Adolf Messmer

Messmer, Adolf Ulrich Otto

Korbflechter, Kondukteur, kaufmännischer Vertreter.

*12.04.1874, Herisau/AR (Schweiz)

✟31.03.1945, Basel (Schweiz)

Adolf Messmer engagierte sich für die frühen sozialen Ideen Rudolf Steiners, lange vor der eigentlichen Dreigliederungsbewegung, durch die Gründung von Baugenossenschaften für Arbeiter in der Schweiz.

Er wurde als viertes von zehn Kindern geboren, 14-jährig verlor er seinen Vater. Messmer wanderte als Korbflechter bis Hamburg und arbeitete von 1898 bis 1913 bei der Bahn in St. Gallen. 1899 heiratete er Elise Bösch, mit der er fünf Kinder bekam und die ihn in all seinen Vorhaben unterstützte.

Durch seinen Kollegen Fridolin Leuzinger erfuhr Adolf Messmer 1904 von der Anthroposophie und wurde 1907 Mitglied der Theosophischen Loge St. Gallen, 1909/10 im Vorstand.

Auf Reisen nach Deutschland hatte er das Modell der Eisenbahner-Baugenossenschaften kennen gelernt, von dem er sich Abhilfe der Wohnungsnot der Arbeiterschaft in der Schweiz versprach. Ende 1908 gründete er ein Initiativkomitee und propagierte von da an die Idee der Baugenossenschaft in Fachzeitschriften und Versammlungen. Bis 1914 entstanden so 15 Eisenbahner-Baugenossenschaften in der Deutschschweiz. Unter dem Vorsitz Adolf Messmers wurde im März 1909 die Eisenbahner-Baugenossenschaft St. Gallen gegründet. Er bat Rudolf Steiner um Rat und Finanzierungshilfe und berichtete ihm von der Unterstützung der Idee durch Otto Rietmann und Marie Hirter. Messmer war Aktuar und vollamtlicher Präsident des Vorstandes der Baugenossenschaft und Präsident einer Kommission zur Finanzierung aller schweizerischen Vorhaben, bis er wegen Erschöpfung Ende 1911 zurücktreten musste.

Seit 1911 wohnte Messmer mit seiner fünfköpfigen Familie in einer kleinen Dreizimmerwohnung. Bald brachten ihn die Mängel des Baumaterials auf die Idee, sich mit Eternit - Platten aus gepresstem Zement und Asbest - als preiswerte und haltbare Alternative für die Bauten der Eisenbahner-Genossenschaften zu befassen.

Vermutlich 1914 oder 1915 schnitzten Adolf Messmer und sein Bruder Otto am ersten Goetheanum mit und lernten dort Rudolf Steiner näher kennen. Messmer zog 1915 nach Basel, um bei seinem Bruder in der dortigen Kaltleimfabrik „Certus‟ zu arbeiten. 1914 hatte Jan Lagutt-von Ostheim unter Hinweisen von Rudolf Steiner dieses Produkt für den Bau am ersten Goetheanum entwickelt. 1916 zog Messmer nach Amerika, um dort den „Certus‟-Kaltleim zu verbreiten. Er gründete in Minneapolis/Minnesota die „Certus Cold Glue Company‟, welche bis 1920 existierte.

In der Zwischenzeit war in Deutschland mit der „Kommende Tag AG für wirtschaftliche und geistige Werte‟ ein wirtschaftlicher Assoziationsversuch gestartet worden. 1920 schrieb Messmer an Steiner, dass er plane, Landwirtschaft zu studieren, um in Deutschland eine Musterfarm errichten und betreiben zu können. Er stellte sich den Kern des Zusammenschlusses der „Kommenden Tag AG‟ als anthroposophische Siedlungsgemeinschaft vor, bestehend aus Waldorfschule, Landwirtschaft (Selbstversorgung) und genossenschaftlichem Wohnungsbau.

Nach seiner Rückkehr aus den USA 1925 lebte Messmer hauptsächlich im Raume Basel und Dornach, wo er von verschiedenen kaufmännischen Vertretungen lebte. Von 1940 bis zu seinem Tode 1945 war Messmer Inhaber einer Einzelfirma mit Laden in der Innenstadt von Basel, welche mit „Ciney‟-Öfen handelte.

Adrian Gonzenbach
Werke: Eternit und Eigenheim, St. Gallen 1912; seit 1909 mehrere Beiträge in Signal.
Literatur: Ruf, W.: Das gemeinnützige Baugenossenschaftswesen der Schweiz, Diss. Uni Basel 1929, Zürich 1930; Jülich, H.: Adolf Messmer, in: N 1945, Nr. 15; Reich, F.: 60 Jahre Eisenbahner-Baugenossenschaft St. Gallen, 1909-1969, St. Gallen 1969; 70 Jahre Eisenbahner-Baugenossenschaft St. Gallen, 1909-1979, St. Gallen 1979; Meile, D.: Die St. Galler Schorensiedlung, in: Unsere Kunstdenkmäler 1983, Nr. 2; Röllin, P.: Schoren (Geschützte Ortsbilder), in: Röllin, P., Kirchgraber, J.: Stadt St. Gallen: Ortsbilder und Bauten, St. Gallen 1984;Weber, C.: Schoren St. Gallen - eine Mustersiedlung des sozialen Wohnungsbaus in der Schweiz?, Semesterarbeit am Hist. Sem. d. Uni Zürich, Zürich 1988.
Abkürzungen: siehe hier
Copyright: Text und Bild sind urheberrechtlich geschützt. Reproduktion in jeglicher Form nur nach schriftlicher Genehmigung der Forschungsstelle Stiftung Kulturimpuls, Heidelberg

Forschungsstelle Kulturimpuls Biografien Dokumentation kulturimpuls.org