Gerbert Grohmann

Dr. phil. Grohmann, Gerbert

Botaniker, Waldorflehrer, Schriftsteller.

*05.06.1897, Bräunsdorf bei Freiberg/Sachsen (Deutschland)

✟23.07.1957, Stuttgart (Deutschland)

Gerbert Grohmanns Werk zeichnet sich durch allgemein verständliche und trotzdem anspruchsvolle Versuche aus, den goetheanistischen Zugang zur Pflanzenwelt zu vermitteln und dem Leser das geistige Wesen der Pflanze erlebbar zu machen.

Ein Jahr nach seiner Geburt siedelt die Familie nach Hohenegg im Erzgebirge um, wo der Vater als Gefängnisgeistlicher arbeitet. Es folgt eine behütete Kindheit „unter Obstbäumen, zwischen Blumen und Schmetterlingen‟ (Kindheitserinnerungen, zitiert nach Fried 1997, S. 5). Dann eine qualvolle, geistig öde Schulzeit, der Knabe flieht in die Natur, hingegeben an die Beobachtung der Tiere und Pflanzen. „Diese ungewöhnliche Intensität des inneren Erlebens in der Jugend bildete wohl die Quelle seiner lebenslangen schöpferischen Forschertätigkeit.‟ (Ebd., S. 6)

Nach dem Abitur 1916 erfolgt seine Einberufung an die Westfront. 1919, nach seiner Entlassung, beginnt er ein naturwissenschaftliches Studium in Leipzig. „Ich war von der Schulbank Soldat geworden, war als Kind ins Feld gerückt und kam [...] als Kind wieder nach Hause. Kindlich waren meine Vorstellungen von demjenigen, was ich auf der Universität lernen würde.‟ (Ebd., S. 7) Die unerwartete und plötzliche Begegnung mit der materialistischen Biologie stößt ihn nicht etwa zurück, sondern veranlasst ihn zu intensiver und ernsthafter Erkenntnisauseinandersetzung. 1923 Abschluss mit Auszeichnung und Promotion. Im selben Jahr reicht er die Examensarbeit für das Lehramt bei dem bekannten Vitalisten Hans Driesch ein, in der Grohmann den anthroposophischen Begriff des Ätherleibs einführt, begründet und von Driesch mit einer Eins benotet wird.

Einen Teil der Studienzeit hatte Grohmann in Tübingen verbracht und war hier zu einer Gruppe junger Menschen gestoßen, die in der Jugendbewegung der Anthroposophie begegnet waren. Unter ihnen waren einige, die sich später in der anthroposophischen Schulbewegung und in der Christengemeinschaft wiederfanden (z. B. Gottfried Husemann, Ernst Weißert u. a.). 1924 bildet sich aus dieser Gruppe der Vorläufer eines Waldorfseminars, in dem Grohmann die naturkundlichen Fächer übernimmt. Mit einem Teil dieser Gruppe ging Grohmann nach Jena-Zwätzen und anschließend als Mitarbeiter in das Heil- und Erziehungsheim Lauenstein. 1929 erfolgt die Übernahme einer zweiten Klasse an der neu gegründeten Waldorfschule Dresden. In der Folge kommt eine ausgedehnte Vortrags- und Kurstätigkeit hinzu und die Leitung des Dresdener Zweiges der Anthroposophischen Gesellschaft von 1933 an.

