Reimann, Hugo
Sozialwissenschaftler, Philosoph.
*07.02.1901, Petershagen/Ostpreußen (damals Deutschland)
✟07.09.1982, Dornach (Schweiz)
Hugo Reimann hat die philosophisch-sozialwissenschaftliche Arbeit am Goetheanum von 1930 bis 1980 entscheidend mitgeprägt. Sein besonderes Interesse galt den Fragen der Dreigliederung und der freiheitlichen Sozialordnung.
Hugo Reimann wurde im ostpreußischen Petershagen - einem heute polnischen Dorf 56 km südlich von Königsberg - als jüngster Sohn eines Tagelöhners geboren. Er wuchs mit drei Geschwistern in harmonischen und zugleich äußerst bescheidenen Verhältnissen auf. Bescheidenheit blieb auch ein lebenslanger Wesenszug Reimanns. Nach dem fünfjährigen Besuch der Dorfschule war bereits seine Mithilfe beim Vater erforderlich.
Weitere charakteristische Wesenszüge waren sein Bildungsdrang und seine Fähigkeit zu konsequentem Selbststudium. So hat er sich selbstständig um einen Fernlehrgang bemüht und 1923 als weitgehender Autodidakt den Realschulabschluss und 1925 das Abitur in Königsberg extern erworben. Anschließend besuchte er bis 1927 die Universität Königsberg.
Zwischen beiden Schulabschlussprüfungen bestellte er, der gern las, sich das in einer Zeitschrift angebotene Buch Rudolf Steiners „Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?‟. Daraufhin nahm er mit dem Zweig Königsberg Kontakt auf.
Er versuchte vergeblich, in anthroposophischen Zusammenhängen eine bezahlte Tätigkeit zu finden und reiste dazu nach Stuttgart und Berlin, wo er Rudolf Steiner in einem Vortrag erlebte (22./23. Mai 1923). 1926 wurde er Mitglied der Anthroposophischen Gesellschaft in Deutschland im Zweig Königsberg.
Im August 1927 zog Reimann nach Dornach und blieb dort, unterbrochen von zahlreichen Reisen, bis zu seinem Lebensende. Seinen Lebensunterhalt verdiente er sich zunächst als Nachtwächter am Goetheanum, später als Betreuer eines Behinderten.
1933 heiratete er Marta Zürcher, eine künstlerisch-spirituell veranlagte Dichterin. 1934 wurde ihr einziger Sohn Johannes geboren, der mit knapp 18 Jahren ertrank.
Seit den 30er-Jahren trat Reimann als Vortragender hervor - insgesamt in zehn europäischen Ländern. Reimann war zwar kein zündender Redner, doch was er sagte, hatte er selbstständig schöpferisch durchdacht und erreichte dadurch seine Hörer. Er beschäftigte sich mit allgemeinen anthroposophischen, kultursoziologischen und philosophischen Fragen, so auch mit dem „Ethischen Individualismus‟ Rudolf Steiners. Das Problem der Freiheit in Geschichte und Gegenwart zu erschließen gehörte zu seinen besonderen Anliegen und ist durch eine Fülle von Beiträgen in verschiedenen anthroposophischen, in Dornach erscheinenden Buchreihen und Zeitschriften dokumentiert. Allein in der Wochenschrift „Das Goetheanum‟ und im „Nachrichtenblatt‟ sind 136 Beiträge von ihm erschienen.
Aus der Suche nach dem Ursprung der Menschenrechte ist eine Goetheanum-Vortragsreihe Reimanns über den Manichäismus hervorgegangen. Die daraufhin ausgearbeiteten einzelnen Aufsätze, im Wesentlichen gestützt auf die historische Fachliteratur, hat er in der Ideengeschichte „Manichäismus - das Christentum der Freiheit‟ zusammengestellt.
In den 50er- und 60er-Jahren studierte er z. B. auch wiederholt die Philosophie („das Denken des Denkens‟) und die Geschichtsauffassung des in letzter Zeit in den Erziehungswissenschaften wieder verstärkt diskutierten Pädagogen Theodor Litt.
Bemerkenswert ist Reimanns Engagement in verschiedenen Arbeitsgruppen, in denen er führend tätig war: in der jährlich am Goetheanum tagenden Arbeitsgruppe für Philosophie und Psychologie, darüber hinaus von 1954 bis 1962 in der Arbeitsgruppe für „Sozialwissenschaft am Goetheanum‟ (unter redaktioneller Mitarbeit in der gleichnamigen Zeitschrift) und schließlich viele Jahre lang in einer kleinen Arbeitsgruppe über Dreigliederung im Paracelsus-Zweig Basel.
