Arnold Henny

M.O. Henny, Arnold Cornelis

Waldorflehrer, Redakteur.

*18.02.1906, Batavia heute Djakarta (damals Niederändisch-Indien)

✟06.11.1994, Den Haag (Niederlande)

Arnold Henny war Lehrer, Künstler, begabt mit einem ungewöhnlichen Gedächtnis. Ein feinsinniger, ungewöhnlich gebildeter Mensch, geboren im fernen Indonesien, herangewachsen in einer alten, wohlhabenden Familie. Durch eine Freundin seiner Mutter stieß er 17-jährig auf die Anthroposophie, die von diesem Moment an ein immer stärker werdender Leitfaden in seinem Leben wurde. Durch seine Ehe mit Paula van Suchtelen, die mit ihm 1930 das Kamp de Stakenburg besuchte und bald danach Anthroposophin wurde, entstand eine fruchtbare Lebensgemeinschaft während mehr als 60 Jahren.

Er wurde am 18. Februar 1906 in Batavia (heute Djakarta) geboren. Dieses Geburtsschicksal teilte er mit vielen anderen, später führenden Persönlichkeiten der niederländischen anthroposophischen Bewegung, wie z.B. Ita Wegman, Bernard Lievegoed, Daniel van Bemmelen, Max Stibbe, Kees van Benthem, Albert Soesman, Jan van Wettum oder Ate Koopmans. Sie alle mussten bei der Rückkehr nach Holland aus dem schönen, tropischen Traume einer wunderbaren Landschaft mit uralten Kulturen und feudalen Gesellschaftsstrukturen erwachen. Im dritten Lebensjahr (1909) kehrte Arnold Henny mit seinen Eltern nach Holland zurück. Nach dem Abitur in Den Haag studierte er an der Universität Leiden Jura, später auch Geschichte.

Sein Vater war Direktor einer Versicherungsgesellschaft, seine Mutter interessierte sich schon damals für Anthroposophie und die Christengemeinschaft. Durch eine ältere Nichte - Lien Pot - stieß er auf die Anthroposophie, tauchte begeistert in diese für ihn neue Geisteswelt hinein und „verschlang‟ auch den ganzen Faust von Goethe. Diesen ersten Impuls nahm er mit in sein Studentenleben. So lud er Willem Zeylmans van Emmichoven und Friedrich Rittelmeyer zu Vorträgen für Studenten ein. Dort begegnete er Paula van Suchtelen, die Medizin studierte. Bald danach heirateten sie und beide wurden Mitglieder der Anthroposophischen Gesellschaft.

Die Familie - bald wurden drei Kinder geboren, das vierte kam am Ende des Zweiten Weltkrieges - siedelte sich in Den Haag an. Arnold Henny hatte inzwischen zwei Jahre das Lehrerseminar in Stuttgart absolviert, wo er Persönlichkeiten wie Eugen Kolisko, Caroline von Heydebrand, Ernst Lehrs, Walter Johannes Stein oder Herbert Hahn kennen lernte. Stein gab ihm den entscheidenden Impuls, nach dem Jurastudium auch noch Geschichte zu studieren und den Lehrerberuf zu wählen.

Einerseits versuchte Arnold Henny seine ersten Schritte als Lehrer an der Vrije School im Haag, mit mäßigem Erfolg. Andererseits musste er sein Geld als Beamter im Außenministerium verdienen. Damit zeichnete sich ein roter Faden seines Lebens ab: Zweispurigkeit - mit einem Bein in der traditionellen Welt, mit dem anderen in der Anthroposophie.

Seine Frau arbeitete als Ärztin im „Zonnehuis‟ in Zeist bei Bernard Lievegoed, danach in Den Haag in der Rudolf Steiner- Klinik bei Willem Zeylmans und daneben noch als Schulärztin der Vrije School.

Im Krieg zog die Familie nach Warmond um. Dort schloss Arnold Henny sein Studium der Geschichte ab.

