Helmut Reimer

Reimer, Helmut

Landwirt, Heilpädagoge.

*09.03.1918, Heubuden/Kreis Danzig (damals Deutschland)

✟10.08.1991, Stare Pole bei Malbrok (Polen)

Die Eltern waren mennonitische Bauern. Auch nach seiner Hinwendung zur Anthroposophie blieb Helmut Reimer Mennonit.

Vor dem Krieg wurde er zum Landwirt ausgebildet, er arbeitete als Bauer, im Krieg war er Sanitäter.

Er begegnete der Anthroposophie in der Kriegsgefangenschaft durch Hanns Schmitz und Georg Hartmann sowie durch das Buch „Wiederverkörperung‟ von Friedrich Rittelmeyer und trat 1948 in die Anthroposophische Gesellschaft ein.

Nach 1945 absolvierte er erst die staatliche Lehrerbildung in Hannover lernte hier seine zweite Frau kennen - die erste Frau war auf der Flucht nach Kriegsende ums Leben gekommen - und besuchte dann mit ihr zusammen das Waldorflehrerseminar in Stuttgart. Seine Frau, Ruth Reimer, war Waldorflehrerin (erst in Hannover, dann in Kassel, später wurde sie Gründungslehrerin der Freien Waldorfschule Düsseldorf). Er hatte zwei Töchter.

1948 finden wir ihn als Waldorflehrer in Hannover. Seit den Dornacher Hochschulwochen 1953 befasste er sich intensiv mit Troxler. 1955 gründete er in Hannover eine kleine Schule für sogenannte „nicht bildungsfähige” Kinder. 1957 wurde er Lehrer am Pädagogisch-Therapeutischen Institut (später Christian-Morgenstern-Schule) in Wuppertal, wo er 1961 Mitbegründer und Namensgeber des „Troxler-Hauses‟ war.

Ab 1965 wirkte er als Gefängnislehrer in Kassel und Hamburg. In dieser Zeit war er in der Vereinigung für Kriminal-Pädagogik und -Therapie aktiv. Er hielt Vorträge an den Arbeitstagen für die Erneuerung des Strafvollzugs am Goetheanum.

1974 kehrte er zur Tätigkeit in Wuppertal am „Troxler-Haus‟ zurück.

Während vieler Jahre organisierte er internationale „Pfingsttreffen‟ zur Völkerverständigung im Geiste.

1980 war er Mitbegründer des Vereins „Iona Wohngemeinschaften‟ für seelenpflege-bedürftige Menschen; dort wie in zahlreichen anderen Gemeinschaften war er auch Namensgeber, so 1981 beim Heinrich-Zschokke-Haus in Düsseldorf, einer Tagespflegestätte für altersverwirrte Menschen und später beim Carmen-Sylva-Haus, einer anthroposophischen Stätte für Sterbebegleitung in Wuppertal.

Helmut Reimer dichtete und schrieb zahlreiche Bühnenstücke, die unter seiner Regie aufgeführt wurden und seinen jeweiligen Gruppen (ob Erstklässlern oder erwachsenen Strafgefangenen) „auf den Leib geschrieben‟ waren. Er bedachte unzählige Menschen mit ernsten oder auch sehr humorvollen „Reimer-eien‟.

Er hatte ein fundiertes historisches Wissen und stellte verschiedene Ausstellungen zusammen, z.B. über die Schweiz, über Polen, über Deutschland, aber auch über anthroposophische Themen wie Reinkarnation.

Er war unkonventionell, kosmopolitisch, bescheiden und ein großer Improvisator. Er war nicht nur in einer geistigen Strömung zu Hause, sondern wirkte integrierend und Brücken bauend. Er war absolut friedfertig, immer und unbedingt positiv und von christlichen Idealen durchdrungen.

Jeden Menschen ließ er als volle Persönlichkeit gelten, ob er Strafgefangener oder schwerbehindert war. Er fasste zu allen Menschen Vertrauen und erwarb dadurch Vertrauen.

Er gab immer neue Anregungen, ließ aber auch rechtzeitig los, wenn eine seiner Gründungen standfest genug geworden war.

In seiner Art war er Bauer: Er streute reiche Saat aus.

Helmut Reimer, der nicht blutsmäßig-vergangenheitsbezogen an der Heimat hing, sondern seine Heimat längst ganz im Geistigen gefunden hatte, starb, umgeben von guten Freunden, während eines internationalen Friedenstreffens in seinem Heimatdorf, das er selbst mit seiner tiefen Freundschaft zu den Polen organisiert hatte. Er wurde in seinem Heimatdorf beerdigt.

Maria Kreuer/Johanna Reimer

Quellen Erwähnungen

N 1964 bS. 136
N 1968 S. 185
N 1969 S. 20, 95
N 1970 S. 8, 186
MaD 1976 Nr. 117, S. 251
Werke: Neue Wege zu einer Reform im Strafvollzug, in: Erneuerung des Strafvollzugs, Nr. 4, Dornach 1972; I. P. V. Troxler (mit anderen), Wuppertal 1980; Beiträge in CH, EK, G. MaD, N, NVK.
Literatur: Kimpfler, A.: Helmut Reimer, in: MaD 1995, Nr. 193.
Abkürzungen: siehe hier
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