Müller-Blum, Otto
geb.: Müller
Pädagoge, Pestalozziforscher.
*05.02.1905, Zofingen (Schweiz)
✟05.02.1995, Untersiggenthal (Schweiz)
Otto Müller trug als Pädagoge und Pestalozziforscher dazu bei, anthropo-sophisch orientierte Erziehungsimpulse in die Staatsschule hineinzutragen.
Er wurde als zweites von acht Kindern in der Kleinstadt Zofingen als Sohn eines Uhrmachers geboren. Schon früh erschien ihm das Leben als Möglichkeit und Auftrag, einen gesellschaftlichen Beitrag zu leisten. Er wurde am Seminar Wettingen Grundschullehrer, studierte in Frankreich Französisch und machte an der Universität Zürich das Lehrerdiplom für Deutsch, Französisch und Geschichte.
Von seinem Zeichenlehrer wurde er auf Schriften Rudolf Steiners aufmerksam gemacht. Vor allem überzeugte Müller das anthroposophische Menschenverständnis und die darauf basierenden pädagogischen Erkenntnisse, er behielt jedoch zeitlebens eine gewisse Reserviertheit der Anthroposophischen Gesellschaft gegenüber.
Die wichtigste geistige Auseinandersetzung des jungen Lehrers war die mit Heinrich Pestalozzi, über den er im Laufe der Jahre in seinem heimischen Arbeitszimmer, „Pestalozzistübli‟, Artikel - z.B. als Redaktionsmitglied der „Gegenwart‟, Zweimonatsschrift für freies Geistesleben und soziale Dreigliederung -, Bücher und Vorträge verfasste. Zwölf Jahre arbeitete er an dem zweibändigen Welt- und Schweizergeschichtsbuch „Denkwürdige Vergangenheit‟, in dem er vor allem durch Auswahl und Darstellung historischer Fakten und Lebensbilder Epoche machender Persönlichkeiten die geistige Entwicklung der Menschheitsgeschichte aufzuzeigen suchte.
Otto Müllers Erkenntnisse aus den Schriften Pestalozzis und Steiners fanden ihren praktischen Niederschlag im Unterricht am Lehrerseminar Wettingen, wo er von 1943 bis zu seiner Pensionierung als Methodik- und Übungsschullehrer tätig war, und flossen in die von Friedrich Eymann gegründete Freie Pädagogische Vereinigung im Kanton Bern ein. Durch Kurse und Veranstaltungen galt es, den Staatsschullehrern die anthroposophische Pädagogik als eine kind- und menschengerechte nahe zu bringen. Die Angebote fanden bei der Lehrerschaft Anklang und unzählige Schüler in Staatsschulen konnten von diesen Anregungen profitieren. In seinen Vorträgen legte Otto Müller eindringlich dar, wie Pestalozzi zerrissen war zwischen zwei Menschenbildern. Einerseits glaubte dieser Menschenfreund an das Göttliche im Menschen und an dessen Anlagen zu reiner Menschlichkeit, und anderseits fiel er in Verzweiflung über seine Erfahrungen mit selbstsüchtigen und gewissenlosen Menschen wie auch über die Missachtung und die entsetzliche Armut, die er ertragen musste. Die Widersprüche konnte Pestalozzi mit dem Entwicklungsgedanken lösen. Es schwebte ihm eine Erziehungskunst vor, die tief in das göttliche Wesen der Menschennatur eingreifen sollte. In der anthroposophischen Pädagogik sah Müller dieses Ideal neu ergriffen und verwirklicht. Vielen Lehrern und Lehrerinnen, die der Anthroposophie kritisch oder ablehnend gegenüber standen, konnte Müller über Pestalozzis Entwicklungsgedanken eine Brücke zu Rudolf Steiner schlagen.
Otto Müller starb nach einem intensiven und reichen Leben am Abend seines 90. Geburtstags.
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