Leon Manteuffel-Szoege

Dr.med. Manteuffel-Szoege, Leon Edward

Arzt, Herzchirurg, Hochschullehrer.

*05.05.1904, Rzezyca (damals Russland)

✟26.03.1973, Warschau (Polen)

Leon Manteuffel-Szoege stand als Chefarzt der chirurgischen Abteilung des Wolski-Krankenhauses und ordentlicher Professor für Chirurgie an der Universität Warschau am Beginn der Herzchirurgie in Polen. Seine Forschungen über die Herz- und Kreislaufphysiologie machten ihn weltweit bekannt; sein besonderes Anliegen seit 1955 galt experimentellen Untersuchungen zur „Eigenbewegung des Blutes‟ unter Berücksichtigung anthroposophischer Gesichtspunkte, worüber er in englischen und französischen Fachzeitschriften publizierte.

Seine Vorfahren waren deutsch-polnische Aristokraten, die sich als Polen fühlten, der Vater war Richter. 1918 übersiedelte die Familie nach Warschau. Leon Manteuffel-Szoege machte 1922 das Abitur und schloss 1928 das Medizinstudium an der Universität Warschau ab. 1925-33 arbeitete er zunächst am Institut für Anatomie, dann am Institut für Pathologie und war von 1933-39 Assistent und später Oberarzt an der Universitätsklinik in Warschau. Studienreisen führten ihn nach Frankreich und in die Schweiz.

Anfang der 30er-Jahre heiratete er die Tuberkulose-Fachärztin Barbara Kampioni, die russisch-italienischer Abstammung war, 1932 wurde ihre Tochter Barbara-Maria geboren. Durch seine Frau Barbara kam er in Berührung mit der Anthroposophie - sie war die Tochter von Natalie Pozzo, ehemals Kampioni, die in zweiter Ehe Alexandr Pozzo geheiratet hatte; Assja Turgenieff, die Schwester von Natalie, war ihre Tante. Die Tochter von Natalie und Alexandr Pozzo, Maria (Mascha) Pozzo, die zehn Jahre jüngere Halbschwester von Barbara Kampioni, wurde als junge Eurythmistin vor dem Zweiten Weltkrieg einige Male von Marie Steiner für ein halbes Jahr zur Unterstützung der anthroposophischen Arbeit nach Warschau geschickt. Im Oktober 1947 wurde Leon Manteuffel-Szoege Mitglied der Anthroposophischen Gesellschaft - direkt am Goetheanum, da die 1929 in Polen gegründete Landesgesellschaft verboten war.

Von 1939 bis zu seinem Tode 1973 arbeitete er als Chefarzt an der chirurgischen Abteilung im Warschauer Wolski-Krankenhaus. Während des Zweiten Weltkrieges nahm er im September 1939 als Freiwilliger an der Verteidigung von Warschau teil und war von 1939-45 als Arzt unter dem Decknamen „Krabbe‟ in der Widerstandsbewegung aktiv.

Nach dem Kriege unternahm er neben seiner Professur und Kliniktätigkeit erneut Studien- und Forschungsreisen nach Frankreich und Schweden, nach Russland, in die Tschechoslowakei und die Schweiz. 1954 beendete er seine Laufbahn als ordentlicher Professor für Chirurgie an der Warschauer Universität und widmete sich verstärkt der Entwicklung der Herzchirurgie in Polen sowie den Forschungen zu Fragen der Herz- und Kreislaufphysiologie. 1968 erschienen die Ergebnisse seiner Untersuchungen über die Bewegung des Blutes (1977 in deutscher Übersetzung).

Seit 1939 lebte die anthroposophische Bewegung Polens im Untergrund, Zusammenkünfte und Arbeitstreffen wurden in privaten Häusern veranstaltet. Leon Manteuffel-Szoege war mit Maria Przyborowska befreundet und hielt von Zeit zu Zeit Vorträge in den anthroposophischen Arbeitszusammenhängen; auch in ihrer eigenen kleinen Wohnung hatten Barbara und Leon Manteuffel-Szoege wöchentliche Studien- und Arbeitskreise.

Bis zu seinem Tode nahm er an zahlreichen europäischen Kongressen zu Herzfunktionsfragen teil und setzte sich in Fachkreisen und in der Öffentlichkeit für die Herzlehre Rudolf Steiners ein. Aus den letzten Lebensjahren ist sein Vortrag „Das Herz ist keine Pumpe!‟ vor etwa 900 Zuhörern 1971 an der ETH Zürich anlässlich der Tagung „Zürcher Forum‟ hervorzuheben; 1972 sprach er zum „Monat des Herzens‟ als anerkannte Kapazität auf diesem Fachgebiet im polnischen Rundfunk.

Maria Ziemska

Quellen Erwähnungen

NAA 1981 Nr. Autumn, S.26

Info

War Mitglied der polnischen Landesgesellschaft. Heiratete Barbara Kampioni.
Herzspezialist
Werke: Reflexions sur la nature des fonctions mécaniques du cœur. Le cœur
travaille comme un bélier hydraulique, in: Minerva Cardioangiologica Europ.
1958; Energy Sources of Blood Circulation and the Mechanical Action of the
Heart, in: Thorax 1960, Nr. 1; On Stopping and Restarting of Circulation in
Deep Hypothermia, in: J. Cardiovasc. Surg. 1964, Nr. 1; On the Possibility of
Blood Circulation Continuing After Stopping the Heart, in: J. Cardiovasc. Surg.:
1966, Nr. 3; O ruchu krwi, Warszawa 1968; Die Morphologie des Blutstroms in
den Blutgefäßen, in: Thoraxchirurgie 1969; Remarks on Blood Flow, in: J.
Cardiovasc. Surg. 1969, Nr. 1; On the Movement of Blood, in: The Brit.
Homoeopath. J. 1969/1970, Nr. 4/1; Über die Bewegung des Blutes.
Hämodynamische Untersuchungen, Stuttgart 1977; Beiträge in BeH.
Literatur: Schmidt, G.: In memoriam. Im Gedenken an Prof. Dr. Leon
Manteuffel-Szoege, in: MADW 1973, Nr. 29; Husemann, G.: Leon
Manteuffel-Szoege, in: BeH 1974, Nr. 2, auch in: Selg. P. [Hrsg.]:
Anthroposophische Ärzte, Dornach 2000.
Abkürzungen: siehe hier
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