Reinhart, Hans
Lyriker, Dramatiker.
*18.08.1880, Winterthur (Schweiz)
✟04.06.1963, Winterthur (Schweiz)
(Todestag:Pfingstdienstag)
Das Schaffen Reinharts umfasst Mythos, Gedicht und Drama. Albert Steffen, mit dem er befreundet war, schreibt: Seine „Werke sind Kinder einer alten Zeit und Zeugen einer neuen. Sie tragen alle einen Hauch lang vergangener Kulturen: Indiens, Roms, des Mittelalters‟. (Steffen, 1930.) Er sei ein „Sänger mythischer Tage‟. (Steffen, 1940.)
Reinhart entstammt einer angesehenen Familie in Winterthur, die weltweit Handelsbeziehungen unterhielt. Sein Vater war ein bekannter Mäzen in Künstlerkreisen. Als Neunjähriger, bei einem Kuraufenthalt in Karlsbad im Nachsommer 1889, las er zum ersten Mal Märchen von Christian Andersen. Sie erfassten ihn mit solcher Gewalt, dass er sie sogleich in Pantomime und Rezitation umsetzte. Mit Andersen wuchs er auf und Andersen wurde sein erster Lehrmeister. Mit 40 Jahren betrachtete er sein dichterisches Werk als abgeschlossen.
Den ersten Gedichtband brachte Reinhart 1902 als 22-Jähriger heraus. Den Winter 1903 bis zum Frühling 1904 verbrachte er - nach vorangegangenen spiritistischen Versuchen - als Zweifelnder und Gottsuchender in einem aufgehobenen Kapuzinerkloster zu Paris. Um 1905 hörte er in St. Gallen erstmals Vorträge von Rudolf Steiner.
Ein Gottsucher sei Reinhart auch in seinen „Mythen und Mären‟, schreibt Gustav von Festenberg. „Manche dieser Mythen und Mären sind Andersens Saat, auf Reinharts Boden zur Blume oder zum Baum erwachsen.‟ Doch was „bei Andersen etwas Einmaliges, Episodisches‟ sei, „bei Reinhart wird es zu einem Ewigen, Typischen‟. Festenberg weiter: „Die drei ,Bühnenspiele aus Andersen sind das Werk eines Wissenden‟, sie sind „Vergeistigungen‟ der Märchen Andersens. (Festenberg, 1923/24.) Das Problem des Doppelgängers hat Hans Reinhart sein ganzes Leben hindurch beschäftigt.
Dichtungen von Reinhart wurden gern von Eurythmiegruppen aufgeführt. 1919 lud er Alice Fels mit der Dornacher Eurythmiegruppe nach Winterthur zu deren erster öffentlichen Aufführung ein, wo er ihr Gastgeber war. Die Zusammenarbeit mit anthroposophischen Kreisen war damals außerordentlich fruchtbar. Im selben Jahr widmete Rudolf Steiner dem „lieben Freund Hans Reinhart‟ den später oft zitierten Spruch „Suche im eignen Wesen ...‟ Reinharts 50. Geburtstag wurde mit einer Eurythmieaufführung im Goetheanum gefeiert.
Reinhart war mit Karl Hofer, Albert Steffen, Ernst Uehli und Felix Petyrek, der Bühnenmusiken für ihn schrieb, befreundet. Von 1926 bis 1929 gab er gemeinsam mit Willy Storrer im Verlag für freies Geistesleben (Basel/Dornach) - dessen Mitinhaber er war - die Vierteljahresschrift „Individualität‟ heraus, die eine Brücke zu nicht anthroposophischen Kreisen schlagen wollte. Es war ihm ein kosmopolitischer Zug eingeboren.
Forschungsstelle Kulturimpuls Biografien Dokumentation kulturimpuls.org