Dr. phil. Hecker, Jutta
Schriftstellerin.
*13.10.1904, Weimar (Deutschland)
✟26.07.2002, Weimar (Deutschland)
Als jüngste Tochter des Philologen und Archivars am Goethe- und Schiller-Archiv Weimar, Max Hecker (1870-1948), wuchs sie in einer Atmosphäre der Goethe-Verehrung heran und wurde so frühzeitig mit dem klassischen Erbe ihrer Vaterstadt vertraut. Als Kind hatte sie noch Rudolf Steiners Vorgesetzten, den Archivdirektor Bernhard Suphan, als „Onkel Suphan‟ gekannt; viele Jahre lebte sie selbst in dem Haus, wo Suphan gewohnt hatte, der Altenburg. Als Schülerin durfte sie den in Weimar lebenden Schriftsteller Friedrich Lienhard in dessen „Haus unter dem Rosenkreuz‟ besuchen, der um 1925 als Herausgeber der Kulturzeitschrift „Der Türmer‟ großen Einfluss auf die damalige Jugend ausübte. Lienhard war zeitweilig der anthroposophischen Bewegung nahe gestanden, hatte dann aber einen eigenen religiösen Idealismus vertreten, den er unter das Motto „Akropolis - Golgatha - Wartburg‟ stellte. Zu den vielen Persönlichkeiten Weimars, die sie kannte, gehörte auch Elisabeth Förster-Nietzsche.
Nach dem Studium der Germanistik und Anglistik in München, wo Jutta Hecker 1930 über „Das Symbol der blauen Blume im Zusammenhang mit der Blumensymbolik der Romantik‟ promovierte, war sie zunächst freie Mitarbeiterin am Goethe- und Schiller-Archiv in Weimar. 1935 beginnt sie ein Pädagogikstudium in Jena, arbeitet in Hamburg als Gymnasiallehrerin und an der Hochschule für Lehrerbildung in Schneidemühl als Deutsch-Dozentin. Schließlich war sie Direktorin der Lehrerbildungsanstalt in Honnef bei Bonn.
Mitte 1945 kehrt sie ins Elternhaus nach Weimar zurück, ist zunächst Mitarbeiterin in einem Handwerksbetrieb für Wohnungseinrichtungen, wo sie ihr Chef, Walter Bosse, mit der Anthroposophie vertraut macht, die er selbst auf der Uhlandshöhe in Stuttgart kennen gelernt hatte. Geprägt durch die philologische Skepsis ihres Vaters, näherte sie sich nur zögernd diesem Gedankengut. „Aber die Menschen, die sich damit beschäftigten, haben mich beeindruckt.‟ (Jens Heisterkamp).
Bereits während des Krieges hatte Jutta Hecker gemeinsam mit ihrem Vater die heute noch maßgebende Herausgabe der „Maximen und Reflexionen‟ Goethes besorgt (1943). 1949 gibt sie bis dahin unveröffentlichte Goethe-Briefe unter dem Titel „Goethes letzte Lebenslese‟ heraus und ist Mitherausgeberin des Katalogs zu Goethes Bibliothek (1956) und des Bandes 9 der Werke Goethes in der Bibliothek der Klassiker (1956). Seit 1954 ist sie freie Schriftstellerin.
Ihr erster historischer Roman, angeregt durch den Verlag Gustav Kiepenheuer, handelt von der Altenburg, jenem Weimarer Haus, in dem Franz Liszt, später Bernhard Suphan gewohnt hatten und wo sie selbst zu Hause war. Das Buch wurde ein Bestseller.
Weitere Erfolge hatte sie als Autorin historisch-biografischer Darstellungen über das Leben von Winckelmann, Wieland, Eckermann, Schiller und seine Zeitgenossen, Corona Schröter u.a. Zuletzt schrieb sie das Buch „Rudolf Steiner in Weimar‟, eine spannende Schilderung und gründliche Dokumentation eines wichtigen Lebensabschnittes des Begründers der Anthroposophie. Alle ihre biografischen Erzählungen und romanhaften Biografien zeichnen sich durch Detailkenntnis, einfühlsame Erfindungsgabe und einen gepflegten Sprachstil aus.
Schon in der DDR und erst recht nach dem Fall der Mauer galt Jutta Hecker als die „Grande Dame Weimars‟. Unzählige ihrer Leser aus dem In- und Ausland suchten sie auf, um sich von ihr gleichsam aus erster Hand Weimars reiche Vergangenheit nahe bringen zu lassen. 1994 schenkte sie die mehrere 1000 Bände umfassende Bibliothek ihres Vaters der Stadtbücherei Weimar. Ihre letzten Jahre verbrachte sie im Weimarer Marie-Seebach-Stift. Anlässlich ihres Todes sagte Weimars Oberbürgermeister Volkhardt: „Jutta Hecker hat das klassische Erbe Weimars für jedermann sichtbar und sinnlich erlebbar gemacht.‟ Die aus der Anthroposophie empfangenen Anregungen, insbesondere über Schicksalserkenntnis, verarbeitete sie in ihren Biografien. Stark fühlte sie sich bis zuletzt der Christengemeinschaft verbunden, in der während der DDR-Zeit das offiziell verbotene anthroposophische Leben eine Heimstätte gefunden hatte.
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