Prof. h.c., Dr. med. Karutz, Richard
Arzt, Völkerkundler.
*02.11.1867, Stralsund (Deutschland)
✟10.02.1945, Dresden (Deutschland)
Richard Karutz leitete neben seiner HNO-Praxis in Lübeck das dortige Völkerkundemuseum von 1896-21. Er ist Autor vieler völkerkundlicher Veröffentlichungen.
Karutz wuchs mit zwei älteren Brüdern in einem Kaufmannshaus auf. Die Mutter starb bereits 1871. Er studierte Medizin und schloss das Studium 1891 mit einer Dissertation „Zur Kasuistik der Myomotomie‟ ab. Nachdem er als Schiffsarzt tätig gewesen war und seinen Militärdienst absolviert hatte, eröffnete er eine eigene Praxis in Erfurt. Dort blieb er nicht lange, sondern reiste erneut als Schiffsarzt mehrfach nach Afrika und ließ sich schließlich 1894 als HNO-Arzt in Lübeck nieder. In Vorträgen und Aufsätzen verarbeitete er die Erfahrungen seiner Reisen. 1896 wurde ihm die Leitung der Völkerkundlichen Sammlung in Lübeck übertragen. Durch systematische Erweiterung der Bestände, teils durch im Ausland lebende Lübecker, teils durch Erwerb auf eigenen Reisen (Baskenland, Frankreich, England, Holland, Belgien, Italien, Dänemark, Schweden, Russland, Turkestan, Kaukasus, Tunis, Tripolis, Ägypten) sowie durch die Organisation der Pangwe-Expedition (1907-09) konnte er die Sammlung zu einem international anerkannten Museum ausbauen. In der Präsentation und Deutung des Materials beschritt Karutz neue Wege, da ihm die üblichen Museumsausstellungen lebensfremd und für die Erkenntnisaufgaben seiner Zeit nutzlos erschienen. Er ging dabei von der Ethnographie - die die Dinge beschreibt - über die Ethnologie - die sie äußerlich geographisch vergleichend und aufeinander beziehend behandelt - zu einer Ethnosophie, die das Wesen der Dinge und die geistigen Kräfte in ihnen aufdeckt. Karutz suchte auf diese Weise die Völkerkunde durch Menschenkunde zu erweitern und zu einer phänomenologischen Wesenskunde zu vertiefen.
Als Regimentsarzt nahm er am Ersten Weltkrieg teil. Aus dem Felde zurückgekehrt, lernte er die Anthroposophie kennen und war Teilnehmer des ersten Hochschulkurses am Goetheanum im Jahre 1920 (GA 322). Ein langes Gespräch mit Rudolf Steiner während der Tagung wurde zum Wendepunkt seines Lebens. 1921 heiratete er Margarita Pasedag, geb. Christern, und zog von Lübeck nach Stuttgart. In rascher Folge erschienen nun seine „Schriften zur Völkerkunde‟ neben zahlreichen Artikeln und Buchbesprechungen.
Die Auseinandersetzung mit den ideologischen Hintergründen des Nationalsozialismus nahm Richard Karutz ernst. Anfänglich suchte er nach Gemeinsamkeiten und hatte die Hoffnung, spirituellen Gesichtspunkten insbesondere im Hinblick auf ein Verständnis der Rassenfrage zum Durchbruch zu verhelfen - im Sinne seiner „Vorlesungen über moralische Völkerkunde‟ (1930-34) oder seines Buches „Die Afrikanische Seele - Versuch einer afrikanischen Geistesgeschichte‟ (1938). Da aber seine Arbeiten nicht mit der biologistischen Rassenlehre der Nationalsozialisten konform gingen - selbst wenn einem heutigen Leser durch die Behandlung der Thematik sowie durch die von Karutz verwendete Terminologie manche Verwandtschaft nahe liegend erscheint -, wurden seine Werke verboten, die Bestände eingestampft. Bis heute werden von der Fachwissenschaft nur seine voranthroposophischen Werke anerkannt.
Nach dem Verbot der Stuttgarter Waldorfschule 1938 zog er seiner Kinder wegen nach Dresden. Schwer traf ihn die Zerstörung seines Museums in Lübeck beim Luftangriff Pfingsten 1942. Er starb drei Tage vor dem großen Luftangriff auf Dresden am 10. Februar 1945.
01.01.1927 - 31.12.1927: R. Geering Verlag
01.01.1928 - 31.12.1928: Anthroposophische Gesellschaft in Deutschland
07.04.1928 - 15.04.1928: Völkerkundliche Tagung
22.11.1928 - 26.11.1928: Öffentliche anthroposophische Tagung "Gegenwart und Geschichte"
14.08.1931 - 25.08.1931: Öffentliche Sommertagung am Goetheanum
23.04.1934 - 07.07.1934: Sommersemester am Goetheanum
01.01.1937 - 31.12.1937: Über Ernst Moritz Arndt
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