker in der gleichen Firma wie sein Vater. In jungen Jahren kam er als Kriegsdienstverweigerer ins Gefängnis, dann diente er als Krankenpfleger. Bereits 17-jährig fand er die Grundschriften der Anthroposophie und kam durch einen Ingenieur in Kontakt mit der Anthroposophischen Gesellschaft. Am 15. Oktober 1926 wurde er Mitglied des Zweiges in Pardubitz. Bald war er - ein kleingewachsener Mensch mit lebhaften Augen - auch im Michael-Zweig von Ida Freund in Prag bekannt und erlebte 1929 die Menschenweihehandlung. Er wurde Mitglied der Christengemeinschaft, besuchte das Priesterseminar in Stuttgart und wurde am 8. Oktober 1933 in Prag durch Friedrich Rittelmeyer zum ersten slawischen Priester der Christengemeinschaft geweiht.

Nach einem halben Jahr als Gemeindehelfer in Ulm wurde er in der Gemeinde Prag eingesetzt. Als am 8. Mai 1942 die Christengemeinschaft in Prag zum ersten Mal verboten wurde - fast ein Jahr nach dem Verbot im „Reich‟ -, wurde er verhaftet. Nach einigen Wochen kam er frei und arbeitete in einem Industriebetrieb, bis er am 9. Mai 1945 die erste Menschenweihehandlung nach der Verbotszeit feiern konnte.

Seine Gemeinde wuchs rasch, bis am 25. Juli 1951 das zweite Verbot kam. Er verzagte jedoch nicht und pflegte das religiöse Leben unter schwierigsten Umständen weiter. 1968 war eine kurze Zeit der Rehabilitierung möglich. Die Hussitische Kirche stellte ihm einen Raum zur Verfügung. Doch das dritte Verbot ließ nicht lange auf sich warten. 1971, an dem Tag, an dem seine Frau starb, wurde seine Arbeit wieder in die abhörsichere, winzige Küche seiner Wohnung zurückgedrängt. Er arbeitete intensiv im Untergrund weiter, viele Menschen fanden hier, was sie suchten. Am 14. Januar 1990 durfte die Arbeit wiederum aus dem Versteckten in die Öffentlichkeit treten. Ein Gemeindezentrum konnte erworben werden, der Weiheraum wurde 1995 feierlich eingeweiht.

Im gleichen Jahr starb Josef Adamec kurz vor seinem 93. Geburtstag. Viele Menschen schätzten sein reiches Wissen, viele hat er durch sein ausgezeichnetes Geigenspiel erfreut. Doch das Wichtigste: Wenn er sprach, konnte man das Christentum mit dem Herzen erleben.

Jan Pohl

Quellen Erwähnungen

N 1995/96 S. 91
MAVN 1990 Nr. 3, S. 21

Info

Priester der Christengemeinschaft, Vorstandsmitglied der Tschechischen AG
Werke: Beiträge in CH, Prah.
Literatur: Lemke, U.: Kristensamfundet i Prag, in: As 1989, Nr. 6/7; Sease, V.: Josef Adamec zum 90. Geburtstag, in: N 1992, Nr. 18; Krck, J.: Smutecní proslov pri posledním rozloucení s Josefem Adamcem, in: Arz 1995, Nr. 4; Lenz, J.: Zum Tod von Josef Adamec, in: CH 1995, Nr. 6; ders., Erasmy, H.: Josef Adamec, in: N 1995/96, Nr. 10; Fleischer, K.: Ansprache zur Bestattung von Josef Adamec, in: MC 1995, Nr. Johanni; Lenz, J.: Erinnern für die Zukunft, Stuttgart 2002, unveröffentliche biografische Skizze bei der Forschungsstelle Kulturimpuls.
Abkürzungen: siehe hier
Copyright: Text und Bild sind urheberrechtlich geschützt. Reproduktion in jeglicher Form nur nach schriftlicher Genehmigung der Forschungsstelle Stiftung Kulturimpuls, Heidelberg

Forschungsstelle Kulturimpuls Biografien Dokumentation kulturimpuls.org