Ekkehart Scheutle

Scheutle, Ekkehart

Pseudonym/Varianten: Frieder Nögge

Clown, Liedermacher.

*21.03.1955, Göppingen (Deutschland)

✟16.10.2001, (Deutschland)

Frieder Nögge war ein erfolgreicher freischaffender poetischer Kabarettist und Liedermacher in der anthroposophischen Bewegung.

Nach der mittleren Reife verließ er die Freie Waldorfschule Engelberg, heuerte kurzzeitig als Matrose auf einem Küstenschiff an und studierte schließlich ab 1972 als jüngster Student an der Hamburger Hochschule für Musik und Theater. Anschließend absolvierte er die Clown- und Artistenschule „Scuola Teatro Dimitri‟ in Tessin (CH). Seit 1977 arbeitete er am Freien Theater im Forum 3 in Stuttgart als Autor, Solist, Regisseur und Schauspieler. Er kreierte ein humorvolles Abendprogramm zu den vier Temperamenten. Mit dieser liebevoll-rührenden Psychologiestudie traf er den Nerv der damals stark expandierenden anthroposophischen Bewegung und wurde zu einer populären, integrierenden Größe. Sein früher Erfolg schien ihn künstlerisch einzuengen und ließ ihn neue Wege suchen. Zugleich kamen ihm Zweifel im Hinblick auf sein Verhältnis zur anthroposophischen Bewegung. (Falck-Ytter)

1983 gründete er das „Studio der Mimen‟ in Schwäbisch Gmünd und das „Ensemble Nögge‟. Die Programme bekamen nun zum Teil intellektuelle Schärfe und Ironie. Verschiedene Versuche, einen passenden Ort zu finden, folgen: 1987 geht er an das Schmitt-Theater an der Reeperbahn/Hamburg. 1990 zog er mit einem zirkusähnlichen Manegentheater „Salti-Nögge‟ durch Deutschland.

Das Unternehmen, bei dem auch seine Frau und die drei Kinder auftraten, war nicht von Dauer. 1995 gründete er, alleine, ohne seine Familie, das Atelier „Theater zum Weiterlachen‟ in einem Gewölbekeller in Backnang bei Stuttgart. Er fand schnell sein breites Publikum und auch öffentliche Unterstützung. Verwandt dem Programm „Ein Clown in vier Temperamenten‟, inszenierte er komödiantisch die zwölf seelischen Ausdrucksformen des Tierkreises. „Nögges Differenzierungsvermögen und Fantasiereichtum schienen bei diesen Charakterisierungen unbegrenzt. Mit den liebegetragenen Innenansichten der Menschenseele berührte Nögge das Innerste vieler Menschenseelen.‟ (Falck-Ytter) 1997 gründete er eine Schule für „Improvisationstheater und Schauspiel‟.

Ab 2000 wird Frieder Nögge zunehmend an seelische Abgründe geführt. Er schreibt: „Ich bin schlicht und einfach müde, vor allem Theater-müde. Ich brauche eine lange Erholung und Abstand zur Bühne. Die letzten Jahre haben mich überfordert. Die Leitung des Theaters entglitt mir. Ich erlebte nur noch Druck, Angst, Schulden und Auftrittszwang, was zu Depressionen führte.‟ (Zitiert nach Falk-Ytter, Brief vom 6. Oktober 2001 an Tilmann Bartzsch)

Am 16. Oktober wählt Frieder Nögge den Freitod. Isolation und Ausgebranntsein nach 20 Jahren unentwegtem, größtenteils solistischem Theaterleben scheinen zur Ausweglosigkeit geworden zu sein. Nina Haun, die mit ihm das Backnanger Theater gründete, hat von ihm gesagt: „Er war wie eine Kerze, die an zwei Enden brennt, er ist permanent über seine Grenzen gegangen, aber wissentlich. Er wollte es so.‟ (Schorndorfer Zeitung, 20. Oktober 2001, Nr. 243) Das Gedicht von Frieder Nögge „Heimweh‟ las man in verschiedenen Nachrufen:

„Ich habe Heimweh nach einem Feuer / Das aus den Sternen kommt und mich verbrennt / Ich find’ bei Frauen nicht und nicht bei Freunden / die Glut der Flamme, die die Welt nicht kennt. / Ist es der Zorn vielleicht eines gerechten Himmels? / Ist es die Liebe, die das All durchdringt? / Ist es im Lachen eines spielenden Kindes? / Ist es die Sonne, die hintern Wald versinkt? / Ich habe Heimweh nach einem Brennen, / das nicht vom Fleisch kommt und nicht vom Blut. / Die Sternenwelt wird zerfließen / zu goldenem Lebenswein. / Werden wir sie genießen / und neue Sterne sein? / Ich habe Heimweh nach dem Feuer / das mich verwandelt, mich verbrennt.‟

Aus: Nögge: Ich singe dieses Lied für euch, Stuttgart 1985.

Wolfgang Held

Quellen Erwähnungen

MaD 1979 Nr. 130, S. 355
MaD 1986 Nr. 158, S. 336
Werke: Ich singe dieses Lied für euch, Stuttgart 1985, ²1986; Frieder Nögge und seine vier Temperamente. Neue Sensübelitäten, Stuttgart 1991; Wehret den Ursachen, Stuttgart 1993; mit Pflug, C.: Nögges Elementartheater, Flensburg 1993; Beitrag in CH.
Literatur: Perantoni, S.: Liederclown Nögge im Goetheanum, in: G 1979, Nr. 18; Weizsäcker-Knörrich, F.: Nöggel-Ei, in: CH 1985, Nr. 10; Seydel, B.: „Clowngenie‟, in: DD 1986, Nr. 2; Spaar, M.: Clown Frieder Nögge, in: G 2001, Nr. 44; Falck-Ytter, H.: Frieder Nögge, in: G 2001, Nr. 47.
Abkürzungen: siehe hier
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