Im selben Jahr, 1929, erscheint in Stuttgart sein Erstlingswerk „Die Pflanze als dreigliedriges Wesen in ihren Wechselbeziehungen zwischen Erde und Mensch‟. Das Buch sollte in den kommenden Jahrzehnten, erweitert, umgearbeitet und auf zwei Bände angewachsen - Bd. I erschien 1991 in siebter Auflage -, Grohmanns Hauptwerk werden. Tiefe Verbundenheit mit der Pflanzenwelt im Verein mit gedanklicher Klarheit und fundiertem Erfahrungswissen führen zu unmittelbar überzeugenden Wesensbildern der Pflanzengestalten, dargestellt in einer ebenso bildhaften wie exakten Sprache. Dabei handelt es sich keineswegs um eine Popularisierung, sondern um die Darstellung neuer Erkenntnisse, wie sie auf dem Wege goetheanistischer Methodik möglich werden. Grohmann ist neben seinen übrigen Fähigkeiten in erster Linie Forscher, der unentwegt nach Erweiterung seiner Erfahrung und deren imaginativer Durchdringung strebt, nicht zuletzt auf Reisen, die ihn (vor dem Kriege) nach Dalmatien und in den Botanischen Garten von Palermo, später nach Südfrankreich und Lappland führen.

Neben den erwachsenen Lesern lagen ihm die Kinder am Herzen. Seine „Kleine Pflanzenkunde für Kinder‟ ist bis heute unübertroffen. Bedeutsam und hilfreich erscheinen die aus eigener didaktischer Erfahrung erwachsenen Kommentare zu Ausführungen Rudolf Steiners zum Tier- und Pflanzenkunde-Unterricht.

1937, vier Jahre vor der Schließung der Dresdener Waldorfschule durch die Nazi-Behörden, übersiedelt er nach Stuttgart und wird wissenschaftlicher Mitarbeiter der Weleda AG. Es kommt durch die Gestapo zur Behinderung und zum Verbot seiner öffentlichen Vortragstätigkeit und zur Beschlagnahmung und Vernichtung der Neuauflage der „Pflanze‟.

Nach Ausbombung und Verlust seines Herbariums zieht er 1944 in ein kleines Dorf auf der Schwäbischen Alb und arbeitet an der Oberschule in Schelkingen bzw. am Landeserziehungsheim Urspringschule bei Blaubeuren. Nach Kriegsende 1946 kommt es zu einem Neubeginn in der Stuttgarter Waldorfschule und am Lehrerseminar. Mit Gisbert Husemann und Friedrich Kipp begründet er die bis heute bestehenden jährlichen Arbeitstagungen der anthroposophischen Naturwissenschaftler. Bis zu seiner krankheitsbedingten vorzeitigen Pensionierung 1953 bleibt er intensiv tätig - dazu zählt u.a. seine enge Verbindung zur biologisch-dynamischen Arbeit, insbesondere zu Hans Heinze.

Andreas Suchantke

Ereignisse

08.04.1926 - 11.04.1926: Tagung des pädagogischen Arbeitskreises

01.01.1929 - 31.12.1929: Orient-Occident Verlag

05.10.1929 - 13.10.1929: Öffentlicher anthroposophischer Jugendkurs

07.06.1930 - 15.06.1930: Eine völkerkundliche Tagung und fünf "soziale Schulungstage" "Europäische Völkeraufgaben und die soziale Entwicklung der Menschheit"

22.01.1932 - 29.01.1932: Landwirtschaftliche und botanische Tagung am Goetheanum

07.08.1932 - 16.08.1932: Öffentliche Sommertagung mit Goethefeiern

14.10.1932 - 16.10.1932: Öffentliche pädagogische Tagung

03.11.1933 - 05.11.1933: Tagung "Welche Kulturaufgaben stellt sich die Pädagogik Rudolf Steiners?"

01.01.1934 - 31.12.1934: Begründung eines "Goetheanum-Seminars" in Berlin

22.01.1934 - 01.02.1934: Landwirtschaftliche Tagung am Goetheanum

21.01.1935 - 26.01.1935: Landwirtschaftliche Tagung am Goetheanum "Die landwirtschaftliche Individualität" "die landwirtschaftliche Individualität"

25.02.1935 - 27.02.1935: Öffentliche Tagung

22.07.1935 - 03.08.1935: Pädagogische Arbeitswochen am Goetheanum

01.01.1937 - 31.12.1937

29.01.1938 - 30.01.1938: Öffentliche Landwirtschaftliche Tagung am Goetheanum

07.10.1938 - 10.12.1938: Tagung des Reichsverbandes für Biologisch-dynamische Wirtschaftsweise

