Willem Wilhelmus Daems

Drs. farm., Dr. phil. Daems, Willem Wilhelmus Frans

Apotheker, Medizinhistoriker.

*03.12.1911, Amsterdam (Niederlande)

✟29.12.1994, Arlesheim (Schweiz)

Als Apotheker und Leiter der medizinisch- wissenschaftlichen Abteilung der Weleda in Arlesheim war Willem Daems nicht nur ein wissenschaftlicher Repräsentant des Unternehmens gegenüber Ärzten, Apothekern und interessierten Menschen, vielmehr noch personifizierte er nach außen in gewisser Weise die anthroposophische Identität der Weleda. Er war publizistisch auf wissenschaftlichem, medizinhistorischem und literarischem Felde produktiv; er hielt im In- und Ausland über Jahrzehnte Vorträge und Kurse vor Ärzten, Apothekern, Drogisten und Medizinhistorikern sowie für ein allgemein interessiertes Publikum. Neben seiner wissenschaftlichen Kompetenz vertrat er anthroposophische Aspekte zum Menschenverständnis, zur Heilkunde und insbesondere zur Pharmazie mit seiner offenen, herzlich-humorvollen Art.

Willem Frans Daems wurde in Amsterdam geboren. Nach der Grundschule und der höheren Bürgerschule dachte er daran, Biologe zu werden, studierte dann aber Pharmazie in Amsterdam. Er schloss sein Studium mit einer pharmaziegeschichtlichen Arbeit über herzstärkende Drogen ab. Als praktizierender Apotheker in Arnheim und Haarlem wurde er in der Standesorganisation der niederländischen Apothekerschaft an leitender Stelle tätig. Seit 1948 arbeitete er in der pharmazeutischen Industrie, seine medizin- und pharmaziehistorischen Interessen führten 1949 zur Mitgliedschaft im „Krings voor de geschiedenis der farmacie‟. Ein sprachwissenschaftliches Zweitstudium in Leiden beendete er 1967 mit der Promotion zum Dr. phil.

Ende 1951 lernte er die Anthroposophie durch einen Vortrag von Anthonij G. van Degenaar in Leiden kennen, anschließend arbeitete er sich durch einen Kurs über „Die Philosophie der Freiheit‟ in die Anthroposophie ein.

Seit seinem Eintritt in die Weleda im Jahre 1955 war er praktisch bis zu seinem Tode im Alter von 83 Jahren ununterbrochen für das Unternehmen im Einsatz. Er baute die medizinisch-wissenschaftliche Abteilung - damals „Ärzte-Abteilung‟ genannt - auf, meist mit der Unterstützung seiner Frau, mit der er drei Kinder hatte. Jeder Arzt, jeder Apotheker und jeder Drogist, der mit der Weleda in Verbindung trat, wurde bald ein guter Bekannter, wenn nicht gar ein Freund von Willem und Geertruida Daems - es entstand ein wissenschaftlich-persönliches Beziehungsnetz.

Im Jahre 1968 erhielt Willem Daems den Auftrag, an der Eidgenössischen Drogisten-Fachhochschule in Neuchâtel Drogenkunde zu unterrichten. Es dauerte nicht lange und es entstand ein enger Kontakt zwischen ihm und einer ganzen jungen Drogistengeneration. Bald fanden innerhalb der Weleda intensive Kurse für Drogisten als Einführung in die Anthroposophie und anthroposophische Pharmazie statt. Hier wurden für den weiteren Lebenslauf vieler Teilnehmer bestimmende Interessen geweckt und Beziehungen geknüpft.

Neben dieser öffentlichkeitsorientierten Entwicklungsarbeit für die anthroposophische Pharmazie in Verbindung mit der Weleda und für die Anthroposophie im Allgemeinen übte Willem Daems als Gelehrter der Medizingeschichte eine beachtliche Breitenwirkung aus. Mehr als 190 wissenschaftliche Veröffentlichungen entstammen seiner Feder. Als Lehrbeauftragter der Universität Würzburg setzte er sich insbesondere mit Paracelsus auseinander und veröffentlichte hierzu zahlreiche wissenschaftlich beachtete Arbeiten. Wenn Willem Daems medizinhistorische Aspekte aufarbeitete und der Fachwelt oder interessierten Kreisen zugänglich machte, konnte er auf Aspekte aufmerksam machen, die auch einem Verständnis der anthroposophischen Medizin dienten. In dieser Form wurden sie in akademischen Kreisen akzeptiert. Besonders in seiner medizinhistorischen Tätigkeit kam ein Wesenszug Willem Daems zur Geltung: Aller mystizistischen Unwissenschaftlichkeit abhold, konnte er als Medizinhistoriker geisteswissenschaftliche Aspekte darstellen, ohne den soliden Boden wissenschaftlicher Arbeitsweise mit ihrem Anspruch der Einsehbarkeit und Nachvollziehbarkeit verlassen zu müssen.

