Albert Engelsman

Engelsman, Albert

Industrieller, Geschäftsführer.

*30.04.1922, Leeuwarden (Niederlande)

✟28.06.1992, Filderstadt (Deutschland)

Zweites Kind von Jakob Wouter Engelsman, Schiffskapitän und Industrieller und Alida Wesselina Engelsman-Priester die die Theosophische Gesellschaft vor ihrer Begegnung mit der Anthroposophie Anfang der 30er-Jahre kennengelernt hatte.

Verheiratet in erster Ehe mit Eva, geborene von Wartburg. Aus dieser Ehe sind die beiden älteren Söhne. Verheiratet in zweiter Ehe mit Hildegard, geborene Kaltenegger. Aus dieser Ehe stammen die beiden jüngeren Söhne. Die Familie nahm in den 60er-Jahre zwei Pflegetöchter auf.

Albert Engelsmans Vater war in den Kolonien Niederländisch-Indiens zuletzt Kapitän der Handelsschifffahrt, bevor er von den mit ihm verwandten Besitzern der Weberei Meyerink en Zonen in die Direktion berufen wurde. So fand Alberts Familie bald nach seiner Geburt in Friesland ihre neue Heimat in Winterswijk, im Osten des Landes nahe der deutschen Grenze. Dort wuchs er mit seiner älteren Schwester Berendina, genannt Dieneke, auf. Er ging im Dorf zur Schule, bis die Eltern, die Anfang der 30er-Jahre die Anthroposophie kennen gelernt hatten, zuerst 1936 die Schwester und dann 1938 Albert in die Schweiz an die unmittelbar beim Goetheanum gelegene Friedwartschule nach Dornach schickten. An dieser Schule lernte er seine spätere erste Frau Eva kennen. Die Fahrten in die Schweiz und zurück führten durch Hitlerdeutschland und sie machten einen tiefen Eindruck auf ihn, weil die geradlinige, aber ablehnende Haltung des Vaters gegenüber dem Nationalsozialismus dem jungen Heranwachsenden die Orientierung gab, wie man sich in einem schwierigen Umfeld bewegt.

In der Zeit der Besatzung Hollands (Mai 1940 bis April/Mai 1945) machte Albert sein Abitur und begann in Rotterdam Betriebswirtschaft zu studieren. Wie viele Studenten unterstützte er die Aktivitäten der Widerstandsbewegung. Als er zur Zwangsarbeit nach Deutschland abtransportiert wurde, gelang es ihm schließlich, trotz Wiederverhaftungen zu fliehen und bis Kriegsende unterzutauchen.

Nach der Befreiung vollendete Albert Engelsman sein Studium, heiratete Eva von Wartburg und arbeitete sich von der Pike auf hoch in der von seinem Vater geleiteten Textil-Firma. Seine Schwester hatte inzwischen einen britischen Offizier geheiratet, und nach zwei Jahren im Nachkriegs- England kam sie mit ihrer Familie 1949 wieder nach Winterswijk. Albert stand zunächst zurück, um seinem Schwager, einem Ingenieur, eine Führungsposition zu ermöglichen. Ein Jahr später rückte er in die Direktion nach. Mit seinem Schwager verstand er sich sehr gut. Sie machten viele Geschäftsreisen zusammen, bis dieser 1959 aus der Firma schied und mit seiner Familie nach England zog.

Albert Engelsman hatte sich durch Elternhaus und Schule frühzeitig mit der Anthroposophie auseinandergesetzt und fühlte sich insbesondere den erkenntnisorientierten Ansätzen Carl Ungers und Heinrich Leistes verbunden. Mit anderen ebnete er in den „Scheveninger Gesprächen‟ am Ende der fünfziger Jahre den Weg für die von Willem Zeylmans vollzogene Wiedervereinigung der seit 1935 abgespaltenen niederländischen Landesgesellschaft mit der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft. In dieser Zeit heiratete Albert seine zweite Frau Hildegard geborene Kaltenegger.

Anfang der 60er-Jahre fusionierte die florierende Weberei mit dem multinationalen Textilkonzern Nijverdal ten Cate. Da Albert in die Koordinationskommission, ein beratendes Gremium der Direktion, aufgenommen wurde und die Verantwortung für den Export übernahm, zog er mit seiner Familie zum Hauptsitz der Firma Nijverdal ten Cate nach Almelo.

Es begann für ihn ein neuer Lebensabschnitt. Seine Geschäftsreisen führten ihn in alle Welt. Anfang der 70er oblag ihm als Vorsitzender der Marketing Kommission vom IFCATI (International Federation of Cotton and Allied Textile Industries) die Interessenvertretung der internationalen Baumwollindustrie, was ihn auch mit mehreren namhaften Persönlichkeiten der dritten Welt in Kontakt brachte.