01.01.1939 - 31.12.1939

01.01.1947 - 31.12.1947: Die Kommenden

29.07.1947 - 02.08.1947: Dritte Arbeitstagung anthroposophischer Naturwissenschaftler

03.08.1947 - 31.08.1947: Anthroposophische Hochschulwochen

01.01.1948 - 31.12.1948: Das Goetheanum

01.01.1948 - 31.12.1948

01.01.1948 - 31.12.1948

01.01.1948 - 31.12.1948

01.01.1948 - 31.12.1948: Erziehungskunst

01.01.1948 - 31.12.1948: Die Drei

03.01.1948: Naturwissenschaftliche Arbeitstagung

21.02.1948 - 22.02.1948: Landwirtschaftliche Tagung

09.10.1948 - 15.10.1948: Herbsttagung der Waldorflehrer

22.10.1948 - 24.10.1948: Öffentliche Tagung

01.01.1949 - 31.12.1949

01.01.1949 - 31.12.1949

02.05.1949: Beginn des Sommersemesters des Freien Studienjahrs

12.08.1949 - 15.08.1949: Pädagogische Arbeitstage

08.10.1949 - 14.10.1949: Herbsttagung der deutschen Waldorfschulen (interne Arbeitswoche)

25.12.1950 - 27.12.1950: Weihnachtsveranstaltung der Anthroposophischen Gesellschaft Deutschland

01.01.1951 - 31.12.1951: Zum Austausch anthroposophisch Forschender

01.01.1951 - 31.12.1951

03.02.1951 - 04.02.1951: Landwirtschaftliche Tagung

07.02.1951 - 27.02.1951: Winterstudienwochen für Landwirtschaft und Gartenbau

27.03.1951 - 01.04.1951: Interne Tagung von Lehrern und Ärzten

01.01.1952 - 31.12.1952: Fortschritte in der experimentellen Erfahrung des Ätherischen

22.05.1952 - 08.06.1952: Hochschulkurse am Goetheanum

01.01.1953 - 31.12.1953: Die Biologie und der Mensch der Zukunft

01.01.1953 - 31.12.1953

01.01.1954 - 31.12.1954

01.01.1954 - 31.12.1954

01.01.1955 - 31.12.1955

01.01.1956 - 31.12.1956

01.01.1956 - 31.12.1956: Kindheitserinnerungen

01.01.1957 - 31.12.1957

01.01.1958 - 31.12.1958

01.01.1960 - 31.12.1960

01.01.1975 - 31.12.1975

01.01.1979 - 31.12.1979

Quellen Erwähnungen

N 1928 S. 92
N 1929 S. 144, 187
N 1930 S. 7, 40, 114
N 1931 S. 154, 208
N 1932 S. 7, 164, 172, 178, 194
N 1933 S. 191
N 1934 S. 4, 12, 35, 39, 74, 210
N 1935 S. 67
N 1937 S. 68, 71
N 1938 S. 4, 20
N 1948 S. 20, 28, 30, 32, 72
N 1949 S. 11, 119f, 136, 140, 147
N 1950 S. 222
N 1951 S. 7, 16, 20, 33, 82, 180, 212
N 1952 S. 56f, 82, 86, 90, 94, 107f
N 1953 S. 80
N 1957 S. 176
N 1964 S. 71
N 1965 S. 109
N 1966 S. 32
N 1969 S. 84
MaD 1947 Nr. 1, S. 15
MaD 1957 Nr. 41 autobiographisch
G 1957 Nr. 32 Todesanzeige
DD 1973 Nr. 2 Heinze H.
EK 1957 Nr. 4 Autobiographisches
EK 1957 Nr. 8 Kügelgen, H. v.
EK 1957 Nr. 12 Weißert, E.
Deimann, S. 85

