Bertha Meyer-Jacobs

Meyer-Jacobs, Bertha

Kleinodienkünstlerin.

*04.03.1878, Schöningen bei Braunschweig (Deutschland)

✟08.12.1930, Dornach (Schweiz)

Rudolf Steiner inaugurierte zusammen mit Bertha Meyer-Jacobs als ausführender Künstlerin die so genannte Kleinodienkunst als neuen Impuls für das Schmuckschaffen.

Ihre Kindheit und Jugend verbrachte Bertha Meyer in Sagehorn bei Bremen, wo ihr Vater als Bautechniker und später als Regierungsrat tätig war. Sie studierte Malerei, aber die entscheidende Orientierung erfuhr ihr Leben - so ist überliefert - durch einen Besuch von Richard Wagners „Ring der Nibelungen‟. Sie war davon so beeindruckt, dass sie den Entschluss fasste: Für diese Menschen möchte ich Ringe machen! Sie absolvierte daraufhin eine Lehre bei einem „alten Goldschmiedemeister‟. Es ist nicht bekannt, wann und wo dies geschah und wer ihr Lehrmeister war. Es muss eine tüchtige handwerkliche Ausbildung gewesen sein, die sie später instand setzte, ihre Schmuckstücke handwerklich perfekt auszugestalten. Zusätzlich erlernte sie in Paris die Ziselier- und Treibtechnik. 1912 führte Bertha Meyer dann ein eigenes Goldschmiedeatelier in Bremen.

Zusammen mit ihren Eltern, die Mitglieder der Theosophischen Gesellschaft waren, besuchte sie 1907 den Kongress in München. Von da an besuchte sie theosophische Veranstaltungen - und war Darstellerin an den Aufführungen der Mysteriendramen 1910-13. Besonders die von Rudolf Steiner zu den Dramen gestalteten Siegel erlebte sie intensiv: „Erfüllen wir uns mit den Formen dieser Siegel, so werden sie uns Führer zu den Dramen selbst. Neu erleben wir durch das Siegel den Inhalt des Dramas, zusammengefasst in einem einzigen Bilde.‟ (Meyer-Jacobs 1929, S. 20) Während dieser Zeit, 1911, war sie mit Entwürfen zu einem „Schließer‟ (einer Brosche) beschäftigt. Dabei empfand sie, dass etwas besonders Wertvolles entstehen könnte, wenn aus dem zweiten Dramensiegel heraus ein Schmuckstück gestaltet würde. Als sie Rudolf Steiner deswegen fragte, antwortete er: „Ja, das machen Sie nur, das würde sehr gut gehen, dieses Siegel ist variabel‟. (ebd., S. 29) Damit begann eine intensive Zusammenarbeit. Zwar existieren frühere Schmuckentwürfe Rudolf Steiners, die von verschiedenen, heute nicht mehr bekannten, Goldschmieden ausgeführt wurden. Doch erst in der Zusammenarbeit mit Bertha Meyer entstanden seit 1913 über 60 Entwürfe. Bekannt und von vielen späteren Kleinodienkünstlern oft ausgeführt wurde Rudolf Steiners Entwurf für Eheringe, den er 1917 für Ada und Hans Kühn machte.

Während des Weltkrieges und in den Jahren danach wohnte Bertha Meyer wieder mit ihren Eltern in Sagehorn, wo sie auch arbeitete. Der Austausch mit Rudolf Steiner fand schriftlich statt oder anlässlich seiner Reisen nach Berlin und Norddeutschland. Die Arbeits- und Verdienstmöglichkeiten waren nicht nur während des Krieges, sondern auch danach sehr eingeschränkt. Ein von ihr ersehnter Besuch des ersten Goetheanum scheint nicht möglich gewesen zu sein. Für den eigenen Lebensunterhalt und den ihrer Eltern hielt sie Hühner und Ziegen und arbeitete hauptsächlich abends an den Kleinodien.

Beim Betrachten der von ihr angefertigten Kleinode fällt ihre kraftvolle Art zu arbeiten auf. Bei größter Sensibilität im Umgang mit Edelmetall und Edelsteinen gestaltete sie immer plastisch ausdrucksstark und mit ausgeprägtem Formwillen. Die Treibtechnik, in der alle Schmuckstücke gearbeitet sind, erlaubte eine unerschöpfliche Vielfalt in der Ausführung der oft recht detaillierten Angaben Rudolf Steiners.

1924 war Bertha Meyer Mitglied des Pythagoras-Zweiges in Hamburg. Wahrscheinlich steht der Umzug nach Hamburg im Zusammenhang mit ihrer Verheiratung mit Lorenz Jacobs (1878-1969), einem Witwer mit zwei Töchtern.

