Leopold Müller

Professor, Dr.Ing. Müller, Leopold

Bauingenieur.

*09.01.1908, Salzburg (damals Österreich-Ungarn)

✟01.08.1988, Salzburg (Österreich)

Leopold Müller, Erbauer von Tunneln, Staudämmen und Talsperren, gilt als Begründer der Fels- und Geomechanik.

Leopold Müllers Vater war Pädagoge und Leiter eines Laienorchesters. Als Scheidungskind verbrachte er die Zeit vom 4. bis 9. Lebensjahr bei verschiedenen Stiefeltern. Von seinem elften Lebensjahr an wuchs er allerdings bei seinen Eltern auf. Er absolvierte das Gymnasium in Salzburg und danach ein Bauingenieurstudium, sein Dissertationsthema war die statistische Kluftmessung. An der Musikakademie studierte er Schlagzeug, spielte vertretungsweise bei den Wiener Philharmonikern und half seinem Professor bei der Konstruktion leichterer Pauken.

Als Vorarbeiter und Schachtmeister lernte er das Erdinnere aus unmittelbarer Erfahrung kennen. Als Mitarbeiter bei Tunnel- und Stauwerkbauten, bei Eisenbahn- und Straßenbau arbeitete er sich in die Feinheiten seines Faches ein und stieg schnell zum Bauleiter von Großbaustellen auf. Hans Cloos von der Universität Bonn war sein Lehrer, Förderer und Freund. Als Musikliebhaber, Goetheanist und Paracelsusforscher bewahrte sich Leopold Müller vor Vereinseitigung. Er war Gründungsmitglied der Internationalen Paracelsus-Gesellschaft. Dem Felsen lauschte er durch Beobachtung und Betrachtung der Phänomene seine Gesetze ab und begründete einen eigenen Wissenschaftszweig, die Fels- und Geomechanik sowie die Internationale Gesellschaft für Felsmechanik, an deren Kongressen jährlich gegen tausend Fachleute zusammenkommen. Er wurde Fachberater in vielen Ländern, Honorarprofessor der Universitäten in Karlsruhe, in Lahore in Pakistan und in Salzburg, Ehrenmitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und erhielt ein Ehrendoktorat der Montanistischen Universität von Leoben. Er arbeitete weltweit unter steter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten und mit Zuwendung für die Eigenart der jeweiligen Menschengruppen. Mit anderen entwickelte Leopold Müller eine neue Tunnelbauweise mit dünneren Tunnelwänden und er befasste sich viel mit Bergwasser-Problemen. Mit Hilfe seiner Hinweise und Angaben wurde die Festung Hohensalzburg saniert und vor dem Absturz gerettet und er setzte sich erfolgreich für die Erhaltung der Altstadt Salzburgs ein. Er hielt gerne öffentliche populärwissenschaftliche Vorträge, auch in den Vereinigten Staaten und in China, sprach aber auch öfter im Rahmen der Anthroposophischen Gesellschaft, deren Mitglied er im Februar 1957 in Salzburg wurde. Er half bei der Gründung des Werkschulheims Felbertal, der Freien Waldorfschule Traunstein-Prien und der Rudolf Steiner-Schule Salzburg. An der Öffentlichkeitsarbeit der „Freunde der Waldorfpädagogik‟ nahm er aktiv teil. Wie Leopold Müller in einem Zweigvortrag am Goetheanum betonte, fand er in der Anthroposophie eine Bestätigung seiner Ansichten und tiefen Erlebnisse.

Er ist Autor von zweihundert Veröffentlichungen und Gutachten über Ingenieurgeologie und Geomechanik sowie von klassischen Lehrbüchern über Tunnelbau und Talsperrengründungen.

Er war ein aufgeschlossener Gesprächspartner, unvoreingenommen und behandelte Menschen und Dinge mit Ehrfurcht. Seine mit Liebe durchwobene Weisheit war ergreifend, man konnte durch ihn die Möglichkeit einer Verlebendigung der Ingenieurtätigkeit und der Wissenschaft erleben. Sein Goetheanum-Vortrag, in dem er sein Berufsbild zeichnete, hinterließ einen tiefen Eindruck. Sein Weg war Ziel und schönster Lohn zugleich.

Jan Pohl

Quellen Erwähnungen

N 1989 Nr. 8, S. 38
Werke: Die Welt der Gesteine bei Paracelsus, in: Salzburger Beiträge zur Paracelsusforschung, Nr. 13, Wien 1975; mit anderen: Geotechnische Sanierungsarbeiten auf der Festung Hohensalzburg, in: Mitt. der Ges. f. Salzburger Landeskunde 1979, Nr. 119; Das Schwinden einer Hoffnung, Salzburg 1979; Beiträge in BeH, EdN, EK, G, MaD.
Literatur: Fecker, E. [Hrsg.]: Festschrift Leopold Müller - Salzburg zum 65. Geburtstag, Karlsruhe 1974; Rauthe, W.: Ein Liebhaber der Erde. Der Weg des Ingenieurs Leopold Müller - Salzburg, in: EK 1984, Nr. 12; autobiographisch: Signatura rerum - die Sprache der Dinge, in: Lesen im anthroposophischen Buch, Stuttgart 1987; Bind, R.: Leopold Müller - Salzburg gestorben, in: G 1988, Nr. 33/34; Bitzner, T.: Professor Leopold Müller, in: MiÖ 1989, Nr. 8.
Abkürzungen: siehe hier
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