Herbert Hillringhaus

Hillringhaus, Herbert Friedrich

Publizist, Verleger.

*16.05.1912, Wuppertal-Barmen (Deutschland)

✟29.06.1987, Neuhausen (Schweiz)

„Hillringhaus war ein Sämann. Seine Initiativlust kannte ja manchmal keine Grenze. Er hat so vieles angestoßen, mindestens mit angestoßen! Aber wenn das Kind dann aus den Windeln heraus war, dann hat er sich zurückgezogen. [...] Aber so habe ich ihn überhaupt in Erinnerung: als Sämann, oder Pflanzer. Aber er war kein Kultivator, kein Pfleger, kein Gärtner. Dazu hatte er zu viele Ideen im Kopf. Was ihn besonders auszeichnete, war sein immenser Fleiß. Wenn er morgens aufstand, dann war im Bett neben ihm alles voller Zeitungen, die er schon gelesen hatte.‟ (Wenzel 1996, S. 62)

Sofort nach dem Ende den Zweiten Weltkrieges setzte sich Herbert Hillringhaus über Jahrzehnte als Publizist, Redakteur, Herausgeber und Verleger für eine kritische Auseinandersetzung mit dem Zeitgeschehen und die Darstellung der Anthroposophie in der Öffentlichkeit ein.

Am 16. Mai 1912 wurde Friedrich Herbert Hillringhaus in Wuppertal-Barmen geboren. Er studierte Kunstgeschichte, Germanistik und Journalismus in Freiburg, Königsberg, Hamburg und München. Durch seinen Kunstlehrer hatte er die Anthroposophie kennen gelernt und war 20-jährig Mitglied der Gesellschaft geworden. Die ganze Studienzeit über widmete er sich mit Freunden einem intensiven Studium der „Geisteswissenschaft‟.

Eben das Studiums beendet, beschloss Hillringhaus das journalistische Handwerk von der Pike auf zu lernen. Er war zunächst bei einer Berliner Tageszeitung, dann in der Werbeabteilung der deutschen Konsumvereine in Hamburg mit der Herausgabe von Fach- und Kundenzeitschriften befasst. Anschließend war er bei einer gewerkschaftseigenen Genossenschaftszeitung tätig und musste - gerade erst 25-jährig - nach dem Tod des Chefredakteurs die Verantwortung übernehmen. Bald darauf wurde die Zeitung von den nationalsozialistischen Machthabern verboten. Hillringhaus erwarb mit einem Freund einen astrologischen Verlag samt Buchgeschäft, das langsam in eine anthroposophische Buchhandlung umgewandelt werden sollte. Der Kriegsausbruch unterbrach diese Pläne. Er diente in der Wehrmacht, jedoch nur kurz, da eine schwere Lungenerkrankung zur Entlassung führte.

Nach dem Krieg erlaubten die Verbindungen seines Freundes Friedrich Wenzel zur französischen Militärverwaltung eine rasche Wiederaufnahme der Arbeit. Gleichzeitig wurden der „Novalis Verlag‟ und die Zeitschrift „Die Kommenden - eine Zeitschrift für die junge Generation‟ ins Leben gerufen. Am 1. Oktober 1946 erschien die Zeitschrift zum ersten Mal, zunächst wöchentlich, später zweimal monatlich und schließlich monatlich. Am Zeitungskiosk verkauft und inhaltlich anspruchsvoll, reichten „Die Kommenden‟, die durch die Anthroposophie inspiriert waren und sich als eine Art Beobachter des Zeitgeschehens verstanden, weit über das anthroposophische Milieu hinaus.

Eine überschaubare Struktur ihres Inhalts bestimmte die erste Zeit: Auf der ersten Seite fanden sich knappe und prägnante Kommentare zum Weltgeschehen, gefolgt von einem größeren Leitartikel, der einen wichtigen Aspekt vertiefte, beides fast ausnahmslos aus der Feder von Herbert Hillringhaus. In einer zweiten Rubrik wurden soziale Fragen erörtert, oft durch Hans-Georg Schweppenhäuser. Einen dritten Schwerpunkt stellten die Betrachtungen zur bildenden Kunst dar, hier war Diether Rudloff der Hauptautor. Darüber hinaus gab es längere Aufsatzreihen von Otto Julius Hartmann zu Fragen der Naturwissenschaft und ihrer geisteswissenschaftlichen Vertiefung, Beiträge zum spirituellen und meditativen Leben von Fred Poeppig oder kulturgeschichtliche Betrachtungen von Hans Gsänger; Beiträge zur geistesgeschichtlichen Entwicklung der Musik von Friedrich Oberkogler sowie Betrachtungen zum Verhältnis von Wissenschaft und Technik von Max Thürkauf. Hillringhaus pflegte zu seinen Mitarbeitern ein freies, aber verbindliches Verhältnis. Zwei- bis dreimal im Jahr traf sich der „Autorenkreis‟ zur vertiefenden gemeinsamen Arbeit, um Gesichtspunkte für die kommende Zeit zu erarbeiten.

Im „Novalis Verlag‟ - seit 1950 „Verlag Die Kommenden‟, später wieder „Novalis Verlag‟ - erschienen kurz nach dem Zweiten Weltkrieg die ersten Bücher Rudolf Steiners zu erschwinglichem Preis. Hillringhaus hatte zeitlebens eine engere Verbindung zu Marie Steiner und zur Rudolf Steiner-Nachlassverwaltung als zum Goetheanum. In führenden Kreisen der Anthroposophischen Gesellschaft wurden immer wieder Zweifel gehegt, ob „Die Kommenden‟ überhaupt zur anthroposophischen Arbeit gezählt werden dürften. Es war da ein Hauch von Häresie im Raum, wenn sich der „Autorenkreis‟ traf.