Seine Beiträge auf vier internationalen Philosophiekongressen (Venedig, Mexiko, Wien, Varna) sind in den entsprechenden Proceedings-Bänden publiziert. Seine umfangreichste Veröffentlichung ist jedoch die vierbändige Herausgabe der in Notizen vorliegenden Arbeitsergebnisse Mathilde Scholls zu den Mysteriendramen. Reimann hat diese Notizen bearbeitet, ergänzt und zu einem Ganzen gestaltet.
In seinen letzten zehn Lebensjahren hat Reimann in der Schweizer Vierteljahresschrift „Aus der Arbeitsgemeinschaft für angewandte Sozialökonomie‟ 25 Aufsätze veröffentlicht, in denen er aufgrund seiner eingehenden Beschäftigung mit der Dreigliederung und der assoziativen Wirtschaft deren konstruktive Beiträge für Wirtschaftsfragen der Gegenwart (z. B. zu Inflation, Währungsordnung, Welthandel) aktualisiert hat. Dabei nutzte er seine Kontakte zu führenden Persönlichkeiten des sozialen und wirtschaftlichen Lebens, insbesondere in der Schweiz, um diese Arbeiten auch bekannt zu machen.
Hugo Reimann, der bis zu seinem Tode viele Jahre lang Mitglied des Vorstands des Zweiges am Goetheanum war, war eine durch eine Vielzahl von Vorträgen und die daraus entstandenen publizierten Ausarbeitungen aktive und bekannte Persönlichkeit, die nicht nur die grundlegenden Konzeptionen der Idee der sozialen Dreigliederung und der „Philosophie der Freiheit‟ in ethisch-kultursoziologischer Richtung weitergeführt hat, sondern die gerade dadurch die Entwicklung der Sozialwissenschaftlichen Sektion am Goetheanum über ein halbes Jahrhundert hinweg kontinuierlich mitgestaltet hat.
01.01.1939 - 31.12.1939: Amerikanische Philosophie
24.09.1939 - 01.10.1939: Michaelitagung am Goetheanum
26.09.1943 - 03.10.1943: Michaelitagung am Goetheanum "Anthroposophie als Forderung der Zeit"
01.01.1945 - 31.12.1945: Die Arbeit des Goetheanums im Krieg
01.01.1945 - 31.12.1945: Bücher von H.P. Spring
01.01.1947 - 31.12.1947: Über die anthroposophische Arbeit in Amerika
01.09.1948: Wintersemester 1948 in Dornach
01.01.1950 - 31.12.1950: Nachrichtenblatt
06.08.1950 - 12.08.1950: Arbeitstage von Pädagogen, Medizinern und Philosophen
30.10.1950 - 05.11.1950: Studienwoche am Goetheanum
29.07.1951 - 04.08.1951: Sommertagung
13.08.1951 - 19.08.1951: Ergänzung zur Sommertagung
01.01.1952 - 31.12.1952: Das Prinzip der Freiheit in den anthroposophischen Wissenschaften
01.01.1952 - 31.12.1952: Beginn einer sozialwissenschaftlichen Arbeit
01.01.1952 - 31.12.1952: Bedingungen anthroposophisch-sozialwissenschaftlicher Arbeit
03.08.1952 - 08.08.1952: Sommertagung
27.10.1952 - 15.12.1952: Sozialwissenschaftliche Arbeit
01.01.1953 - 31.12.1953: Über das "Darmstädter Gespräch"
01.01.1953 - 31.12.1953: Vortrag über Sozialwissenschaft
01.01.1953 - 31.12.1953: Hugo Reimann in Schweden
01.01.1953 - 31.12.1953: H. Reimann in London
29.03.1953: Anthroposophisch-sozialwissenschaftliche Arbeit
26.04.1953: Begründung einer Arbeitsgruppe für Sozialwissenschaft
22.07.1953 - 16.08.1953: Sommertagung Gesamtaufführung der vier Mysteriendramen
23.07.1953 - 30.07.1953: Veranstaltung der Arbeitsgruppe für Sozialwissenschaft
09.08.1953 - 16.08.1953: Sommertagung und 2. Gesamtaufführung der Mysteriendramen
17.04.1954 - 19.04.1954: Generalversammlung
20.07.1954 - 26.07.1954: Sozialwissenschaftliche Arbeitstage
03.08.1954 - 15.08.1954: Lectures for English speaking visitors, public conference
01.01.1955 - 31.12.1955: Arbeitsgruppe für Sozialwissenschaft am Goetheanum