Seit 1967 bis zu seinem Tode im Jahre 1994 gab er das „Weleda Bulletin‟ heraus, in dem er mit journalistischem Flair Aktuelles vor allem aus dem anthroposophischen Umfeld berichtete, das von Interesse für anthroposophische Ärzte und Apotheker war. Sein regelmäßig jeden Monat erscheinendes Bulletin las sich wie eine spannende Zeitschrift.

Diese verschiedenen Aktivitäten wurden gleichsam in Harmonie gebracht durch die ausgeprägte musikalische Seite von Willem Daems. Er spielte seit seiner Jugend Klavier auf professionellem Niveau. In der Weleda sorgte er viele Jahre hindurch nicht nur mit seinen Darbietungen als Solist und einfühlsamer Begleiter für die musikalische Gestaltung von festlichen Anlässen, sondern leitete als beliebter Dirigent auch den Chor der Weleda in Arlesheim und den Schwesternchor der Ita Wegman-Klinik.

Nach der Pensionierung 1980 arbeitete er mit nicht weniger Elan an zahlreichen wissenschaftlichen und literarischen Projekten weiter. Selbst als sein Sehvermögen abnahm, ließ er sich nicht in seiner Produktivität bremsen. Ermöglicht hat dies nicht zuletzt seine Frau, die dort weiterhalf, wo sein Gesundheitszustand ihm in seiner Tätigkeit Grenzen setzte. Bis zuletzt trug er viele wissenschaftliche Projekte in seiner Seele, wohl wissend, dass er sie in diesem Leben nicht mehr bewerkstelligen könne.

Henning Schramm

Quellen Erwähnungen

N 1964 S. 234
N 1968 S. 188b
N 1969 S. 59, 103
N 1970 S. 137
N 1991 Nr. 48, S. 272 M.Glöckler:Zum 80. Geburtstag
N 1995/96 S. 90
G 1995 Nr. 55, S. 613 Todesanzeige
BeH 1991 Nr. 6, S. 475 M. Glöckler: Zum 80. Geburtstag
Werke: Een Medecijnboek, Haarlam 1942; mit Vandewiele, L. J.: Noord- en Zuidnederlandse stedelijke pharmacopeën, Joppe 1955; Geneeskruiden, Naarden 1955, ²1973; mit Kaufmann, H.: Verzeichnis anthroposophisch-medizinischer und verwandter Literatur, Arlesheim 1964, ²1972; Boec van medicinen in Dietsche [phil. Diss.], Leiden 1967; Die cancerostatische Wirksamkeit von Mistelpräparaten, Arlesheim 1968; Stimmi Stibium Antimon. Eine substanzhistorische Betrachtung, Arlesheim 1976; als Redakteur: Mensch und Heilmittel, Arlesheim 1981; Mensch und Pflanze. Die Heilpflanzen in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, Arlesheim 1983; Johann Anton Grass von Portrein 1684-1770, Chur 1985; Das medizinische Consilium des Paracelsus für Abt Johann Jakob Russinger von Pfäfers 1535, Einsiedeln 1986; Ita Wegman. Zürcher Zeit 1906-1920, Dornach 1986; Was ist anthroposophische Medizin?, o. O. [1989]; Die historische Weleda, Dornach 1991; „Denn der Himmel ist der Mensch und der Mensch ist der Himmel‟, Dornach 1993; Nomina simplicium medicinarum ex synonymariis medii aevi collecta. Semantische Untersuchungen zum Fachwortschatz hoch- und spätmittelalterlicher Drogenkunde, Leiden/New York/Köln 1993; Zwölf Heilpflanzen-Porträts, Dornach 1994; Beiträge in Sammelwerken; Übersetzungen ins Englische, Französische, Italienische, Portugiesische und Niederländische erschienen; zahlreiche Beiträge in WKÄ, weitere in BeH, BfA, DD, MaD, N, WNA und in Fachzeitschriften.
Literatur: Titze, O.: In memoriam Willem F. Daems, Rembges, H.: Dr. phil. Willem F. Daems, Zwieauer, J.: In Erinnerung an Willem F. Daems, Schüpbach, M.: Wenn der Mond spricht, Himmelsbach, J.: Das literarische Vermächtnis von Willem F. Daems, Keil, G. u. a.: Verzeichnis der Schriften von Willem F. Daems, in: WKÄ 1995, Nr. 140.
Abkürzungen: siehe hier
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