Alfred Bockemühl

Prof. Dipl.Ing. Bockemühl, Alfred

Diplomingenieur, Hochschullehrer für Nahverkehrstechnik.

*09.07.1896, Bochum (Deutschland)

✟05.04.1992, Öschelbronn (Deutschland)

Wer sich an ich erinnert, denkt wohl vor allem an seine ausstrahlende Warmherzigkeit, seinen Humor, seine Fantasie z. B. bei festlichen Ansprachen. Ausstrahlende Warmherzigkeit, Humor und Fantasie - dieselbe künstlerische Gestaltungskraft lebte er auch auf dem Gebiete seines Berufes, der Technik, aus. Er war ein Erfinder und hatte 45 Patente. Durch die Erfindung eines neuen Straßenbahntyps, des „Hechtwagens‟, wurde er in Fachkreisen bekannt.

Geboren und aufgewachsen ist er im damals noch fast ländlichen Ruhrgebiet. Wie bei allen seinen Altersgenossen folgte auf die Schulentlassung sofort der Kriegsdienst. Erst nach dem Krieg konnte er in Karlsruhe sein Studium beginnen. Sein Interesse galt eindeutig der Technik, nebenher aber hörte er auch Vorträge über Kunstgeschichte, nahm Unterricht in Klavierspiel und Gesang und machte sogar noch eine Buchbinderlehre. In dieser Zeit lernte er seine spätere Frau Wera kennen, die auf der Kunstakademie eine Ausbildung in Malen absolvierte und mit der ihn lebenslang eine Beziehung von besonderer Innigkeit verband. Seine Berufstätigkeit führte ihn zunächst nach Mannheim, dann nach Dortmund und schließlich nach Dresden als technischer Direktor der Straßenbahnbetriebe. Dort geschah es, daß das Ehepaar Bockemühl, auf der Suche nach einer Schule für den ältesten Sohn, Elisabeth Klein kennen lernte. Die Freundschaft mit ihr und ihrem Ehemann Gerhard Klein, Priester in der Christengemeinschaft, brachte zugleich die lebensentscheidende Begegnung mit dem Werk Rudolf Steiners. Die fünf Söhne besuchten die Waldorfschule. Im Krieg, als Alfred Bockemühl als Offizier an der Front stand und Elisabeth Klein durch das Nazi-Regime ins Gefängnis kam, riskierte er es, ohne Beurlaubung seine Truppe zu verlassen, um sich in Berlin für sie einzusetzen.

Als Soldat, zuerst im Westen, dann an der Ostfront, war er im Nachrichtendienst tätig, wobei ihm seine Improvisationsfähigkeit sehr zustatten kam. 1944, inzwischen Major, wurde er unabkömmlich gestellt. Dadurch kam es, dass er sich während der Zerstörung Dresdens am 13. Februar 1945 mitten in der Stadt befand und nur überlebte, weil er in einen Feuerlöschteich stieg und sich unter die Eisschollen kauerte. Etwas später brachte ihn eine unvorsichtige Äußerung über Hitler ins Gefängnis. Aus diesem „Sanatorium für Schwerverbrecher‟, so drückte er es aus, wurde er erst entlassen, „als der Friede ausbrach‟, was glücklicherweise schon nach wenigen Wochen der Fall war.

Nach dem Krieg beteiligte er sich mit allen ideellen und materiellen Mitteln am Wiederaufbau von Waldorfschule und Christengemeinschaft. Nur kurze Zeit dauerte diese Freude. 1949 drohte ihm wiederum Verhaftung, weil er sich weigerte, die vom SED-Regime geforderte erneute Schließung der Schule vor der Elternschaft zu befürworten. Als Ausweg blieb nur die Flucht in den Westen, zunächst nach Berlin, bis ihm in Stuttgart der gleiche Posten angeboten wurde, den er in Dresden innegehabt hatte.

In der Zeit seiner Pensionierung machte er mit seiner Frau viele Kunstreisen. Außerdem pflegte er zwölf Jahre lang regelmäßig an Kinderlagern der Christengemeinschaft teilzunehmen. Er erzählte Geschichten, Märchen und Moritaten, sang Lieder zur Laute und war immer da für die Freuden und Kümmernisse der Kinder. So wurde er nicht nur von seinen eigenen 22 Enkelkindern, sondern von vielen anderen - es waren hunderte - geliebt als der „Oehm‟. Der Leiter dieser Kinderlager sagte über ihn: „Er war ein Genie der Menschlichkeit‟. Und das haben wohl auch viele andere empfunden.

Almut Bockemühl

Quellen Erwähnungen

N 1970 S. 54
G 1992, Nr. 17, S. 185
Werke: Hans Dampf, Niefern-Öschelbronn 1978.
Literatur: Bockemühl, W. u. A,: Weihnachtsfreizeit, in: MaD 1972, Nr. 101; Götte, F.: Professor Alfred Bockemühl 80jährig, in: MaD 1976, Nr. 117; Beltle, T. u. E.: Alfred Bockemühl zum 90. Geburtstag, in: MaD 1986, Nr. 159; Schachenmann, C.: Alfred Bockemühl, in: N 1992, Nr. 26; Bockemühl, H.: Alfred Bockemühl, in: MaD 1992, Nr. 182.
Abkürzungen: siehe hier
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