von der Decken, Claus Klaus Hans Werner Carl
Pfarrer in der Christengemeinschaft, Maler.
*05.10.1888, Schloss Preeten bei Neuhaus (Deutschland)
✟24.08.1977, Kassel (Deutschland)
Claus von der Decken war ein anerkannter Porträtmaler, als er 34-jährig in den Gründerkreis der Christengemeinschaft eintrat.
Er wuchs als zweites von vier Kindern des Gutsverwalters Ernst von der Decken aus hannoverschem Landadel auf. Er wurde teils von Hauslehrern unterrichtet und ging in Lüneburg in die Schule. 1904 begann er seine Militärzeit als „Einjähriger‟, diente danach bei den Sächsischen Gardereitern in Dresden. 1908 nahm er als Leutnant den Abschied. Er trat 1908 in die Theosophische Gesellschaft ein und traf Rudolf Steiner im Hause Smits in Düsseldorf. Decken widmete sich dem Studium der Porträtmalerei an den Kunstakademien in Düsseldorf, Dresden, München und Paris und unternahm eine Kunstreise nach Rom. Er identifizierte sich nun ganz mit dem Künstlerberuf und verdiente sich den Lebensunterhalt durch Porträts, die er für adlige Gutsbesitzer malte.
Durch Rudolf Meyer, der ihn 1921 zu dem von Rudolf Steiner in Dornach gegebenen theologischen Herbstkurs einlud, fand Decken den näheren Kontakt zur Anthroposophie. An dem Kurs, der die Gründung der Christengemeinschaft vorbereitete, nahmen etwa 100 Personen teil. Decken erkannte sein eigentliches Lebensziel und gab den Künstlerberuf auf, „um einem noch tieferen Zug des Herzens zu folgen und sich zur Verfügung zu stellen dem neuen priesterlichen Wirken.‟ (K. v. Wistinghausen, 1958).
Gemeinsam mit Otto Becher begründete Decken 1922 die Hannoveraner Gemeinde der Christengemeinschaft. Nach 1924 widmete er sich der Gemeindearbeit in Lübeck. Anfang der 30er-Jahre ging er als Pfarrer nach Kassel, wo er - unterbrochen durch die Verbotszeit der Christengemeinschaft - insgesamt mehr als 40 Jahre wirkte. Während der Verbotszeit beschäftigte er sich wieder mit der Malerei. Er hatte einst Rudolf Steiner gefragt: „Kann das Priestertum meinem Künstlertum förderlich sein?‟ Die Antwort: „Ja, Ihr Künstlertum kann Ihrem Priestertum förderlich sein‟.
Am Rande der Gemeindearbeit schrieb Decken Gedichte und einige in Spielkreisen aufgeführte Dramen wie „Pontius Pilatus‟. Darin wie auch in seinen Aufsätzen und in den von ihm geleiteten Arbeitskreisen beschäftigte er sich besonders mit den Evangelien, „deren Tiefen er mit anthroposophischem Rüstzeug auszuloten suchte‟. (R. Frieling/K. von Wistinghausen 1977)
Mario Zadow
Claus von der Decken war ein frommer Mensch. Diese Frömmigkeit war wohl das Erbteil seiner beiden Eltern und hatte eine lange Vorgeschichte in der Tradition besonders seiner väterlichen Familie, deren Vertreter als Patronatsherren ihrer protestantischen Hintersassen ganz in der Selbstverständlichkeit einer solchen Tradition lebten.
Aber er fiel durch besondere Umstände aus dieser Tradition heraus. Schon sein Vater und dessen Bruder gingen in der angestammten Stellung eines Gutsbesitzers nicht auf. Wie sein Vater hatte er weitreichende literarische Interessen. Eine andere Begabung, diejenige der schaffenden Literatur, verband ihn mit seiner Mutter, einer geborenen von Arnswaldt, deren eigene Großmutter als eine ganz wichtige Sammlerin der Grimmschen Märchen gelten kann, und deren Tante Annette von Droste-Hülshoff war. In dieser Richtung war ihm ein hohes Maß an dichterischer Qualität eigen, die sich auch in dramatischer Form äußerte. Da aber dies alles neben der Begabung der Malerei und hier besonders der Porträtmalerei, nicht intensiv genug gepflegt, nicht als eigentlich und ausschließlich genug empfunden werden konnte, kam vieles nur im überzeugenden Anliegen, aber nicht in vollendeter Form zum Ausdruck.
Seine Malerei lebte von seiner Fähigkeit zu schauen, ganz ohne eigene, stilistische Intention dem Gegenstand gegenüber, aber auch ohne den Ehrgeiz, das Hier und Jetzt der dargestellten Person zum Ausdruck zu bringen, sondern aus einer Zwiesprache heraus, die er sozusagen mit der verborgenen, ihm sichtbar werdenden „Gestalt‟ des Porträtierten führte. Die Menschen fühlten sich wohl in den Bildern und Zeichnungen, die er von ihnen machte, sie fühlten sich in einem höheren Sinne „durchschaut‟.
Warum dieser Mensch Anthroposoph wurde, nachdem er im Jahre 1912 Rudolf Steiner im Elternhause von Lory Maier-Smits zum erstenmal begegnet war, hat wohl mit der Fähigkeit des Schauens zu tun. Als Kind hatte er ein Kirchenlied kennengelernt: „Morgenglanz der Ewigkeit,/Licht vom unerschöpften Lichte,/schick´ uns diese Morgenzeit/Deine Strahlen zu Gesichte/und vertreib' durch Deine Macht/uns're Nacht!‟
Der Umschwung aber von einer „Weltanschauung‟ zu einer „Lebenswende‟, unter Verzicht auf alle Sicherheiten, kann, wie ich meine, durch eine bedeutsame Anekdote gekennzeichnet werden, die ich hier paraphrasiere:
„Herr Doktor, kann die Anthroposophie mir in meiner Malerei weiterhelfen?‟
„Ich glaube schon, dass Ihre Malerei in Ihrem anthroposophischen Wirken eine ganz besondere, wichtige Aufgabe wird übernehmen können.‟
Andreas von der Decken
Forschungsstelle Kulturimpuls Biografien Dokumentation kulturimpuls.org