Arnold Henny wurde nach Kriegsende Geschichtslehrer am Vrijzinnig Christelÿk Lyceum und an der Vrije School Den Haag. Er hatte große Mühe mit seinen Klassen und Schülern. Wie kaum ein anderer Lehrer aber wurde er von seinen ehemaligen Schülern geschätzt, oft besucht und um Rat gefragt. Viele, oft in hohen gesellschaftlichen Positionen wirksame Persönlichkeiten, besuchten ihn regelmäßig und wurden von ihm beraten.

Ein wahres Herzenskind war für ihn die Zeitschrift „Vrije Opvoedkunst‟, die einen sehr guten Ruf in- und außerhalb der anthroposophischen Bewegung hatte. Er war über 40 Jahre lang Chefredakteur dieser Zeitschrift. Im Rahmen dieser Tätigkeit schrieb er zahllose Leitartikel und veröffentlichte etliche Bücher.

Eine Großleistung war die Frucht einer langjährigen Zusammenarbeit mit acht anderen Lehrern aus vielen pädagogischen Richtungen: eine komplette Serie von Geschichtsbüchern unter dem Namen „Wereld in Wording‟, die mehr als 800 000-fach verkauft und in fast allen Schulen gebraucht wurde.

Damit war Arnold Henny seinem Herzensanliegen ein bisschen näher gekommen: die Pädagogik der Waldorfschulen sollte nicht nur für diese Schulen, sondern für die ganze Gesellschaft eine Rolle spielen. Der pädagogische Impuls sollte ein sozial-pädagogischer, allgemein kultureller Impuls werden!

Im Rahmen seiner Ideale spielte die Frage der Dreigliederung des sozialen Lebens eine große Rolle. Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg gründete er eine Studiengruppe, die „Aerdenhout-Groep‟. In dieser Gruppe arbeitete eine Anzahl Anthroposophen (meist jüngere) und führende Menschen aus der Gesellschaft zusammen. Als Bernard Lievegoed für seine Initiative NPI (Organisationsentwicklungsberatung) junge, begabte Menschen suchte, kamen etliche aus dieser Studiengruppe. Etwa zehn Jahre später - die Aerdenhout-Gruppe existierte etwa 25 Jahre lang - fand ein neuer Exodus statt: Eine Anzahl von Menschen tat sich zusammen, um die Triodos Bankengruppe zu gründen. Das „ora et labora‟ wurde hier ein wenig Wirklichkeit!

Im Ruhestand hat Arnold Henny sich mit Herz und Seele an der Vrije Hoogeschool in Driebergen, einer Initiative von Bernard Lievegoed, beteiligt.

Die Zweispurigkeit in seinem äußeren Leben war vorüber, aber die innere blieb: Anthroposophie nicht nur für Anthroposophen, sondern sie für die große Welt verständlich machen. Als Kenner der Zeitverhältnisse und deren Entwicklung hat er bis zu seinem Tode, zusammen mit seiner Frau, unermüdlich gesucht nach dieser Öffnung der Tore der Anthroposophie in die Welt hinaus.

Rudolf Mees

Wie viele führende niederländische Anthroposophen der ersten Generation, so wurde auch Arnold Henny im ehemaligen Niederländisch-Indien, in Batavia geboren. Väterlicherseits aus dem holländischen Finanzadel stammend, mütterlicherseits aus den Kreisen großer Schiffsbauer, war er Zeit seines Lebens ein Brückenbauer zwischen dieser Welt und der der Anthroposophie, die er ebenfalls schon früh kennen lernte. Schon während seines Jurastudiums in Leiden lud er namhafte Anthroposophen wie Friedrich Rittelmeyer und Willem Zeylmans van Emmichoven zu Vorträgen an die Universität ein. Mit seiner späteren Frau, der Ärztin Paula van Suchtelen, war er 1930 Teilnehmer an der großen Jugendtagung ,Kamp de Stakenberg’. Es sind wohl diese Begegnungen, die ihn nach Beendigung seines Studiums an das Waldorflehrerseminar nach Stuttgart führten. Zurück in Holland wurde er Lehrer an der Waldorfschule in Den Haag, wo er noch mit vielen anderen Aufgaben betraut war; daneben war er aber auch noch im Pressedienst des Auswärtigen Amtes. 1933 gründete er die Zeitschrift für Sozialpädagogik ‚Vrije Opvoedkunst’. Daran schloss sich kurze Zeit später die ‚Vereniging voor vrije Opvoedkunst’ an, eine Gesellschaft zur Förderung eines freien Schulwesens. Es waren dies über Jahrzehnte die Organe, welche der wachsenden Waldorfschulbewegung im öffentlichen Leben in Holland Geltung verschafften. Vierzig Jahre lang leitete er die heute noch bestehende Zeitschrift.

