Emma Krell-Werth

Krell-Werth, Emma

geb.: Krell

Dichterin, Bibliothekarin, Archivarin.

*02.03.1906, Stuttgart (Deutschland)

✟22.08.1981, Dornach (Schweiz)

Emma Krell-Werth lebte und wirkte über 50 Jahre am Goetheanum, das ihr in frühen Jahren zum biografischen Zentrum geworden war.

Von ihrer Herkunft sprach sie selten. Die Mutter war früh gestorben, der Vater, von Beruf Ingenieur, hatte sich wieder verheiratet, in der neuen Familie wuchs sie mit drei Stiefgeschwistern auf - eine einsame, oft beschwerte Kindheit und Jugend. Sie begann in Stuttgart ein Geigenstudium, wandte sich dann aber dem Malen und Zeichnen bei Wilhelm v. Eiff zu. Gerne hätte sie sich als Bühnenbildnerin versucht. Besondere Liebe verband sie mit der russischen Geschichte, Kultur und Literatur. Es zog sie nach Russland, doch vorher wollte sie, dem Rat ihres Lehrers folgend, den Schweizer Dichter ?Albert Steffen kennen lernen. Auf diesem Wege begegnete sie der Anthroposophie und fand, was sie im Tiefsten bewegte. So wurde ihr Dornach, was nur Etappe auf einem großen Wege sein sollte, zur bleibenden Heimstätte.

Zunächst erwarb sie sich einen bescheidenen Lebensunterhalt im Tagungsbüro. Durch eine darauf folgende und sich entwickelnde verantwortliche Arbeit im Goetheanum-Archiv und in der Bibliothek tauchte sie tief in die Geschichte der Anthroposophischen Gesellschaft ein, kam dadurch mit vielen Menschen in Austausch und fand vor allem, was sie als ihr inneres Zentrum umkreiste, das ideen- und wortgewaltige Werk Rudolf Steiners: sein Vortragswerk. Seiner Vermittlung diente sie durch viele Jahre jeden Freitag- und Samstagabend mit Lesungen im Grundsteinsaal. Ihre Vorbereitung dazu war, sich mit jedem Vortrag siebenmal vorher zu verbinden, immer in den frühen Morgenstunden vor Beginn der täglichen Arbeit. Das machte wohl das Zuhören ihrer geistvoll-nüchternen Lesung zu einem unvergesslichen Eindruck. Sie führte nie ein so genanntes „Dichterleben‟, aber was sie erlebte und durchdachte, was sie beobachtete, gestaltete sie zu Gedichten und Erzählungen, die schon bald in der Wochenschrift „Das Goetheanum‟ erschienen.

Aus der Begegnung mit Albert Steffen wurde eine herzliche Freundschaft. Er konnte sie als Dichterin neben sich gelten lassen; er bewunderte ihre Art, Erscheinungen der Natur poetisch zu umfassen: „Frl. Krell! Wie machen Sie das eigentlich? So kann ich das nicht.‟ - Sie heiratete ihren Arbeitskollegen, den Musiker und Schauspieler Hugo Werth. Sie wohnten in einem der nahe gelegenen „Eurythmiehäuser‟. Was Emma Krell-Werth in ihrer Weltoffenheit erlebte, was sie in der Natur sah, in der Geschichte studierte (Kaspar Hauser) und was ihr aus den vielen Menschenbegegnungen entgegenkam: Die „Welt‟ wurde in ihrer Seele „Ich‟, in brennend wacher, zugleich humorvoller Gegenwärtigkeit, und wurde in Sprache verdichtet der Welt wieder zurückgegeben. Neben den Gedichten entstanden Erzählungen und Märchenspiele; für die Marionetten von Freunden erfand sie Spiele für die besonderen Charakterfiguren. Die „Premieren‟ fanden in ihrem kleinen Zimmer, in dem vormals ?Edith Maryon gelebt hatte, für drei Zuschauer statt. Dabei las sie selbst vor. Später wanderten die Spiele dann zu manchem anderen Ort.

Emma Krell-Werth hatte einen weiten menschlichen Umkreis, was besonders bei den großen Tagungen sichtbar wurde. Viele kamen, um sich im Archiv für ihre Studien beraten zu lassen (in der Bibliothek bzw. im Lesesaal besorgte das ihr Mann) oder auch, um ihre Lebensprobleme mit ihr zu besprechen. Sie kümmerte sich um Außenseiter, um Menschen, die niemanden hatten, besuchte sie, las vor und hörte ihnen mit Geduld und Ruhe zu. Dafür schien sie immer Zeit zu haben, denn ihre eigene Arbeit tat sie regelmäßig morgens ab fünf Uhr. Davon sprach sie nie, aber der Ernst dieser inneren Arbeit war der Goldgrund ihres Wesens. In der täglichen Begegnung erfrischten ihr Humor, ihre Nüchternheit, ihre geistesgegenwärtige Wachheit und ihre heitere Lust, das Leben zu nehmen, wie es sich gibt, mit all seinen Prüfungen. Ihr weiter Blick umfasste immer auch die Welt der Verstorbenen.

In den letzten Lebensjahren ihres Mannes pflegte sie ihn in seiner schweren Krankheit. Er starb 1972. Als sie selbst fühlte, dass eine Krankheit sie zur Todespforte führt, ging sie diesen Weg in innerer Freude und ergebener Gelassenheit.

Ihre Gedichte, lieber möchte man sagen: ihre Poesien, zuletzt zusammengefasst in einer Anthologie, „Ruf des Pirol‟, haben viele Freunde gefunden, aber ihr Nachlass wartet auf eine Gesamtausgabe. Sich der Bedeutung des Wortes wohl bewusst, nannte sie sich selbst einmal bescheiden eine „Dienerin des Logos‟.

Cordelia Böttcher

Quellen Erwähnungen

N 1933 S. 96, 104
N 1935 S. 56, 84, 86, 94
N 1939 S. 192, 208
N 1940 S. 4
N 1949 S. 64
N 1950 S. 88
N 1951 S. 204
N 1952 S. 178, 210, 214
N 1953 S. 120, 203
N 1954 S. 166, 170
N 1956 S. 42
N 1963 S. 133, 217
NAA 1961 Nr. 89, S. 8

Info

Dichterin. War lange Jahre Mitarbeiterin der Bibliothek am Goetheanum,
wo sie Auskunft über von Steiner Gesagten, aber auch psychologische
Beratung gab.
Werke: Gedichte, Basel 1935; Weisser Vogel (L), [Dornach] 1939; Eiland (L),
Dornach [1946]; Jonas (E), Dornach 1948; Zwillingsblume (L), Arlesheim 1956;
Zwölf Strophen zu „Ein fröhlicher Tugendspiegel‟, o. A.; Die Sonnenuhr (L),
Dornach 1966; Die Himmelsfurt (E), Dornach 1974, ²1992; Ruf des Pirol (L),
Dornach 1976; Beiträge in Sammelwerken, zahlreiche in G; weitere in CH, N,
St.
Literatur: Baltz, K. v.: Emma Krell-Werth, in: N 1981, Nr. 40; Waltsgott, I.-H.,
Erinnerung an Emma Krell-Werth, in: N 1981, Nr. 42; Starke, G.: Eine
Erinnerung an Emma Krell-Werth, in: N 1982, Nr. 34/35.
Abkürzungen: siehe hier
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