Pietzner, Carlo
Heilpädagoge, Maler.
*26.01.1915, Wien (damals Österreich-Ungarn)
✟17.04.1986, Copake, NY (USA)
(anderes Geburtsjahr: 1905)
Die wesentlichen Motive im Leben von Carlo Pietzner erscheinen wie ein Fünfstern: Kunst - Anthroposophie - Camphill - neue Formen sozialen Lebens - junge Menschen. Er verband die innere Disziplin der Anthroposophie mit der Hingabe an ihren lebendigen Ausdruck im Zwischenmenschlichen, mit Kreativität und Mut in der sozialen Organisation; er wirkte aus einem Sinn für das Schöne, für die Wunder des irdischen Lebens, in immer erneuter Wertschätzung für das Zukünftige.
Carlo wurde im Ersten Weltkrieg mitten im Herzen Europas, in Wien geboren, sein Lebensweg führte ihn Anfang der vierziger Jahre nach Nordwesten, nach Schottland, dann nach Irland und schließlich Anfang der 60er-Jahre nach Nordamerika.
Seine Jugendjahre waren geprägt von der turbulenten Zeit zwischen den beiden Weltkriegen in Mitteleuropa, in der er bedeutenden Persönlichkeiten wie Robert Musil oder Oskar Kokoschka begegnen konnte. Schon früh entschied sich Carlo für die Unabhängigkeit von seiner Familie. Seine ihm zugeneigte Schwester übernahm später das Wiener Fotoatelier der Familie. Carlo studierte an der Kunstgewerbeschule in Wien und erwarb sich dort ein großes Spektrum künstlerischer Ausdrucksmöglichkeiten, die ein zentrales Merkmal seines Lebens blieben.
Er schloss sich durch Peter Roth der Jugendgruppe um Karl König in Wien an, deren letztes Treffen am 11. März 1938 stattfand - im Norden Schottlands sollte sie sich wieder zusammenfinden und Camphill entstand. Carlo kam 1941 nach Camphill, nach einer kurzen Internierung in Kanada. Er wurde Leiter der Heathcot School mit etwa 50 schwerbehinderten Menschen und begann schon damals mit seiner Pionierarbeit in der Farb-Licht-Therapie, die er später mit Edmund Pracht weiterentwickelte.
1954 wurde er gebeten, die Camphill-Arbeit in Glencraig, Nordirland, aufzubauen. Dort begann er eine intensivere Vortragstätigkeit, arbeitete zugleich am Aufbau einer die wachsende Zahl der Camphill-Initiativen umfassenden Organisation, des Camphill-Village-Trust, und war Herausgeber des Social Correspondence Magazine.
Später wurde er noch einmal gebeten, den Weg nach Westen weiter zu gehen, und er zog 1961 mit seiner Familie und einer kleinen Gruppe von Mitarbeitern in die Vereinigten Staaten, um die Camphill-Bewegung in Nordamerika mit dem Camphill-Dorf Copake, NY, zu begründen. 1963 wurde Camphill Beaver Run, PA, gegründet und Carlo widmete sich dem Aufbau dieser Gemeinschaften, seiner künstlerischen Arbeit und der Camphill-internen sowie öffentlichen Vortragstätigkeit.
Durch die Geschichte der anthroposophischen Bewegung - Karl König war im Zuge der Auseinandersetzungen Mitte der 30er-Jahre aus der Anthroposophischen Gesellschaft ausgeschlossen worden - hatte Camphill zunächst kaum Verbindung zur Anthroposophischen Gesellschaft und zum Goetheanum. Carlo spielte eine zentrale Rolle in der Verbesserung dieses Verhältnisses, sowohl in den USA wie international. Er arbeitete in den 60er-Jahren und von 1981-83 im Vorstand der Anthroposophischen Gesellschaft der USA. Er unterstützte aktiv die Gründung der Konferenz für Heilpädagogik und Sozialtherapie im Rahmen der Medizinischen Sektion am Goetheanum 1979, in der unterschiedliche Richtungen anthroposophischer Lebens- und Arbeitsformen um den behinderten Menschen ihr Zusammenwirken aufnahmen. Sein über viele Jahre währendes Engagement als Lektor der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft bildete ein zentrales Element seiner anthroposophischen Arbeit und Leitungsaufgaben.
Nach anfänglichen Bemühungen in den 70er-Jahren gelang es ihm zunehmend, seine sozialen und künstlerischen Kompetenzen in einer intensiven Aus- und Weiterbildungsarbeit für Camphill-Mitarbeiter zu vertiefen. Seine künstlerische Arbeit prägt das kulturelle Leben der Gemeinschaften bis heute - in Amerika, Deutschland und der Schweiz, in Skandinavien und anderen Ländern werden seine Theaterstücke, Gedichte und Texte, seine Bilder und Skizzen oder die farbigen Glasarbeiten für Camphill-Säle geschätzt.
Seine vielfältigen Tätigkeiten in der wachsenden Camphill-Bewegung führten 1983 zur Gründung der Camphill Association of North America, der er bis zu seinem Tod im Jahre 1986 vorstand.
Die freiwillige und bewusste Verwandlung seiner Begabung und Berufung zum Künstler in die Schaffung neuer Therapien und sozial-ästhetischer Bauformen innerhalb der Camphill-Bewegung wurde von vielen seiner Weggenossen als innere Erweiterung und Reifungsprozess wahrgenommen.
In seinen letzten Lebensjahren wurde vor allem sein Rat für die innovative Gestaltung des sozialen Lebens in Camphill-Gemeinschaften gesucht. Er ging darauf ein, in Vorträgen und unzähligen Gesprächen über anthroposophische Themen, über das Leben mit dem Jahreslauf und seinen Festen und über die innere spirituelle Entwicklung. Carlo hatte einen großen und vielfältigen Kreis von Freunden und Bekannten auf der ganzen Welt - Dorfbewohner, viele Eltern, Mitarbeiter der internationalen anthroposophischen Bewegung und des öffentlichen Lebens. Seine Originalität und das Fehlen jeglichen Hanges zur Dogmatik, wodurch er Menschen Orientierung und Vertrauen in ihre eigene Kraft zu geben vermochte, sind vermutlich nicht zuletzt auf sein strenges Studium der Anthroposophie zurückzuführen.
27.08.1962 - 04.08.1962: Sommertagung
01.01.1963 - 31.12.1963: Entstehung der heilpädagogischen Arbeit in Nordamerika
21.07.1963 - 27.07.1963: Summer Conference
25.07.1964: Anthroposophical Summer School
01.01.1966 - 31.12.1966: Öffentliche Vorträge in New York
10.07.1969 - 15.07.1969: Sommertagung
01.01.1970 - 31.12.1970: "Die Drei"
19.11.1971 - 21.11.1971: Konferenz der Nordamerikanischen Klassenleser
01.01.1979 - 31.12.1979: Rundbrief der Sektion für Kunstwissenschaften
31.05.1979 - 31.05.1979: Auszeichnung für Carlo Pietzner, Camphill Behinderten Arbeit ausgezeichnet
Forschungsstelle Kulturimpuls Biografien Dokumentation kulturimpuls.org