Hans Vollmer

Vollmer, Hans

Kaufmann.

*09.09.1905, Braunschweig (Deutschland)

✟21.02.1992, Arlesheim (Schweiz)

Hans Vollmer gründete in Hamburg 1954 die „Freie Anthroposophische Arbeitsgruppe‟. Er setzte sich für die Verwirklichung der Sozialen Dreigliederung ein und ermöglichte einen freien Raum für das anthroposophische Erkenntnisgespräch.

Hans Vollmer wuchs in einfachen Verhältnissen in Braunschweig auf. Sein Vater war Schneider und betrieb eine eigene kleine Werkstatt. Zusammen mit einer jüngeren Schwester verlebte er eine glückliche Kindheit. Nach einer Banklehre führte ihn sein Weg mit 21 Jahren nach Hamburg, wo er fast 60 Jahre seines Lebens wirken sollte. Zunächst bildete er sich zum Exportkaufmann in einem Südafrika-Exporthaus aus. Nach kurzer Zeit ergab sich die Möglichkeit, für zwei Jahre in eine Britische Kolonie nach Westafrika zu gehen, wo die Firma eine Niederlassung hatte.

Mit 23 Jahren kam er nach Kumasi, im heutigen Ghana. Hier hatte er prägende Erlebnisse: Leben und Schicksal der von den Kolonialherren unter unwürdigen Verhältnissen gehaltenen schwarzen Bevölkerung berührten ihn tief. Das geistig leere Leben in den gesellschaftlichen Kreisen der Kolonie rief ihn zu eigener Aktivität auf. Er begann, sich mit Schopenhauer zu beschäftigen, auf den er schon früher gestoßen war. Unter den Europäern fand er nur einen gleichgesinnten Menschen, mit dem er über philosophische Fragen sprechen konnte. Dieser wies ihm den Weg zur Anthroposophie, indem er ihm nach seiner Rückkehr nach Hamburg „Die Philosophie der Freiheit‟ (GA 4) von Rudolf Steiner schenkte. Jetzt war sein Weg klar.

1932 gründete er in Hamburg eine eigene kleine Im- und Exportfirma für Verpackungsmaschinen, Draht und Stahlband.

Nach Kriegsende setzte er seine Kraft nicht nur für den wirtschaftlichen Wiederaufbau ein, sondern vor allem für eine Erneuerung des freien Geisteslebens als Grundlage für eine menschenwürdige und soziale Gemeinschaft. So trat er Ende 1945 in die wiederbegründete Anthroposophische Gesellschaft in Hamburg ein und widmete sich dem intensiven Studium der Anthroposophie, insbesondere der grundlegenden sozialwissenschaftlichen Ideen Rudolf Steiners.

In der sozialen Dreigliederung fand er Antwort auf die Fragen, die ihn 21 Jahre zuvor bei seiner Begegnung mit der Kolonialherrschaft in Afrika am Schicksal der schwarzen Bevölkerung so berührt hatten. Viele Menschen fanden sich zu regelmäßigen Arbeitsstunden in seiner Wohnung ein. In dieser Zeit wurde er auch Mitglied des Heidenheimer Kreises.

1954 gründete er zusammen mit Johannes Hemleben und vielen anderen Freunden die „Freie Anthroposophische Arbeitsgruppe Hamburg‟, deren Verwaltung ihm von Johannes Hemleben übertragen wurde. Neben Hemleben traten fast alle damaligen Pfarrer der Christengemeinschaft Hamburgs in diese Gruppe ein. Auch Hagen Biesantz gehörte ihr während seiner Hamburger Zeit an. Hermann Poppelbaum war Hans Vollmer freundschaftlich verbunden und hatte ein offenes Ohr für die Anliegen der Gruppe - einer Mitteilung über die Gründung dieser Gruppe im „Nachrichtenblatt‟ wollte der Vorstand aber nicht zustimmen. Der Gründerkreis der Arbeitsgruppe hatte sich u.a. die Aufgabe gestellt, sich vermittelnd dafür einzusetzen, dass Persönlichkeiten mit den verschiedensten Auffassungen, wie sie damals innerhalb der Anthroposophischen Gesellschaft aufgrund der Schwierigkeiten Anfang der 50er-Jahre vorhanden waren, in der „Freien Anthroposophischen Arbeitsgruppe‟ zu Wort kommen konnten. Dazu gehörten u.a.: Bernhard Eyb, Rudolf Hauschka, Karl Heyer, Hermann Jülich, Karl König, Clara Kreutzer, Ernst Lehrs, Paul Regenstreif, Eberhard Schickler und Folkert Wilken. Diese Bestrebungen wurden von Friedrich Husemann sowie Clara und Rudolf Kreutzer wohlwollend und helfend unterstützt.

Hans Vollmer war kein Vortragsredner. Seine Stärke lag in der freilassenden Gesprächsführung. Er hatte einen Blick für das Wesentliche und war ein klarer Denker.

Hans Vollmer hat die Freie Anthroposophische Arbeitsgruppe, die bis zu 80 Mitglieder zählte, über 31 Jahre in großer Verantwortung mit der treuen Hilfe von Anselm Stockmar geführt, bis er 1985 mit seiner Frau nach Arlesheim übersiedelte. Dort starb er am 21. Februar 1992, bis zuletzt geistig frisch und aktiv.

Angelika Overstolz

Quellen Erwähnungen

G 1992 Nr. 10 Todesanzeige

Info

War über 30 Jahre lang (1954-1985) Leiter der Freien Anthroposophischen Arbeitsgruppe Hamburg. Vater von Angelika Overstolz
Literatur: Todesanzeige, in: G 1992, Nr. 10.
Abkürzungen: siehe hier
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