Hans Rutz

Rutz, Hans

Lehrer.

*23.03.1889, Altdorf bei Nürnberg (Deutschland)

✟02.06.1973, Stuttgart (Deutschland)

Hans Rutz gehörte zu den Lehrern, die noch von Rudolf Steiner selbst an die Stuttgarter Waldorfschule berufen wurden. Wohl für alle „Ur-Waldorflehrer‟ blieb diese Berufung der innere Bezugspunkt ihrer weiteren Biografie. Große Bedeutung hatten für ihn innere Unabhängigkeit und Freiheit. So war ihm auch die Mitgliedschaft in der Anthroposophischen Gesellschaft keineswegs selbstverständlich, obwohl er schon Waldorflehrer und die Anthroposophie innere Richtschnur für ihn geworden war. Nur Rudolf Steiners völlig freilassende Haltung in dieser Sache machte es ihm möglich, diese Klippe zu überwinden.

Hans Rutz wurde am 23. März 1889 in Altdorf bei Nürnberg als Jüngster von zehn Geschwistern geboren. Sein Vater, ein scharfer Denker und Mann von alttestamentlicher Strenge, war Pfarrer. Die Schulzeit, besonders in den gymnasialen Jahren in Ansbach und Bayreuth, war für Hans Rutz durch die Öde des Unterrichts eine schwere Leidenszeit, für die es durch die väterliche Strenge auch von Seiten des Elternhauses keine Milderung gab. Diese Erfahrungen mochten für ihn in positiver Verwandlung zum Keim seiner späteren Lehrertätigkeit und seines feinen pädagogischen Verständnisses für den heranwachsenden Menschen geworden sein. Nach der Übersiedlung der Familie nach Bayreuth hatte er die Möglichkeit, durch die freundschaftliche Verbindung seines Vaters zu Cosima Wagner an den Festspielproben teilzunehmen. Damals entstand in ihm der Wunsch, Dirigent zu werden, und so begann er in Leipzig, unter anderem bei Max Reger und Arthur Nikisch, zu studieren. Durch den Ausbruch des Ersten Weltkriegs, den er als Sanitäter in seiner ganzen Härte mitmachen musste, wurde dieser Berufsplan unmöglich, da er durch eine kriegsbedingte schwere Nervenentzündung an Armen und Händen langes Klavierüben nicht mehr durchhalten konnte. Der Musik selbst aber blieb er sein ganzes Leben intensiv verbunden, auch als Komponist feinsinniger Lieder. Nach Kriegsende studierte er in Erlangen Germanistik und begegnete dort schon Menschen, die später in Stuttgart seine Kollegen werden sollten: Sophie Porzelt, Martha Haebler, Robert Killian und Konrad Sandkühler. Robert Killian war es dann, auf dessen Veranlassung 1922 in Stuttgart ein Gespräch mit Rudolf Steiner zustande kam. Hans Rutz war durch seine Frau schon mit der Anthroposophie bekannt geworden und hatte als Studienreferendar eine Zulassungsarbeit über Steiners Pädagogik und ihre Beziehung zu Goethes „Pädagogischer Provinz‟ geschrieben. Dennoch fuhr er mit einer leisen Skepsis und der Sorge nach Stuttgart, er könne vielleicht seine innere Freiheit Steiner gegenüber nicht aufrechterhalten. Er erlebte aber in Rudolf Steiner einen vollkommen selbstlosen Gesprächspartner und konnte sich so zu einem „einjährigen Versuch‟ als Waldorflehrer entschließen. Letztlich blieb er dann bis zu seiner Pensionierung 1954 an der Stuttgarter Waldorfschule als Klassenlehrer. Vier Klassenzüge hat er in dieser Zeit geführt.

Man freute sich als Schüler immer, wenn auf der Monatsfeier eine „Rutz-Klasse‟ auftrat, weil dann ein originelles Stück zu erwarten war: vom Lehrer selbst geschrieben und in genialer Weise auf die einzelnen Kinder und ihre Temperamente ausgerichtet.

Seit 1945 gab er auch den freichristlichen Religionsunterricht, zu dem er eine Art Gewissens-Verhältnis hatte: Wie er gelegentlich andeutete, nahm er, der erfahrene Pädagoge, sich oft viele Stunden der Vorbereitung für eine Religionsstunde. Das machte die Substanz seines Unterrichts aus.

Als er seine aktive Tätigkeit beendet hatte, war er noch für viele Jahre in der Lehrerausbildung sowie als pädagogischer Berater im Auftrag des Bundes der Freien Waldorfschulen tätig.

Michael Debus

Quellen Erwähnungen

N 1924 S. 171, 194
N 1927 S. 68
N 1928 S. 168, 179f
N 1931 S. 40
MaD 1969 Nr. 88, S. 161 Zum 80. Geburtstag
EK 1964 Nr. 4 E.Weißert
EK 1973 Nr. 6 E.Weißert
Werke: Bilder und Gestalten aus einer unteren Klasse der Freien Waldorfschule, Stuttgart 1928; Drei mehrstimmige geistliche Lieder, o. A.; Aufsätze in: Gäa Sophia, Bd. V, Stuttgart 1920; in: Husemann, G., Tautz, J.: [Hrsg.]: Der Lehrerkreis um Rudolf Steiner, Stuttgart 1977; in: Neuffer, H.: Zum Unterricht des Klassenlehrers, Stuttgart 1997; Beiträge in EK und N.
Literatur: Husemann, L.: Hans Rutz, in: MaD 1973, Nr. 105; Sandkühler, K.: Hans Rutz, in: Leh 1973, Nr. 7; Rutz, M., Weißert, E., Guembel, G.: Hans Rutz in: Husemann, G., Tautz, J. [Hrsg.]: Der Lehrerkreis um Rudolf Steiner, Stuttgart 1977; Schöffler 1987.
Abkürzungen: siehe hier
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