Bei Ausbruch des Zweiten Weltkrieges wurden nach und nach die Waldorfschulen von der Besatzungsmacht geschlossen, so auch die Waldorfschule in Den Haag. Ein christliches Gymnasium übernahm die Oberstufenschüler, aber auch deren Geschichtslehrer Arnold Henny. Während des Krieges, versteckt vor den deutschen Schergen in Warmond, studierte er Geschichte. Nach dem Krieg, bei Wiedereröffnung der Waldorfschule wurde er dort wieder Geschichtslehrer. Den Rettungsdienst des christlichen Gymnasiums vergalt er dadurch, dass er auch da Lehrer blieb.

Es war ganz im seinem Geiste, mit einem Kollektiv von Schriftstellern verschiedener geistiger Provenienz ein Geschichtsbuch für die Oberstufen zu verfassen, das für den Geschichtsunterricht in Holland wegweisend wurde. Es erreichte eine Auflage von über achthunderttausend Exemplaren. Arnold Henny verankerte den anthroposophischen Impuls im Geistesleben. Er war Mitglied vieler öffentlicher Gremien, er war dialogbereit und er pflegte Kontakte zu Kreisen, wo etwas Neues entstand, sei es im Bildungs- oder im Rechtswesen. Die Dreigliederung war ihm Auftrag und Rätsel zugleich. Zusammen mit Dieter Brüll und Lex Bos schrieb er ein Buch über soziale Fragen in der Gesellschaft: „Maatschappijstructuren in Beweging‟.

Als Lehrer war er beliebt. Er war ein Kenner und Könner auf seinem Felde, ein Aristokrat und Rhetor, aber auch ein Dichter. Mit Begeisterung spielten wir seine Texte über Kolumbus oder Wilhelm von Oranien. Einmal fragten wir Zwölftklässer nach dem Unterricht: „Wie ist es möglich, soviel ‚auf Lager’ zu haben?‟. „Ach‟, antwortete er bescheiden „am Abend vor dem Unterricht schau ich mich schon um.‟

In Den Haag konnte man oft Sonntagmorgens den 80-jährigen auf dem Fahrrad im Tennisdress zum Tennisspiel fahren sehen.

Christof Wiechert

Rudolf Mees/Christof Wiechert

Quellen Erwähnungen

MAVN 1974 Nr. 5, S. 131
MAVN 1979 Nr.10 S. 263
MAVN 1985 Nr.12, S. 358
MAVN 1992 Nr. 1, S. 17
MAVN 1998 Nr. Nov. S. 15

Info

War im Aufsichtsrat des Instituut voor volkerenpsychologie
Werke: Vrijheid, gelijkheid en broederschap, Den Haag 1937;
Natuurwetenschap en sociale moraal, o. O. 1948; Voor God en vrijheid,
Den Haag 1950; Techniek als uitdaging aan opvoeding en onderwijs, Den Haag
1957; Onderwijs tussen toekomst en verleden, ‘s-Gravenhage 1976; Wilde
zwanen boven zee (L) `s-Gravenhage 1983; Geld tussen zekerheid en risico,
Zeist 1986; Naar de bronnen van driestromenland, Zeist 1989; Beiträge in
Sammelwerken sowie in BfA, EK, JNL, Kk, MAVN, MBD, Msch, PA, Vop.
Literatur: Gans, W. de: In gesprek met Arnold Henny, in: VOp 1977, Nr. 5;
Deimann 1987; autobiografisch: Vertegenwoordiger van twee stromingen,
in: MAVN 1993, Nr. 3; Mees-Henny, C.: Arnold C. Henny, in: MAVN 1995, Nr.
6.
Abkürzungen: siehe hier
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