Frida Lefringhausen

Lefringhausen, Frida

Sozialarbeiterin, Heilpädagogin, Stiftungsbegründerin.

*23.04.1901, Mettmann (Deutschland)

✟29.03.1996, Bliesdorf (Deutschland)

Durch ihren Vater, einen streng evangelischen Unternehmer, war Frida Lefringhausen von Anfang an mit einem Leben in spiritueller und finanzieller Willenskonsequenz vertraut. Geistige Festigkeit und Ausstrahlung von menschlicher Größe verbanden sich in ihr in einer Form, die Bewohner in ihrem späteren Wirkungsort Bliestorf (bei Lübeck) dazu veranlasste, sie als Frau von Lefringhausen zu bezeichnen. Charakteristischerweise vereinigte sie damit stets einen Sinn für alltägliche Praxis.

Mit 16 Jahren beginnt sie eine Kindergartenausbildung, mit 18 Jahren lernt sie die Arbeit mit milieugeschädigten Kindern kennen, bald darauf die Säuglingskrankenpflege. Als Gasthörerin an der Universität Köln entwickelt sie einen vertieften persönlichen Sinn für kulturelle und philosophische Zusammenhänge und Individualitäten. Es folgen eine sozialpädagogische Ausbildung und eine Tätigkeit in einem Schweizer Internat, in dem adelige Töchter unterrichtet werden. Die Milieu- und Seelenspannung zwischen kranken, sozial geschädigten Kindern und Feudalzöglingen beschreibt wie im Sinnbild die Spannungspole der inneren und äußeren Existenz Frida Lefringhausens. - In den Übergang vom Jugend- zum Erwachsenenalter fällt auch ein folgenreiches, aber nicht ganz unproblematisches geistiges Erlebnis, das Frida Lefringhausen als eine Begegnung mit einer bösen Macht empfindet.

Frida Lefringhausen gibt alles und fordert alles. Gegen Ende ihres dritten Lebensjahrzehnts kommt es zur Begegnung mit der Anthroposophie, interessanterweise über die Bereiche des Johannes-Evangeliums, das vom Weltenlogos spricht, und der kosmologischen Entwicklung im Werk Rudolf Steiners, die verdeutlicht, wie dieser Logos schließlich Erde und Mensch wird. In den 30er-Jahren des 20. Jahrhunderts übernimmt Frida Lefringhausen in Hamburg die Leitung der staatlichen Kindertagesstätten, einige Jahre später ist sie als Sozialarbeiterin in dem Milieu-Stadtteil St. Pauli tätig; noch in der Zeit des Nationalsozialismus begründet sie in Bergedorf eine heimähnliche Situation für Kleinkinder. Sie entgeht in dieser Zeit knapp der nationalsozialistischen Verfolgung: Der Polizeibeamte, der mit ihrem „Fall‟ betraut wird, rät ihr zu höchster Vorsicht - er habe als Offizier des Ersten Weltkriegs einen Soldaten gekannt, der Anthroposoph gewesen sei und den er für den aufrechtesten Menschen überhaupt halte.

1949 begründet sie in Bliestorf (bei Lübeck) das später „Haus Arild‟ genannte Kinderheim; Dorothea Kistenbrügge wird zur Mitarbeiterin und Lebensbegleiterin. Bauliche Vergrößerungen, die Erweiterung im sozialtherapeutischen und landwirtschaftlichen Bereich, Begründung eines Waldorfkindergartens und heilpädagogischen Seminars folgen. So entsteht ein regelrechtes Zentrum anthroposophischer Arbeit in Norddeutschland. In all diese Tätigkeitsbereiche und in die am Ende der 60er-Jahre begründete Turmalin-Stiftung fließt das väterliche Erbe Frida Lefringhausens ein.

Mit der Turmalin-Stiftung und ihrer Verbindung mit der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft verfolgt Frida Lefringhausen bis kurz vor ihrem Lebensende das Ziel, die therapeutische Arbeit aus geisteswissenschaftlich-menschenkundlicher Forschung zu impulsieren. Denn sie hatte verstanden und aus diesem Verständnis sich zur Lebensaufgabe gemacht, dass die Anthroposophie als forschende Geisteswissenschaft unmittelbar praktisch ist. In diesem Sinne suchte sie - selbstverständlich in den erwähnten ihr eigenen existenziellen Spannungselementen - den Primat des Geisteslebens in der Lebensführung zu verwirklichen. „Wo viel Licht ist, ist auch viel Schatten‟, so begann die Beerdigungsansprache für Frida Lefringhausen. Ihr Leben kann aus der Intention verstanden werden, sich selbst und die Umgebung darauf aufmerksam zu machen, dass der Schatten durch das Licht bewirkt und dazu notwendig ist, das Licht zur Erscheinung zu bringen.

Wolf-Ulrich Klünker

Quellen Erwähnungen

N 1996/97 S. 64
MaD 1972 Nr. 99, S. 71
Literatur: Börnsen, H.: Zum 80. Geburtstag von Frida Lefringhausen, in: MaD 1981, Nr. 136; Kralik, J. und B.: Frida Lefringhausen wird am 23. April 90 Jahre alt, in: N 1991, Nr. 16; Wolf, S., Schuberth, E.: Frida Lefringhausen, in: MaD 1997, Nr. 201.
Abkürzungen: siehe hier
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