Info

Botaniker, Lehrer, Autor
Werke: Morphologisch-biologische Beiträge zur Kenntnis der
Wasserstoffbakterien. Dissertation, Leipzig 1923; Die Pflanze als
dreigliedriges Wesen, Stuttgart 1929; Botanik, Dresden ²1933;
Metamorphosen im Pflanzenreich, Bd. I/II, Dresden 1935/1937, Stuttgart
³1990/²1958; Kleine Pflanzenkunde für Kinder, Dresden 1939, ²1940; Die
Pflanze, Bd. I/II, Freiburg i. Br./Stuttgart 1944/1951, Stuttgart 1991 (7. bzw.
4. Aufl.); Botanische Beiträge und Erläuterungen, Freiburg i. Br. 1945;
Lesebuch der Pflanzenkunde, Freiburg i. Br. 1948, Stuttgart (10)1989;
Pflanze, Erdenwesen, Menschenseele, Stuttgart 1953, ²1964; Tierform -
Menschengeist, Stuttgart 1954, ²1965; Das Rätsel-Echo, Stuttgart 1956;
Lesebuch der Tierkunde, Stuttgart 1957,(11)1989; Die Pflanze als
Lichtsinnesorgan der Erde, Stuttgart 1962, ²1981; Zur ersten Tier- und
Pflanzenkunde in der Pädagogik Rudolf Steiners, Stuttgart ²1979; in
Bearbeitung von Brakel, J. F.: Moschus, Buntspecht und Delphine. Wie
Tiere leben, Stuttgart 2002; Beiträge in Sammelwerken; Übersetzungen ins
Englische, Französische, Italienische, Russische, Spanische, Portugiesische
und Rumänische erschienen; zahlreiche Beiträge in G, EK, weitere in A, BdM,
BeH, CH, D, DD, EaA, G, Ka, LE, Man, MFW, Msch, MVL, MWW, N, Pfa, St,
WKÄ, WNA.
Literatur: H. P.: Dr. Gerbert Grohmann, in: N 1957, Nr. 43; Dörfler, W.:
Zum Gedenken an Dr. Gerbert Grohmann, in: N 1957, Nr. 50; Anonym,
Gerbert Grohmann, in: MaD 1957, Nr. 41; Weißert, E.: Dr. Gerbert
Grohmann, in: MaD 1957, Nr. 42; Klein, E.: Nachruf für Gerbert Grohmann,
in: CH 1957, Nr. 10; Grohmann, K.: Zur ersten Wiederkehr des Todestages
von Gerbert Grohmann, in: N 1958, Nr. 30; Spieß, W.: In memoriam Gerbert
Grohmann, in: BeH 1958, Nr. 1/2; Kipp, F. A.: In Erinnerung an Dr. Gerbert
Grohmann, in: DD 1958, Nr. 1; Göbel, T.: Erkenntniskraft aus dem Leben
mit Pflanzen, in: MaD 1967, Nr. 80; Poppelbaum, H.: Dank an Gerbert
Grohmann, in: G 1967, Nr. 30; Hagemann, E.: Bibliographie der Arbeiten
der Schüler Dr. Steiners, o. O. 1970; Kipp, F.: Gerbert Grohmann, in: BeH
1977, Nr. 4; Schöffler 1987; Fried, A.: Lebensbild Gerbert Grohmanns, in:
Leh 1997, Nr. 60; Brettschneider, H. u. a., Fried, A., Suchantke, A., Göbel,
T.: Gerbert Grohmann zum Gedenken, in: Tycho de Brahe-Jahrbuch 1997,
Niefern 1997, darin auch: Schad, W.: Bibliographie Gerbert Grohmann;
Koepf, H., von Plato, B: Die biologisch-dynamische Wirtschaftsweise im 20.
Jahrhundert, Dornach 2001.
Abkürzungen: siehe hier
Copyright: Text und Bild sind urheberrechtlich geschützt. Reproduktion in jeglicher Form nur nach schriftlicher Genehmigung der Forschungsstelle Stiftung Kulturimpuls, Heidelberg

Forschungsstelle Kulturimpuls Biografien Dokumentation kulturimpuls.org