Neben Zeitschrift, Verlag und vielen kleineren Unternehmungen initiierte Herbert Hillringhaus drei weitere publizistische Projekte: Er gab den „Elternbrief‟ heraus, den er vor dem Hintergrund der wachsenden Waldorfschulbewegung mit Elisabeth Klein begründete. Ferner die politische Korrespondenz mit dem Titel „Das Wesentliche im Zeitgeschehen‟; aus einer Leserinitiative entwickelte er das „Europäische Bildungswerk‟, in dessen Rahmen regelmäßig Kurse zu weitgefächerten kulturellen, sozialen und politischen Themen angeboten wurden. Die Schriftenreihe „Wege zum Studium der Geisteswissenschaft und zur Bewusstmachung anthroposophischer Verantwortung‟ schließlich hatte einen anderen Charakter und setzte anthroposophische Kenntnisse voraus. Im Zusammenhang mit der Schriftenreihe gründete Hillringhaus das „Rudolf Steiner Studienzentrum‟ in Freiburg, das Vorträge, Diskussionen und Seminare zum Werk Rudolf Steiners veranstaltete.

Ende der 60er-Jahre rief Herbert Hillringhaus die viel beachteten Symposien auf Schloss Elmau in Oberbayern ins Leben, die er im Rahmen der „Arbeitsgemeinschaft für freie Menschenbildung‟ veranstaltete. Einmal im Jahr traf sich eine bis zu 400 Personen anwachsende Teilnehmerschaft zur Diskussion aktueller Zeitfragen. Die Themen hießen u. a.: „Brauchen wir einen neuen Menschen?‟ (1969), „Der Kampf des Menschen in der Apokalypse des 20. Jahrhunderts‟ (1978), „Der Christusimpuls in der Menschheitsevolution und seine Wirksamkeit im 20. Jahrhundert‟ (1980). Bis 1984 leitete Herbert Hillringhaus die Elmauer Symposien selbst mit einem Referat ein.

Im persönlichen Umgang war ihm etwas Versöhnliches und Vermittelndes eigen, er verfügte über ein feines Sensorium für Möglichkeiten, die in den ihn umgebenden Menschen lagen und die er in diplomatischer Art herauszufordern und anzuregen verstand. Sein geistiger Habitus war nicht der eines Intellektellen, dem es genügt, scharfe, eng umrissene Begriffe zu spitzen, nein: „sein Denken war durchwärmt vom herzhaften Drang, Wirklichkeit zu werden‟ (Brotbeck 1987/88).

Herbert Hillringhaus war dreimal verheiratet, aus der ersten Ehe gingen zwei Kinder hervor. Die letzten Lebensjahre waren zunehmend von seiner Lungenkrankheit geprägt, was die Arbeitskraft mehr und mehr lähmte. Er starb im 75. Lebensjahr am 29. Juni 1987 in Neuhausen in der Schweiz.

Marianne Frowein/Christiane Haid

Quellen Erwähnungen

N 1955 S. 23
N 1961 S. 193
N 1970 S. 25ff, 102
MaD 1986 Nr. 157, S. 232
NAA 1982, Nr. Summer, S. 19
Sam, M.M.: Eurythmie, Dornach 2014, S. 282

Info

Herausgeber und Redaktor von K. Er arbeitete eng mit Fred Poeppig
zusammen
Werke: Das Ende unseres Jahrhunderts und die Aufgaben der Rosenkreuzer,
Freiburg i. Br. 1969, ²1978; mit Poeppig, F.: Die heutige Forderung Michaels
an den Menschen, Freiburg i. Br. 1970, ²1977; mit anderen: Mensch und
Gesellschaft in der Welt von morgen, Freiburg i. Br. 1970; Die Neugestaltung
anthroposophischer Arbeitszusammenhänge, Freiburg i. Br. 1971; mit Lauer,
H. E.: Im Untergang den Aufgang finden, Freiburg i. Br. 1972; Die
Verantwortlichkeit des Anthroposophen gegenüber der anthroposophischen
Bewegung, Freiburg i. Br. 1973; Das Wirken der dem Zeitgeist
widerstrebenden Mächte und die Notwendigkeit der Begründung einer
Michael-Kultur, Freiburg i. Br. 1974, ²1978; Der Sturz der Geister der
Finsternis, Freiburg i. Br. 1976; Die Menschheitsmission und die Aufgaben
der anthroposophischen Bewegung, Freiburg i. Br. 1977; Beiträge in
Sammelwerken, weitere in BfA, K, SZ, We, WZ.
Literatur: Frowein, H.: Friedrich Herbert Hillringhaus, in: E 1987, Nr. 8;
Todesanzeige, in: K 1987, Nr. 7; Rudloff, D., Brotbeck, K., Frensch, M.:
Friedrich Herbert Hillringhaus, ein Brückenbauer des Geistes, in: K 1987, Nr.
8; Streit, J.: Friedrich Herbert Hillringhaus, in: MaB 1987, Nr. 83; Barkhoff,
M.: Herbert F. Hillringhaus verstorben, in: G 1987, Nr. 29; Deimann 1987;
Brotbeck, K.: Friedrich Herbert Hillringhaus, in: Ggw 1987/88, Nr. 3;
Riemeck, R.: Ich bin ein Mensch für mich, Stuttgart ²1994; Wenzel, F.,
Frensch, M.: Friedrich H. Hillringhaus war ein Sämann und Pflanzer, Wehr,
G.: Begegnungen im Kreis der „Kommenden‟, Kimpfler, A.: Reiche
Kulturarbeit ermöglicht, in: No 1996, Nr. 7/8.
Abkürzungen: siehe hier
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