Ungeachtet der damit verbundenen starken Beanspruchung nahm sich Albert Engelsman stets die Zeit, zusammen mit seiner Frau aktiv in der anthroposophischen Bewegung mitzuwirken, u.a. die Gründung einer Waldorfschule mit vorzubereiten und als Teilnehmer des „Heidenheimer Kreises‟ und anderer anthroposophischer Unternehmertreffen den engen Kontakt zur sozialwissenschaftlichen Sektion am Goetheanum zu pflegen

Charakteristisch war dabei, dass er mühelos wechseln konnte zwischen diesen so verschiedenen Welten: Vom Flugzeug in den Eurythmiekurs, aus Indien kommend in die anthroposophische Arbeitsgruppe nach Gronau. Albert Engelsman war ein ausgesprochener Vogelkenner, ein ausgezeichneter Segler, der mit an der Wiege des Windsurfers gestanden hat (einer seiner Abteilungsleiter hatte den ersten original Windsurfer aus Kalifornien nach Holland gebracht, wo er von Ten Cate in Lizenz produziert wurde), spielte gern Tennis und er liebte die Kunst. Er hat mit seinen Jungen viel unternommen, seien es lange Wanderungen in der Natur oder das Suchen von Mineralien und Fossilien, oder indem er seine Geige herausholte, um beim Familienquartett von seinen Söhnen in die musikalische Zucht genommen zu werden.

1973 wurde Albert Engelsman Geschäftsführer von Ten Cate Deutschland und er zog mit seiner Familie nach Krefeld. Es drängte ihn aber, seine Tätigkeit stärker an die anthroposophischen Initiativen anzubinden. Er hatte sich in einem anderen Zusammenhang beworben, wurde aber von Helmut Reubelt angefragt, ob er nicht mit ihm als Krisenmanager interimistisch in einer Firma für exklusive Stoffe einspringen könnte. Dies war eine diffizile Geschäftsführertätigkeit, die seinem Pioniergeist durchaus entsprach. Es gelang ihnen, die Firma wieder flott zu kriegen und wesentliche Bereiche der Produktion auf die Fertigung hochwertiger Naturfasertextilien umzustellen. Als nach erfolgreicher Sanierung die Firmeneignerin, ein Bankengigant, die Firma gewinnbringend veräußerte und Arbeitsplätze gegen Maschinen verhandelt wurden, traf Albert Engelsman den Entschluss, seine unternehmerischen Fähigkeiten nach 33 Jahren Textilindustrie ganz in den Dienst einer anthroposophischen Einrichtung zu stellen: Er wurde Geschäftsführer und Dozent an der Alanus-Kunsthochschule in Alfter bei Bonn. Hier konnte er seinen lang gehegten Wunsch erfüllen, Geschäftsführungs- und Lehrtätigkeit miteinander zu verbinden: Er gab Dreigliederung- und Anthroposophiekurse und pflegte einen intensiven Austausch mit den Studenten.

Hier wurde unter seiner maßgeblichen Initiative die Studienrichtung „Kunst im Sozialen‟ begründet. Er konnte den Bildungsminister von Nordrhein-Westfalen dafür begeistern, eine Förderung durch das Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft zu organisieren und eine wissenschaftlich begleitete Studie anzuregen, welche später unter dem Titel „Künstler in sozialen Arbeitsfeldern‟ publiziert wurde. Die 1987 im Bonner Wissenschaftszentrum von einer breiten Öffentlichkeit beachtete, sowie in Rundfunk und Fernsehen kommentierte Dokumentationsausstellung der Alanus-Hochschule „Die soziale Kraft der Kunst‟ erzeugte mit ihren Symposien, Vorträgen und Diskussionsforen eine nachhaltig befruchtende Wirkung in der Öffentlichkeit.

Zu seinem 65. Geburtstag übergab Albert Engelsman die Geschäftsführung in die Hände seines Nachfolgers, setzte aber seine unterrichtende Tätigkeit fort. Seine Schaffenskraft wurde von Krankheit immer mehr beeinträchtigt. Kurz nach seinem 70. Geburtstag kam er in die Filderklinik und er beendete seine Krankenhaus Odyssee in Herdecke, wo er am 28. Juni starb.

Ronald Templeton und Reinoud Engelsman

Quellen Erwähnungen

N 1948 S. 12
N 1961 S. 99f
MaD 1985 Nr. 153, S. 243
BA 1988 Nr. 9-10, S. 17

Info

Interessierte sich für die soziale Dreigliederung
Werke: mit Brater, M. u. a.: Künstler in sozialen Arbeitsfeldern, Stuttgart 1990; Beiträge in EK und Vn.
Literatur: Todesanzeige, in: G 1992, Nr. 31/32; Templeton, R.: Albert Engelsman, in: MaD 1993, Nr. 184.
Abkürzungen: siehe hier
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