Hellmut Bartsch

Bartsch, Hellmut

Landwirt, Landwirtschaftsberater.

*05.05.1898, Breslau (damals Deutschland)

✟30.03.1982, Bad Saarow (Deutschland)

Als jüngster Sohn von Rektor Moritz Bartsch trug er viel zur biologisch-dynamischen Landwirtschaftsentwicklung bei. Er nahm mit 26 Jahren als Wächter und Ordner am Landwirtschaftlichen Kurs (GA 327) von Rudolf Steiner teil.

Hellmut, dessen Mutter Selma von bäuerlicher Abstammung war, studierte nach einer Landwirtschaftslehre an der Friedrich Wilhelm-Universität in Breslau einige Semester Agrarwissenschaft. Er war Mitglied des vorbereitenden Kreises des Koberwitzer Kurses. Nach 1924 arbeitete er als Landwirt auf einem der Güter der Familienfirma Rath, Schoeller und Skene. Er war eines der ersten Mitglieder des landwirtschaftlichen Versuchsringes und leitete die Bewirtschaftung des Gutes Grosen im Kreis Wohlau. Dann übernahm er die Auskunftsstelle Steißlingen und betreute biologisch-dynamische Höfe des Bodenseegebietes. Einige Jahre später übersiedelte er auf Wunsch von Pfarrer Kalbe als Berater nach Wormstedt/Apolda-Land in Thüringen. Er war einer der besten Fachleute der Bewegung und der erfolgreichste biologisch-dynamische Berater. Er war verheiratet, seine Frau starb vor 1945 in Thüringen. 1945 verbrachte er auf dem Gut Marienhöhe bei Bad Saarow, wo er auch blieb.

Hellmut Bartsch war 58 Jahre alt, als ich Anfang Dezember 1956, von seinem Bruder Erhard in Österreich vorbereitet, zur Marienhöhe (damals DDR) kam, dem ursprünglichen Musterbetrieb der biologisch-dynamischen Wirtschaftsweise in der Mark. Unter den vielen neuen Eindrücken erlebte ich Hellmut Bartsch als einen „Stillen im Lande‟. In der Vorbereitung des jährlich aufgeführten Oberuferer Christgeburtspiels, wozu ich sofort einbezogen wurde - Hellmut Bartsch spielte den Joseph -, ging mir spontan sein menschlich warmherziges Wesen auf.

Jederzeit durfte man mit Fragen zu ihm kommen, auf die er immer freilassend zu antworten wusste. Sein harmonisches Wesen trug viel zu der allmählich sich entwickelnden Hofgemeinschaft bei, die zunächst nach Kriegsende über viele Jahre ältere Ostflüchtlinge aufgenommen hatte. Durch sein Engagement konnte es gelingen, den jährlich steigenden Pflichtablieferungsforderungen an den Staat zu genügen, und wir konnten auf Marienhöhe die biologisch-dynamische Wirtschaftsweise, von außen unangetastet, wenn auch nur sehr notdürftig, durchhalten. Regelmäßige abendliche geistige Arbeit zusammen mit Hellmut Bartsch gab uns immer wieder Kraft und Mut für die „Aufgabe Marienhöhe‟.

Frau Hemma Bartsch, österreichische Ehefrau von Erhard Bartsch, hatte als Doppelstaatsbürgerin Reisemöglichkeiten nach Österreich und machte Behördengänge, bei denen sie mehrmals den Fortbestand der Marienhöhe retten konnte.

Hellmut Bartsch hat durch seine beratende Vortragstätigkeit im Rahmen der Christengemeinschaft viele, zuletzt an die vierhundert Kleingartenbesitzer mit der biologisch-dynamischen Wirtschaftsweise bekannt machen können und diese mit Präparaten versorgt.

Heiligen Zorn bei Hellmut Bartsch erlebten wir, als es darum ging, Kunstdüngung bei Fruchtbarkeitsproblemen zur Sanierung von biologisch-dynamischen Böden und Kulturen, von Hans Heinze positiv beurteilt, in Dänemark zuzulassen. Er war zutiefst überzeugt, dass bei Notfällen in Kulturen mehrmalige Anwendung der geeigneten Präparate, in kurzer Zeitfolge gegeben, Probleme ausgleichen und überwinden können, was sich in seiner Praxis als Berater wiederholt bestätigt hatte und uns auf Marienhöhe auf den Feldern und im Mustergarten gute Erfolge ermöglichte.

1963 wurde Hellmut Bartsch Rentner und damit auch „reisewürdig‟ für den Westen. Von dieser Zeit an pflegte er Verbindungen und brachte Nachrichten. Dadurch wurden auch materielle Hilfen aus Westdeutschland möglich, allernötigste Reparaturen an Gebäuden und elektrischen Einrichtungen konnten ausgeführt werden. Die unterbezahlten, jährlich erhöhten Sollablieferungen bis 1965 hatten die notwendigsten Anschaffungen und Reparaturen unmöglich gemacht.

In der Nacht zum 30. März 1982 überschritt Hellmut Bartsch die Schwelle zur geistigen Welt, er war krank von einer Vortragsreise zurückgekommen. Seine Grabstelle befindet sich neben seinem Vater und seiner Mutter auf dem Saarower Waldfriedhof.

Heinz-Hellmuth Hoppe

Quellen Erwähnungen

N 1930 S. 12
N 1931 S. 12, 208
N 1932 S. 7, 211f
N 1933 S. 48
N 1934 S. 210
Werke: Rudolf Steiners landwirtschaftlicher Impuls und seine Entfaltung 1924 bis 1945, o. O. 1974; Erinnerungen eines Landwirts, Stuttgart [1978]; Betrachtungen zu Rudolf Steiners landwirtschaftlichem Impuls, Berlin 1982; Beiträge in Sammelwerken, in D, LE und MdV.
Literatur: Jungclaussen, W.: Hellmut Bartsch, in: MaD 1982, Nr. 141; Keyserlingk, A. v.: Nachruf für Hellmut Bartsch, in: N 1982, Nr. 32; Wistinghausen, A. v.: Hellmut Bartsch, Ludwig, P.: Hellmut Bartsch, in: LE 1982, Nr. 3; Schöffler 1987; Koepf, H. u. Plato, B. v.: Die biologisch-dynamische Wirtschaftsweise im 20. Jahrhundert, Dornach 2001.
Abkürzungen: siehe hier
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