19.07.1955 - 24.07.1955: Sozialwissenschaftliche Arbeitstage
06.08.1955 - 14.08.1955: Lectures for English speaking visitors
26.03.1956 - 27.03.1956: Zusammenkunft und Aussprache
18.07.1956 - 24.07.1956: Sozialwissenschaftliche Arbeitstage
10.08.1956 - 13.08.1956: Veranstaltung für philosophisch Interessierte
16.09.1956: Mitgliederversammlung
29.09.1956 - 07.10.1956: Michaeli-Tagung
13.10.1956 - 14.10.1956: Jahresversammlung des Arbeitszentrums München
01.01.1957 - 31.12.1957: Vortrag von Hugo Reimann
01.01.1957 - 31.12.1957: Bildung des Hochschulkollegiums am Goetheanum
09.06.1957: Bildung des Hochschulkollegiums am Goetheanum
20.07.1957 - 27.07.1957: Sozialwissenschaftliche Arbeitstage
01.01.1958 - 31.12.1958: 12. Internationaler Kongreß für Philosophie
01.01.1959 - 31.12.1959: Elemente einer Neubestimmung des Geldes
18.05.1959 - 23.05.1959: Hochschulkurs Die Philosophie der Gegenwart und der Weg zur Geisterkenntnis
01.08.1959 - 14.08.1959: English Weeks
07.08.1960 - 15.08.1960: Sommertagung, 2. Zyklus
15.07.1961 - 21.07.1961: Arbeitswoche der Sozialpartner in freiheitlicher Ordnung
22.07.1961 - 05.08.1961: Summer Conferences for English Speaking Visitors
04.11.1962 - 10.11.1962: Hochschulkurs "Zeitprobleme im Lichte der Anthroposophie"
04.06.1963 - 08.06.1963: Philosophische Arbeitswoche
01.01.1964 - 31.12.1964: XIII. Internationaler Philosophenkongreß
01.01.1964 - 31.12.1964: 4. Ost-West-Philosophenkongreß
01.01.1965 - 31.12.1965: Führungsgremien innerhalb der AAG
20.09.1965 - 03.10.1965: Settimana Italiana
04.10.1965 - 10.10.1965: Hochschulwoche
03.04.1966 - 11.04.1966: Ostertagung Der Herr des Schicksals im Lebenslauf des Menschen
24.06.1966 - 26.06.1966: Interne Arbeitstage
08.08.1966 - 11.08.1966: Anthroposophie und philosophische Anthropologie
03.10.1966: Hochschulwoche Beiträge zur Weltlage
21.08.1967 - 23.08.1967: Vorträge und Seminare Anthroposophie und philosophische Anthropologie
01.01.1968 - 31.12.1968: Abhandlungen zur Philosophie und Psychologie
13.04.1968: Generalversammlung
28.06.1968 - 30.06.1968: Arbeitstage für die Erneuerung des Strafvollzugs
16.08.1968 - 18.08.1968: Vorträge und Seminare Anthroposophie und Religionsphilosophie
01.01.1969 - 31.12.1969: XIV. Internationaler Kongreß für Philosophie in Wien
15.08.1969 - 17.08.1969: Vorträge und Seminare Innere Geschichte der Existenzphilosophie
17.08.1970 - 19.08.1970: Vorträge und Seminare
06.08.1972 - 08.08.1972: Arbeitstage "Rudolf Steiner und der Goetheanismus"
01.01.1973 - 31.12.1973: XV. Weltkongress für Philosophie
06.04.1973 - 08.04.1973: Fortbildungstage zur Erneuerung des Strafvollzugs
12.08.1973 - 13.08.1973: Vorträge und Seminare "Die Rätsel der Philosophie in der Gegenwart"
01.01.1974 - 31.12.1974: XV. Weltkongreß für Philosophie
29.03.1974 - 31.03.1974: Fortbildungstage zur Erneuerung des Strafvollzugs
19.08.1974 - 20.08.1974: Vorträge und Seminare "Die Wirklichkeit des Ich"
01.01.1975 - 31.12.1975: Arbeitsgruppe für Philosophie und Psychologie
01.04.1975 - 02.04.1975: Wochenendtagung "Abstaktion und Imagination"
01.01.1976 - 31.12.1976: Über den Umgang mit Straftätern
01.01.1977 - 31.12.1977: Menschenrechte
03.06.1977 - 05.06.1977: Veranstaltung "Zukunftsaspekte der Philosophie in anthroposophischer Sicht"
02.06.1978 - 04.06.1978: Veranstaltung "Realismus und Nominalismus in der Philosophie heute"
29.11.1980 - 30.11.1980: Wochenend-Seminar über das Geldwesen
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