Kurt Magerstädt

Dr. med. Magerstädt, Kurt

Arzt.

*11.04.1899, Niedertopfstedt/Thüringen (Deutschland)

✟21.08.1964, München (Deutschland)

Kennzeichnend für Kurt Magerstädt sind sein Idealismus und seine Entschiedenheit. Während der Bombenangriffe auf Dresden fuhr er unter den Fliegern durch die Stadt, um Verletzte zu bergen und die Brandwunden in Wannen mit selbst hergestelltem Combudoron zu behandeln. Sein Einsatz brachte ihm den Beinamen „der Engel von Dresden‟ ein. Er rettete eine Jüdin vor der Deportation, und einen SS-Offizier, der in seiner Praxis mit Taten im KZ prahlte, setzte er unbehandelt vor die Tür. In der DDR lehnte er jede Spitzeltätigkeit ab. Seine Patienten liebten ihn wegen seines Mutes. In diesem Sinne gehörte er mit ganzem Herzen zum Kreise der „Jungmediziner‟.

Kurt Wilhelm Magerstädt wurde am 11. April 1899 in Thüringen als Sohn eines Schuldirektors geboren, die Mutter entstammte einer Bauernfamilie. Schon in seiner Jugend interessierte er sich für Heilpflanzen, angeregt durch den Großvater mütterlicherseits. Als junger Mensch war er Wandervogelführer in Gotha und wanderte zu Fuß durch Mitteleuropa; im Ersten Weltkrieg diente er als Morsetechniker bei der Marine. Sein Medizinstudium absolvierte Kurt Magerstädt in Jena, Tübingen, München und zuletzt Rostock, wo er seine Dissertation zum Thema Irisdiagnostik schrieb.

Schon länger hatte ihn, der früh spirituelle Erfahrungen hatte, die Frage nach der Existenz einer geistigen Welt und des Grundes des menschlichen Daseins beschäftigt, als er in Tübingen mehr zufällig einen Vortrag von Emil Bock über die zwei Jesusknaben hörte. Entscheidend war etwas später die Begegnung mit Heinrich Hardt in Rostock, der ihm die Grundzüge der Anthroposophie erklärte. Mit ihm nahm er an der Weihnachtstagung 1923/24 und dem ersten Jungmediziner-Kurs teil (GA 316); später folgten der zweite Jungmediziner-Kurs (GA 316), der Dramatische Kurs (GA 282) und der Pastoralmedizinische Kurs (GA 318).

Zu Beginn seiner medizinischen Tätigkeit arbeitete Kurt Magerstädt kurzzeitig in der Bäderabteilung einer Naturheilklinik in Jena. 1924 hatte er teil an der Gründung des heilpädagogischen Instituts Lauenstein, dort kam es zu einem persönlichen Gespräch mit Rudolf Steiner. Thema war unter anderem die Wärmeanwendung in der Heilmittelherstellung und die Vermeidung von Alkohol, woraus sich später eine Beziehung und ein Gedankenaustausch mit Rudolf Hauschka entwickelte.

Nach einem Jahr als Assistent bei Ita Wegman in Arlesheim ging er zurück nach Jena, baute eine Praxis auf und arbeitete mit an den Vorbereitungen zur Gründung einer Waldorfschule. Er heiratete Irmgard Giese, 1932 wurde ein Sohn geboren. Nachdem das Schulprojekt nicht zustande kam, zogen sie 1931 nach Dresden und neben seiner Praxistätigkeit wirkte er als Schularzt an der 1929 von Elisabeth Klein gegründeten Waldorfschule mit; er hatte sich bei Eugen Kolisko darauf vorbereitet. Die Waldorfschule, eine lebendige Gemeinde der Christengemeinschaft und das große landwirtschaftliche Umfeld mit biologisch-dynamischem Anbau zogen viele Anthroposophen nach Dresden. Seine Praxis fand regen Zulauf. In Zusammenarbeit mit Carl Schnabel wurden Äskusalbäder eingerichtet - Äskusin und die Rosskastanie waren auch Gegenstand des Gespräches mit Rudolf Steiner gewesen.

Kurt Magerstädt unternahm mit Freunden und Kollegen regelmäßig Exkursionen in die Umgebung zum Botanisieren, um auf jedem Boden die richtigen Heilmittel zu finden. So gab es auf seine Anregung bei der Weleda zehn eigene Präparate für das Urgestein in Dresden wie z. B. Stannum comp. und Kalium phos. comp. Bei der Heilmittelfindung half ihm seine geistige Erfahrung, durch die er die Aura der Menschen erahnen konnte.

