Karl Ingerø

Ingenieur Ingerø, Karl

Pseudonym/Varianten: Ingerö

Ingenieur, Generalsekretär der Anthroposophischen Gesellschaft in Norwegen.

*28.10.1889, Hamar (Norwegen)

✟24.03.1972, Oslo (Norwegen)

Karl Ingerø setzte sich maßgeblich für die Dreigliederungsbewegung in Norwegen ein und war an der Verwirklichung zahlreicher Projekte beteiligt. Er war von 1923-34 Generalsekretär der norwegischen Landesgesellschaft.

Karl Ingerø wurde am 28. Oktober 1889 in Hamar geboren. Sein Vater, Carl J. J. Hansen, war Gehörlosenlehrer. Die Schule mit dem benachbarten Lehrerseminar war Zentrum eines lebhaften kulturellen Milieus, aus dem entscheidende Anregungen für Theorie und Praxis des Umgangs mit Gehörlosen hervorgingen. U. a. studierte Anne Sullivan, die Lehrerin Helen Kellers, an dieser Schule. Karl wuchs mit sieben Geschwistern in diesem lebendigen Umfeld als jüngstes Kind auf. Er entschied sich für ein technisches Studium, das er nach einem Praxisjahr in einer Eisenbahnwerkstatt 1912 mit dem Examen an der Technischen Hochschule in Kristiania (Oslo) abschloss. Anschließend arbeitete Ingerø als Assistent bei Professor Adolf Watzinger an der Technischen Hochschule in Trondheim. Als Watzinger, der deutscher Staatsangehöriger war, im Ersten Weltkrieg zum Militärdienst nach Kiel einberufen wurde, wurde Ingerø zu seinem Stellvertreter an der Hochschule ernannt.

1916-19 war Ingerø als Chefingenieur beim Norsk Dampkjeleforening (Dampfkesselverein) angestellt, von 1919-29 leitete er die Geschäfte der A/S Vaporaccumulator, die später den Namen A/S Ruths Accumulator Oslo erhielt. Gründer dieser Firma, die ihren Hauptsitz in Stockholm hatte, war der bekannte schwedische Ingenieur und Erfinder Johannes Ruths, der sich in anthroposophischen Zusammenhängen engagierte. Ingerø reiste als Repräsentant der Gesellschaft in verschiedene Länder, so nach Deutschland, England, Kanada und in die USA, und lebte für ein Jahr in New York.

Im Jahre 1910 hatte Karl Ingerø durch seine Schwester Marit Hoel die Theosophie kennen gelernt und war Mitglied der Theosophischen Gesellschaft geworden. Wie sie wechselte er 1913 in die von Steiner neu gegründete Anthroposophische Gesellschaft. Während seiner Tätigkeit in Trondheim gründete Ingerø 1914 den kleinen Zweig „Mikaelgruppen‟, dessen Vorsitzender er wurde. Er setzte sich auch für die Dreigliederung ein, gehörte im norwegischen Dreigliederungsbund zu den aktivsten Mitarbeitern und trat als Vortragsredner auf. Als im Zusammenhang mit der Dreigliederungsarbeit 1921 die „Futurum‟-Gesellschaft in Oslo gegründet wurde, übernahm Ingerø die Geschäftsleitung. Er arbeitete an technischen Erfindungen, u. a. an einer Fußbodenwascheinrichtung, die patentiert wurde. Durch eine spätere Massenfabrikation dieses Artikels sollte die neue Gesellschaft kulturelle Einrichtungen fördern können. 1923 wurde die Anthroposophische Gesellschaft in Norwegen gegründet, einem Rat Rudolf Steiners entsprechend wurde Karl Ingerø als Generalsekretär berufen. Bis 1934 nahm er diese Aufgabe wahr und war zusätzlich einige Jahre Vorsitzender des Zweiges „Vidar-Gruppen‟.

Die Bemühungen um eine Durchführung der Dreigliederungsideen mussten nach einiger Zeit aufgegeben werden. Trotzdem versuchte Ingerø ein Unternehmen zu realisieren, in dem einige Dreigliederungselemente in die Praxis umgesetzt wurden. Er arbeitete beispielsweise mit seinem Kollegen Henrik Weihe den Plan für ein Fernheizungssystem aus, das einen großen Teil der Hauptstadt mit Wärme versorgen sollte. Er vertrat seine Ideen und Pläne in Vorträgen und Artikeln der großen Tageszeitungen. In den 20er-Jahren, als in den Häusern und Wohnungen mit Holz und Kohlen geheizt wurde, war er mit einem solchen energiesparenden und umweltschonenden Konzept seiner Zeit weit voraus. Obwohl Ingerø zusammen mit dem Architekten Christian Morgenstierne einen fertigen Plan der gesamten Anlage vorlegen konnte und aus den Energieüberschüssen sogar ein Beitrag zur Elektrizitätsversorgung der Stadt geleistet werden konnte, scheiterte das Projekt an der städtischen Politik. Die Niederlage hatte zur Folge, dass Ingerø seine Stellung als Chefingenieur verlor. Er arbeitete in den folgenden Jahren als wärmetechnischer Berater in der Walfangindustrie. Später war er zeitweise auch freiberuflich tätig. Sein Engagement für die Dreigliederung setzte Ingerø mit unverminderter Intensität fort und trat in Vorträgen und Artikeln für eine Lösung der sozialen und ökonomischen Krise auf der Grundlage der Dreigliederungsideen ein. Diese Arbeit betrachtete er als seine eigentliche Lebensleistung.

Von einem Schlaganfall, den er 81-jährig erlitt, konnte er sich nicht mehr erholen. Er starb am 24. März 1972 in Oslo. Trotz seiner Begabung im Technischen verfügte Ingerø über starke Gemütskräfte, war begeisterungsfähig und hatte ein differenziertes Interesse an Literatur und Kunst. Besonders hervorstechende Charakterzüge waren bei ihm Treue und Hingabe - den Freunden und der Sache gegenüber.

Terje Christensen

Quellen Erwähnungen

N 1924 S. 28, 160
N 1925 S. 84
N 1929 S. 175
N 1933 S. 60, 102
N 1934 S. 193
N 1937 S. 127f
N 1950 S. 70
N 1951 S. 3
N 1963 S. 67
N 1967 S. 106, 160
Deimann S. 61
GA 260 Personenregister
Werke: Beiträge in N, V, Js.
Literatur: Brief von Karl Ingerø an Rudolf Steiner (ohne Datum); Karl Ingerø:
A/S Futurum, in: V 1921, Nr. 1; Brief von Karl Ingerø an Rudolf Steiner, 17.
Dez. 1922, Archiv der Rudolf Steiner-Nachlassverwaltung; Register over
norske patenter [...], Oslo 1925; Hamar off. skole for døve, og Elias H.
Hofgaard, in: De Døves Vel 1928, Nr. 7 und 8; div. Aufsätze in verschiedenen
Zeitungen über das Wärmewerk; Studentene fra 1908. 25-årsjubileet, Oslo
1933; Velby, M.: Referat fra elevstevnet 1939, in: OeF 1939, Nr. 5;
Studentene fra 1908. 50-årsjubileet, Oslo 1958; Ingeniørmatrikkelen, Oslo
1961; Cappelen, S. und T.: Karl Ingerø in memoriam, in: N 1974, Nr. 13;
Hofgaard, Elias P. H.: Karl Ingerø, in: Store Norske Leksikon, Bd. 5, Oslo
1979; Schöffler 1987.
Abkürzungen: siehe hier
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