Ostern 1927 fand am Goetheanum eine Kunsttagung mit Ausstellung statt. Viele der von Bertha Meyer nach Entwürfen von Rudolf Steiner angefertigten Schmuckstücke wurden von den Besitzern zur Verfügung gestellt und damit trat die neue Kleinodienkunst zum ersten Mal an die Öffentlichkeit. An der Tagung hielt sie zwei Vorträge. Im ersten sprach sie über die Siegel zu den Mysteriendramen, die sie in den entsprechenden Metallen gearbeitet hatte. Im zweiten erläuterte sie einige der ausgestellten Schmuckstücke und stellte dar, was Rudolf Steiner jeweils zu den Entwürfen ausgeführt habe. Ebenfalls 1927 erschien in der Wochenschrift „Das Goetheanum‟ ein Artikel von ihr über „Zwölf Edelsteine‟. Sie geht darin von den Wochensprüchen des „Seelenkalenders‟ aus und ordnet die Edelsteine aufgrund ihrer Erfahrung den einzelnen Monaten zu.

Wohl um diese Zeit wurde sie von Marie Steiner gefragt, ob sie sich zutraue, in einer Schule die von Rudolf Steiner inaugurierte Kunstrichtung zu unterrichten. Sie sagte zu und so erweiterte sich die geplante Ausbildungsstätte für Eurythmie und Sprachgestaltung zur „Rudolf Steiner-Schule für Eurythmie, für Sprachgestaltung und Kleinodienkunst‟ am Lindenplatz 31/33 in Hamburg. Im Oktober 1927 begann der Unterricht der auf fünf Semester angelegten Ausbildung, die auf den Entwürfen Rudolf Steiners aufbaute. „Diese sind in den Lehrgang so eingeordnet, dass ihre Ausführung den Schüler sinnvoll einführt in die Technik und ihn künstlerisch hineinwachsen lässt in geisterfüllte Formen‟ heißt es in einem Schulprospekt. Es wurde also nicht erst das Handwerk erlernt, um anschließend künstlerisch zu arbeiten, sondern das Handwerkliche wurde unmittelbar an den Entwurfsformen erlernt.

1929 erscheint die kleine Schrift „Kleinodienkunst nach Hinweisen und Entwürfen von Rudolf Steiner, mitgeteilt und ausgearbeitet durch Bertha Meyer-Jacobs - 1. Dramensiegel‟. Eine Fortsetzung der Veröffentlichung war geplant, sowohl über die Ausarbeitung der Planetensiegel und wohl auch über die Schmuckentwürfe. Dazu kam es nicht mehr.

1930 zog die Hamburger Kleinodienschule nach Dornach in das von Hermann Ranzenberger erbaute Haus am Hügelweg. Marie Steiner wollte Berta Meyer-Jacobs unterstützen und „die Schule in den Mittelpunkt unseres künstlerischen Wirkens, ans Goetheanum‟ bringen. (Steiner, M. 1930) Wenige Monate nach dem Umzug, am 8. Dezember 1930, starb Bertha Meyer-Jacobs an den Folgen einer Operation, erst 52-jährig. Ihre Schüler führten Ausbildung und Arbeit u. a. in Dornach, Stuttgart und Holland fort.

Alfred Frischknecht

Quellen Erwähnungen

N 1927 S. 35, 56, 147
N 1928 S. 36, 46, 144
N 1930 S. 63, 67, 147, 164, 179, 192
N 1931 S. 56, 180
N 1932 S. 83
N 1938 S. 204
N 1943 S. 60
N 1957 S. 65
N 1966 S. 140
DD 1964 Nr. 1 Hella Krause-Zimmer
Sam, M.M.: Eurythmie. Dornach 2014, S. 254, 308, 334

Info

Verbachte ihre Kindheit und Jugend in Bremen. Studierte Malerei und
Goldschmiedekunst u.a. in Paris. Anthroposophion seit 1907. Manche ihrer
" arbeiten wurden von R. Steiner angeregt. Heiratete 1924 und
zog nach Hamburg. Eröffnete dort auf Anregung Marie Steiners 1926 eine
Eurythmie-, Sprachgestaltungs- und Kleinodienkunstschule. Unterlagen im
Archiv der Nachlaßverwaltung
Werke: Kleinodienkunst nach Hinweisen und Entwürfen von Rudolf Steiner,
Dornach 1929; Übersetzung ins Englische erschienen, Beiträge in G, Stl.
Literatur: Frau Bertha Meyer-Jacobs, in: N 1930, Nr. 50; Steiner, M.: In
memoriam Bertha Meyer-Jacobs, in: N 1930, Nr. 51, auch in: Stl 1981/82, Nr.
3; Picht, C. S.: Kleinodienkunst, in: A 1930, Nr. 7; Steffen, A.: Bertha
Meyer-Jacobs. Gedenkworte bei der Kremation, in: Steffen, A.:
Geistesschulung und Gemeinschaftsbildung, Dornach 1974, auch in: Stl
1981/82; Nr. 3; [Oberhuber, W.]: Kurze biografische Notiz, in: Stl 1981/82,
Nr. 3; Schachenmann-Teichert, J.: Zur Einführung in: Steiner, R.:
Kleinodienkunst, Dornach 1984; Schöffler 1987; Bruhn, H.: Kleinodienkunst.
Bertha Meyer-Jacobs, Dornach 1996.
Abkürzungen: siehe hier
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