Im Zweiten Weltkrieg wurde er wegen vermeintlichem Rheuma nach einem halben Jahr als Gefreiter vorzeitig dienstbefreit. So konnte er auch während des Krieges weiter ärztlich tätig sein, was ihm wegen seiner Zugehörigkeit zu einer internationalen Vereinigung - der Anthroposophischen Gesellschaft - bei der Wehrmacht nicht erlaubt gewesen war.

Nach Ende des Zweiten Weltkrieges kehrte er nach Dresden zurück; kaum angekommen begann er die Praxis in seinem Privathaus, die ursprünglichen Räume waren zerstört. Durch seine Mithilfe konnte 1945 die Waldorfschule wieder eröffnet werden, bis zu ihrem endgültigen Verbot 1949 durch das DDR-Regime war Kurt Magerstädt erneut als Schularzt tätig.

Es folgte eine schwere, entbehrungsreiche Zeit. 1947 starb seine Ehefrau mit nur 39 Jahren an Tuberkulose. Er hatte ein enormes Arbeitspensum zu bewältigen, die Praxis hatte mit 3000 Patienten im Quartal ungeheuren Zulauf trotz politischer Schwierigkeiten: Die Medikamente der Wala und Weleda mussten über die „Zonen-Grenze‟ geschmuggelt und weiterpotenziert werden, regelmäßig wurde das Telefon überwacht. Zur Seite stand ihm nur die treue Helferin Elisabeth Müller. Die Abende waren ausgefüllt mit anthroposophischer Arbeit bis spät in die Nacht. In den letzten Jahren fanden die Arbeitskreise in seinem Privathaus statt, Kurt Magerstädt trug dabei den weißen Arztkittel, um notfalls eine späte Konsultation vorgeben zu können.

1956 zeigten sich die Folgen der Überanstrengung: Er erkrankte schwer mit beidseitiger Lungenentzündung, Herzinfarkt und Diabetes mellitus. Als Folge der zwangsläufigen Pause konnte Kurt Magerstädt 1957 legal in den Westen übersiedeln. Er arbeitete in Schloss Hamborn bei Paderborn, gab Ärztekurse, vertrat im Paracelsus-Krankenhaus in Unterlengenhardt und in der Arlesheimer Klinik. Schließlich gründete er 1958 in München eine neue Praxis, in der er bis zu seinem Tod 1964 intensiv arbeitete. Daneben bildete er den Mittelpunkt eines Ärztekreises, besuchte Tagungen und hielt Vorträge. In den letzten Jahren nahm er regelmäßig an den Treffen der anthroposophischen Ärzte auf der Comburg teil und brachte dort viele Beiträge, oft Fallberichte und Heilmitteldarstellungen. Durch seine cholerische Natur waren seine Vorträge von starker Gestikulation begleitet - es sprach der ganze Mensch. Es lag ihm vor allem daran, den Jüngeren sein Wissen und seine Erfahrungen weiterzugeben.

Er starb am 21. August 1964 infolge einer Blutung aufgrund einer Leberzirrhose. An seinem Todestag donnerte und blitzte es, dicke Hagelkörner zerschlugen Schaufenster in der Innenstadt Münchens. Seine Asche ruht auf der La Motta in Brissago (Tessin) neben der von Ita Wegman.

Patricia Magerstädt

Quellen Erwähnungen

N 1930 S. 6, 178
N 1931 S. 96, 152, 174
N 1948 S. 99
N 1950 S. 41
N 1964 S. 208
N 1970 S. 51
MaD 1948 Nr. 4, S. 19
MaD 1955 Nr. 32, S. 94
Werke: Einer von den Jungmedizinern, in: Wir erlebten Rudolf Steiner, Stuttgart 1956; Beiträge in Sammelwerken; Übersetzung ins Englische erschienen; Beiträge in ÄR, BeH, Na.
Literatur: Giesler, E.: Kurt Magerstädt, in: MaD 1964, Nr. 70, auch in: Selg, P. [Hrsg.]: Anthroposophische Ärzte, Dornach 2000; Wedepohl, W.: Kurt Magerstädt, in: BeH 1964, Nr. 6; Poeppig, F.: Der Heiler und Menschenfreund Dr. Kurt Magerstädt, in: BfA 1964, Nr. 10; Hardt, H.: Erinnerungen an Kurt Magerstädt, in: N 1965, Nr. 3; Hagemann, E.: Bibliographie der Arbeiten der Schüler Dr. Steiners, o. O. 1970; Schöffler 1987.
Abkürzungen: siehe hier
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